Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
Vom Netzwerk:
mich von einer Ecke in die andere. Aber ins Internet wolltest du doch selber! Das ist wahr. Und zwar nicht, weil man ob eines solchen Gerüchts gleich hektisch werden müsste. Dafür sind wir zu erfahren. Wir wissen: Es wird jedes Quartal eine neue Sau durchs Dorf gejagt, viel Tamtam um nichts gemacht, oder viel Tamtam um etwas, oder es passieren Dinge auch in aller Stille, und meist findet man nichts heraus, oder man findet etwas heraus, was sich als falsch erweist, oder man findet etwas heraus, das sich als richtig erweist, was hat man schon davon, man selbst ist selten in der Lage zu handeln. Dass ich immer übriggeblieben bin, dazu habe ich selbst kaum etwas bis nichts getan. So ist es. Dennoch. Darius Kopp hätte es besser gefallen, wenn er wenigstens etwas gefunden hätte. Er hatte jetzt sogar Schwierigkeiten, das Nichts zu ordnen, das er sich die letzten Stunden einverleibt hatte. Er erinnerte sich mehr an die Informationen, die er
am Rande mitgenommen hatte - Wetter und neue Produkte: Reisen, Banken, Versicherungen, Handys - als dass er sich an die Artikel oder an die Einzelheiten z. B. in Opacos Firmenhistorie erinnert hätte. Ich fühle mich von Nebensächlichkeiten angezogen. So sieht es aus. Ich bin ohne irgendein Ergebnis müde geworden. Dunkel ist es auch schon. Der Platz draußen. Die bewegten Anteile nur noch schemenhaft zu erkennen. Das Hellste der Eingangsbereich des Bahnhofshotels an der Ecke gegenüber und davor die elektronischen Anzeigetafeln in den Haltestellen. Zu den übrigen Gefühlen Kopps gesellte sich jetzt auch noch dieses andere, das man hat, wenn man bei Tageslicht ins Kino (Internet) geht und bei Nacht wieder herauskommt. Unvermeidlich. Dieses Vermissen, dieses leichte Bedauern, eine kleine Sorge, obwohl man doch weiß, sie wird wieder aufgehen. Dennoch, egal, ob Lerche oder Eule, an diesem Punkt beginnt einen jeden die Verlassenheit hinunterzuziehen, als hätte sie eine Gravitation. Egal, dass du schon erwachsen bist. Es ist dunkel geworden, und du bist nicht zu Hause. Das ist ein Zustand, den man benennen kann.
    Zeit, die Bühne wieder umzustellen, bevor wir vielleicht anfangen, auch noch melancholisch zu werden. Er putzte die Brille mit einer sauber gebliebenen Ecke der Serviette, setzte sie wieder auf. Wie spät ist es? 20:47. Das ist gut, das passt perfekt. Der letzte Zug ohne Umsteigen fährt um 21:06. Zahlen, bitte! Wie er es sagte, wirkte er wieder, na, nicht gerade taufrisch, aber zumindest wie jemand, der noch Energien und Entschlossenheit übrig hat.
     
    Natürlich dauerte das Kassieren ewig, natürlich auch, bis die Karte endlich antwortete, Zahlung erfolgt, Kopp musste wieder einmal rennen.
    Aber wie!

    Durch einen Tunnel - Als wären wir unter der Erde. Sind wir unter der Erde? - aus Bretterwänden, Gerüsten, Planen, Folien, Klebestreifen, Lärm, Staub, der durch die Ritzen gepresst wird, auf die Bodenplatten weht, Vorsicht, Rutschgefahr! Kopp schlitterte, fing sich wieder, knallte nur mit dem Köfferchen irgendwo dagegen, schickte eine stumme Entschuldigung bzw. einen Fluch nach oben, zu den Baulampen, mit hässlichem Gekabel miteinander verbunden, und rannte weiter, da ist ein Fahrstuhl, zu unsicher, also die Treppen, mit letzter Kraft hinauf. In letzter Sekunde fiel er in den Zug hinein, die Türen schlugen zu, er hing an einer Haltestange, sein Koffer baumelte an ihm.
     
    Es war von einem Albtraum die Rede gewesen. Das war vielleicht etwas zu viel gesagt. Insofern, dass an den folgenden Ereignissen nichts Traumhaftes sein wird. Sie werden, im Gegenteil, die alltäglichsten und gewöhnlichsten sein. Trotzdem wird Darius Kopp am Ende zermürbt sein.
    Als er wieder (schmerzlich) zu Atem gekommen war, seine Systeme sich nach dem fordernden Sprint in den Normalbetrieb zurückgestellt hatten und er also die Haltestange loslassen und nach nur einem kurzen Einknicken des Knies losgehen konnte, um sich einen Sitzplatz zu suchen, musste er feststellen, dass der Zug wesentlich voller war, als er es erwartet hatte. Da er, für die wenigen Sekunden, die er sich auf ihm aufhielt, der Einzige auf dem Bahnsteig gewesen war, hatte sich Kopp etwas anderes vorgestellt. Aber er war bloß der Letzte von vielen gewesen. Eine ganze Weile mochte er sich nirgends hinsetzen. Wanderte durch den Zug, erst an das kürzere Ende, dann zurück, an das längere, so lange, bis keiner mehr mit ihm wanderte und ihm auch keiner mehr entgegenkam. Schließlich fand er einen Platz, von dem aus er nur

Weitere Kostenlose Bücher