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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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tränten, als nähme bloße bittere Enttäuschung ihr die Sicht. Die Rechte ruhte in ihrem Schoß. Mit der Linken massierte sie sie kräftig und beharrlich, versuchte Bedeutung in die leblosen Fingerglieder zurückzuzwingen. Ceer! stöhnte sie bei sich. Sie wand sich beim Gedanken an das, was sie getan hatte.
    Sie saß in ihrer Kabine, wie sie während der ganzen Zeit dagesessen hatte, seit sie von Pechnase unter Deck gebracht worden war; seine Sorge um sie war in ständigem Gemurmel und schwachen Witzen zum Ausdruck gekommen, versuchsweisen Angeboten von Trost. Aber er hatte nicht gewußt, was er für sie tun könnte, und deshalb hatte er sie sich selbst überlassen. Kurz nach Anbruch der Morgendämmerung – einer fahlen, von Wolken getrübten Dämmerung – hatte er sich mit einem Tablett voller Speisen erneut eingefunden. Doch sie hatte kein Wort mit ihm gesprochen. Zu sehr war ihr bewußt gewesen, wer es war, der sie aufsuchte: Pechnase, nicht Cail. Das Urteil des Haruchai schwebte über ihr, als wären ihre Verbrechen unentschuldbar. Sie verstand Cail. Er wußte nicht, wie man verzieh. Und das war gerecht. Sie selbst wußte es auch nicht.
    Das Brennen durchströmte Lindens Bizeps. Vielleicht hätte sie ihre Kleidung ausziehen und sie waschen sollen. Aber Ceers Blut paßte zu ihr. Sie hatte diese Befleckung verdient. Sie konnte ihre Schande ebensowenig abstreifen wie Covenant seine Lepra. Während er auf dem Streckbett seiner Schuld und Verzweiflung litt, hatte er sich von ihr auf Abstand gehalten, als stünde ihm die Gunst ihrer Fürsorge nicht zu; und sie hatte die einzige Chance versäumt, ihn zu berühren. Eine Berührung hätte ausreichen können. Sein Bild, dem sie begegnet war, als sie sich ihm öffnete, ihn vom Bann der Elohim befreite, war für sie zu einem inwendigen Schmerz geworden, gegen den sie keine Medizin kannte, kein Mittel zu seiner Bekämpfung – ein Bild, das ihr so teuer und schmerzlich war wie Liebe. Doch bestimmt hatte Cail ihm inzwischen von dem Vorfall mit Ceer erzählt. Und alles, was er für sie empfunden haben mochte, mußte dadurch zu tiefer Abneigung werden. Sie hatte keine Ahnung, wie sie so etwas ertragen können sollte.
    Doch sie würde es ertragen müssen. Sie hatte zuviel von ihrem Leben mit Flucht verbracht. Ihr Schmerz schien sich auszudehnen, bis er die ganze Kabine ausfüllte. Niemals würde sie das Blut vergessen, das rhythmisch und fatal unter dem nutzlosen Druck von Ceers Faust hervorgequollen war. Linden stand auf. Die steifgewordene Hose scheuerte an ihren Oberschenkeln, hatte sie bereits wund gerieben. Ihre taube Hand und der Ellbogen hingen ihr von der Schulter, als wollten sie ihr klarmachen, sie hätte eine Amputation verdient. Unbeholfen ging sie zur Tür, machte sie auf und verließ die Kabine, um sich der Prüfung zu stellen.
    Der Aufstieg zum Achterdeck fiel ihr schwer. Sie hatte länger als einen Tag nichts gegessen. Die Strapazen der vergangenen Nacht hatten sie vollständig ausgelaugt. Und die Sternfahrers Schatz schwamm nicht gerade ruhig dahin. Der Seegang war rauh, und die Dromond schaukelte durch die Wogen, als hätte der Verlust des Großmasts ihre Seetüchtigkeit stark beeinträchtigt. Durch die Geräuschkulisse von Wind und Meer hörte Linden den streitbaren Disput von Stimmen. Deren Konflikt zog sie an wie Flammen einen Falter.
    Böen erfaßten Linden, als sie über den Wellenbrecher das Achterdeck betrat. Hinter dem grauen Dunst über der See ließ die Sonne sich kaum erkennen; das trübe Wetter kündigte Regen an, wenn auch nicht für diese Gegend, nicht so nah vor der Küste von Bhrathairealm und der Großen Wüste. Die Küste selbst war nicht länger sichtbar. Das Riesen-Schiff steuerte in schwachem Winkel nordwestwärts durch das Brodeln und Schäumen der Wellen; und das Segeltuch äußerte in seinem Ringen mit dem unsteten Wind dumpfe Laute. Während sich Linden auf dem Deck umsah, stellte sie fest, daß Pechnase es tatsächlich geschafft hatte, die Bresche in der Seite des Schiffs und das Loch, wo das Wohlspeishaus gewesen war, zu reparieren, die Dromond dadurch im wesentlichen wieder seetüchtig zu machen. Es war ihm sogar gelungen, steuerbords die Reste des Aufbaus in eine geschlossene Behausung für die Bordküche umzuwandeln. Trotz ihrer Bedrängnis verspürte Linden eine Anwandlung ungetrübter Dankbarkeit für den deformierten Riesen. Auf seine Weise war auch er ein Heiler.
    Aber keine Reparatur, die in seiner Macht lag, konnte die

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