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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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haben, daß etwas nicht stimmte. Aber sobald Covenant und die Edle an der letzten Tür vorüber waren, bestanden die Wände nicht mehr bloß aus Stein, sondern verwandelten sich in Spiegel. Die Edle drängte Covenant zwischen die Spiegelwände. Einen Moment lang sahen sie auf beiden Seiten ihre lebensechten Abbilder. Spiegelbild und Spiegelbild und Fleisch trafen sich, verschmolzen miteinander. Bevor der Haruchai das Paar einholen konnte, gelangten Covenant und seine Entführerin in einen gänzlich anderen Teil der Sandbastei.
    Indem sie zwei wandnahe Spiegel durchquerten, betraten sie ein großes, rundes Zimmer. Drei oder vier Kerzenleuchter erhellten es behaglich, schufen eine verführerische Schummrigkeit wie in einem Séparée. Die nachgerade abgründigen blauen Teppiche schienen die Berührung bloßer Füße zu ersehnen; die Kissen und Polster aus Samt und Satin luden zum Vergessen ein. Räucherwerk machte die Luft mit beinahe stickiger Schwüle schwer von Düften. An den Wänden hingen Gobelins mit Darstellungen, die Nachklängen von Lust gleichkamen. Nur die zwei bewaffneten Hustin, die einander gegenüber an den Wänden standen, beeinträchtigten das Gemütliche der Räumlichkeit. Doch sie beeindruckten Covenant nicht. Für ihn bedeuteten sie nicht mehr oder weniger als die schmiedeeiserne Wendeltreppe, die sich in der Mitte des Zimmers aufwärtswand. Er sah alles an und dachte sich nichts dabei.
    »Endlich!« stieß die Edle mit einem Aufseufzen hervor, das sich nach einem Schauder der Verzückung anhörte. »Endlich sind wir allein.« Sie wandte sich Covenant zu. Die Spitze ihrer Zunge benetzte die Lippen. »Thomas Covenant, mein Herz ist wild vor Verlangen nach dir.« Ihre Augen glänzten so eindringlich, wie es dank der Betonung durch Lidschatten nur möglich sein konnte. »Nicht für des Wesirs Zwecke habe ich dich hergebracht, sondern für mich allein. Diese Nacht wirst du nie und nimmer vergessen. Jeden Traum deines Lebens will ich in dir wachrufen und ihn dir erfüllen.« Sie musterte ihn, um zu sehen, wie er darauf ansprach; als er nicht reagierte, stutzte sie und zögerte für einen Moment. Eine Anwandlung des Unmuts glitt über ihr Gesicht. Aber sie ersetzte diesen Ausdruck hastig durch eine Miene der Leidenschaft und wirbelte durchs Zimmer. »Schau!« rief sie gedämpft und begann, als wäre jeder Umriß ihrer Gestalt ein schmerzliches Lechzen, zu tanzen.
    Sie bog und drehte sich zum Rhythmus ihrer Fußglöckchen, spielte alle Vorzüge ihres Körpers mit sämtlichen Tricks einer stolzen Odaliske vor Covenants Augen aus. Wie zur Verdeutlichung der Selbstlosigkeit ihres Sehnens nach ihm tanzte sie näher, wich zurück, näherte sich wieder; und ihre Hände kosten ihre Schenkel, ihren Bauch und die Brüste, als gelte es, die gesamte Glut ihres Fleisches zu entfesseln. In raffiniert bemessenen Abständen wehten Teile ihrer Kleidung wie Wölkchen aus Parfüm und Flor davon und sanken, zarten Versuchungen gleich, zwischen die Polster. Ihre Haut besaß die Beschaffenheit von Seide. Die Brustwarzen waren geschminkt und hart wie Bekundungen der Begehrlichkeit; die Muskeln in ihren Schenkeln glichen fließend-geschmeidigen Verlockungen. Doch als sie ihre Arme um Covenant schlang, ihren Leib an seinen schmiegte, seinen Mund küßte, blieben seine Lippen schlaff. Er brauchte erst gar nicht seinen Spruch zu sagen. Er sah sie an, als existiere sie nicht. Seine Unzugänglichkeit verblüffte sie; und infolge ihrer Überraschung zeigte sich auf einmal unverhohlene Furcht in ihren Augen. »Schmachtest du nicht nach mir?« Sie kaute auf den Lippen, überlegte sich andere Möglichkeiten. »Du mußt mich begehren!« Sie versuchte, ihre Verzweiflung mit Schamlosigkeit zu verheimlichen; aber jeder neue Versuch, in Covenant Lust zu wecken, offenbarte ihr Grauen vor einem endgültigen Scheitern mit erhöhter Klarheit. Sie tat alles, was ihr anhand ihrer Erfahrungen oder aufgrund erlernter Liebeskünste in den Sinn kam, wälzte sich stöhnend und öffnete einladend die Schenkel. Sie schrak vor keiner Erniedrigung und keiner Darbietung ihres Leibes zurück, die einem Mann Begierde einflößen mochten. Doch sie konnte gegen die von den Elohim in ihm erzeugte Leere nicht ankommen. Er blieb so standhaft, als wäre es die Absicht der Elohim gewesen, ihn gegen Verführung zu feien, statt ihm zu schaden. Unvermittelt heulte die Edle in Panik auf. Ihre Finger vollführten vor ihrem Gesicht so etwas wie ruckartige

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