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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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viel, er sprang auf, wollte woandershin gehen, der Laptopkoffer stand im Weg, außerdem sah er, jetzt im Stehen, wieder, dass es zu voll war, um leichtfertig den Platz zu wechseln, aber die Frau sah ihn immer noch an, er spürte, dass ihm der Schweiß ausgebrochen war, also schnappte er sich doch den Koffer und marschierte los, irgendwas wird schon werden.
     
    (Fing es hier an? Ja, allmählich.)
    Er hätte gerne seine Gedanken geordnet, aber im Gehen gelang das nicht. Zu viele Hindernisse. Ständig blieb er irgendwo hängen, ständig stand jemand im Weg. Leute stehen im Weg, um sich mit anderen Leuten, die ebenfalls dort stehen oder in ihren Sitzen verharren, zu unterhalten. Schwankend hältst du auf ein hängendes Gesäß zu. Ich wünschte, ich müsste es nicht jedes Mal bemerken. Wenn ich in der Bredouille bin, werden meine Gedanken schmutzig. Wenn es wenigstens etwas Sexuelles wäre, aber nein. An Gesäße muss Kopp denken und an Gerüche. Dass es hier nicht gut roch. Nicht nach Knoblauchwurst wie früher, auch nicht nach Diesel oder Wattemänteln, sondern nach Hosennaht . Nach verdeckten Fürzen. Ich kann nichts dafür. Ich muss es denken. Und kaum, dass der Kerl bereit ist, sich wenigstens ein bisschen aus dem Weg zu nehmen!

    Oder er tut es eben nur ein bisschen. Man muss an ihm entlangstreifen. Nicht einmal an einer Frau würde Kopp in seinem Zustand entlangstreifen wollen. Und das hier war ein langhaariger, pferdegesichtiger Mann! Und ausgerechnet, da man am nächsten zusammen stand, musste Kopps Magen hörbar zu grummeln anfangen. Grins’ nicht, Hängearsch! Kopp zog das Köfferchen etwas unaufmerksamer hinter sich her, als es notwendig gewesen wäre, er stieß den Fremden damit in die Seite.
    He, pass auf!
    Du hättest dich wenigstens entschuldigen können. Du hast kein Recht, sie zu hassen und zu verachten.
    Darius Kopp bat die Stimme in seinem Kopf höflich, ihm gefälligst nicht auf den Sack zu gehen. Ich habe genug Probleme!
    Er flüchtete sich in die Toilette am Ende des Wagens. Hätte sich gerne in die Toilette am Ende des Wagens geflüchtet, aber sie war defekt. Der Teppichboden davor war feucht. Kopp hob angeekelt den Fuß, um weiterzugehen, in den nächsten Wagen. Zwischen Eisenbahnwagen durchzugehen ist schön. Früher lagen dort einfach zwei sich überlappende Eisenplatten, darunter die Schienen. Schön. 5 Sekunden Erholung, nicht mehr. So lange, bis man an die Toilette am Anfang des nächsten Wagens kommt und auch diese verschlossen vorfindet. Wenn alle Toiletten eines Zuges defekt sind, darf die Fahrt nicht fortgesetzt werden. Und was machen wir dann? Darius Kopp spürte Panik in sich aufsteigen. Nicht, dass er diese Toilette so dringend gebraucht hätte, nicht in den nächsten Minuten. Es war sein Trauma, das in ihm zu arbeiten begann. Nächtlicher Zug, massenhaft Fremde, mit ihnen zusammengesperrt sein, und die Toiletten sind kaputt - kann es einen Menschen geben, der dabei nicht denkt: Lauf um dein Leben? (Immer diese Übertreibungen.) Kopp lief dann nicht, er ging nur ein wenig schneller - Bergauf muss man schneller gehen - was
hätte er auch anderes tun können. So lange, bis er schließlich doch ein Örtchen fand, das noch benutzbar war. Wenn es auch hier schon schwamm. Geb’s Gott, dass es nur Wasser ist. Stinkendes, schmutziges Wasser, aber Kopp war mittlerweile so weit, dass er sich kein Überhandnehmen des Ekels mehr leisten konnte. Er verbrauchte alles Papier, das zu finden war. Funktionierten Seifen- und Wasserspender? Ja! Das wiederum war ein kleiner Trost. Kopp nahm ihn dankbar an. Wir leben in einer Welt, in der Seifen- und Wasserspender in nächtlichen Zügen funktionieren. Für dieses Mehr-als-Nichts darfst du ruhig dankbar sein.
    Im Spiegel: sein Angesicht. Du hast schon mal besser ausgesehen. Und was ist das? Marmelade im Mundwinkel? Schon den ganzen Tag? Da, wieder der Ärger! Ärger und Scham, auf die und vor den anderen, die ihn so gesehen hatten! Und nichts gesagt! Ihr lasst doch sonst nichts unkommentiert! Aber dann, nein, bei näherem Hinsehen, war es ein Fieberbläschen. Es prickelte. Und obwohl Kopp sehen musste, dass er zerzaust, zerknittert, verschwitzt, blass und angegriffen aussah, noch schlechter, als ich mich fühle, und deswegen betrübt war, war seine Erleichterung darüber, dass er wenigstens keine Marmelade im Mundwinkel durch den Tag getragen hatte, am Ende doch größer.
    Erleichtert und gleichzeitig am Ende seines Lateins angelangt. Während er sich

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