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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Situation. Aber...
    Aber Shadowrunner sind die Bösen, das stört mich daran. Und niemand, der eine Polizeiausbildung hinter sich hat, kann sich dieses Gedankens erwehren. Für einen Cop lassen sich alle Leute in drei simple Kategorien einteilen: Cops, Zivilisten und Abschaum. Eine einfache Einteilung, für die es keine Ausnahme gibt. Sicher, die ›Zivilisten‹-Einteilung ist immer im Fluß. Wenn ein Kadett die Akademie verläßt, motiviert, eifrig, naiv und grün, wie er ist, neigt er dazu, Zivilisten ganz weit oben einzuordnen, als fast so bewundernswert und seiner Aufmerksamkeit würdig wie Cops. Diese Phase dauert jedoch nicht sehr lange, und sehr rasch sacken Zivilisten auf der Skala ab, bis sie nur noch ein paar Stufen über dem Abschaum rangieren. Manche Cops - die richtig abgebrühten und zynischen - machen diesen Unterschied überhaupt nicht mehr. Wenn du kein Cop bist, bist du Drek, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
    Und es gibt nie einen Zweifel, in welche Kategorie Shadowrunner fallen. Abschaum, alle miteinander. Tatsächlich stehen sie sogar für das, was ich an der Abschaum-Kategorie am meisten hasse - Amoral. Nicht Unmoral - damit kann ich leben. Drek, wer hat in seinem Leben noch keine unmoralische Phase durchgemacht?
    Nein, es ist die amoralische Schiene, mit der ich nicht klarkomme. Der Amoralische steigt einfach aus der (meta)menschlichen Gesellschaft aus und weigert sich kategorisch, nach irgendwelchen Regeln zu spielen. Läßt alle Gesetze, Gepflogenheiten und Konventionen links liegen. Weigert sich zu akzeptieren, daß es Wichtigeres gibt als individuelle Wünsche, Bedürfnisse und Impulse. Weigert sich zu akzeptieren, daß einige Konventionen - manche Gesetze, manche sozialen Gepflogenheiten und manches andere - wertvoll und wichtig für die Entwicklung und die Verbesserung der Gesellschaft als Ganzes sind. Klar, es gibt ein paar Gesetze, mit denen ich nicht einverstanden bin, sogar einige, die ich selbst nicht befolge und deren Einhaltung ich auch nie durchsetzen würde. Aber Gesetze im allgemeinen sind wichtig. Davon war ich schon immer überzeugt und werde es auch immer sein. Es ist die Überzeugung, die mich zur Lone Star Akademie geführt hat.
    Hinzu kommt, Shadowrunner teilen diese Überzeugung nicht, daß sie in meinen Augen Abschaum sind. Ende der Geschichte.
    Und doch fahre ich hier über den Highway 5 und versuche einen ans Telefon zu bekommen. Es ist schon eine verdammt verdrehte Welt, Priyatel, das kann ich Ihnen sagen.
    Der Taschensekretär trillert auf dem Sitz neben mir und sagt mir, daß er ans mobile Telekomnetz angeschlossen ist und jetzt die LTG-Nummer 1206 (03-0409) wählt, das blinde Relais. (Ich bin nicht sicher, was, zum Teufel, das eigentlich ist, aber wahrscheinlich hat es Ähnlichkeit mit dem Schwindel, den ich mit dem Taschensekretär und dem öffentlichen Telefon abgezogen habe, als ich Finnigan anrief - wenngleich viel raffinierter.) Wie um das zu bestätigen, wird der Klingelton des Taschensekretärs dreimal durch Klicken und schwache elektronische Piepser unterbrochen - mit Sicherheit Überstellungen auf andere Leitungen. Schließlich kommt ein etwas lauterer Klick als die anderen, dann herrscht Stille, sieht man einmal von den Geisterstimmen der Gespräche auf anderen, parallel laufenden Leitungen ab. Falsch verbunden? Drek, das ist mal wieder typisch. Wahrscheinlich stand ein Klicken für eine Benachrichtigung an die Elfenschnalle, daß ich die falsche Nummer angerufen habe, so daß sie anfangen kann, sich über mich schlappzulachen.
    Ich strecke wütend die Hand aus, um das Telefon abzustellen, doch mein Finger erstarrt Millimeter über der Ende-Taste. Ich höre einen weiteren Klingelton, der jedoch eine halbe Oktave höher ist als der übliche Klingelton des mobilen Telekomnetzes. Ein privates Telefonsystem? Die ›Shadowrunner-Vermittlung‹? Wer, zum Teufel, weiß?
    Mit einem fast musikalischen Klicken wird die letzte Verbindung hergestellt, und eine Stimme sagt: »Ja?« Männlich, gut moduliert, nicht schroff. Auch nicht besonders einladend. Nicht, daß ich damit gerechnet hätte.
    Ich schalte das Mikrofon des Telefons ein. »Ich will mit Argent sprechen«, sage ich kategorisch.
    »Ach?« In der Stimme liegt jetzt ein Anflug von Belustigung. »Tatsächlich?«
    Ich nehme an, es gibt eine Art Erkennungscode -Paßwort und Antwort - Mantel-und-Degen-Drek -, den ich nicht kenne, und das nervt mich noch mehr, als ich es ohnehin schon bin. »Ja«, knurre

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