Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman
schwamm mal mit, mal gegen den Strom, so wie es sein Ziel gerade erforderte. Durch den Duft der Frauen, der Männer, des Essens, der aus den Restaurationen herauszog - speicheltreibende Aromen wohin man sich wandte. Kopp schwelgte, wusste (beobachtete), dass er das tat, und das bereitete ihm noch mehr Genuss. Ja, ich freue mich darüber, mich zu freuen, hier zu sei. Er spürte wieder die Leichtigkeit der letzten 4 Wochen, als fingen sie gerade wieder an.
Aber sie fingen nicht wieder an. Kopp sah sich gezwungen, stehen zu bleiben, um diese Gewissheit besser verdauen zu können. Prompt wurde er zum Hindernis, die Flaneure stießen sich an ihm, manche entschuldigten sich fröhlich, andere bemerkten es gar nicht. Kopp stand vor einem Straßencafé, in der Mitte seines Blickfelds wurde jemandem, den er nur schemenhaft wahrnahm (ein Mann) gerade ein frisch gepresster Orangensaft und ein Sandwich serviert, aus dem knusprig gebratene, krause Speckränder hervorlugten. Kopp schoss Speichel in den Mund. Er begriff: es hatte deswegen alles so verführerisch gerochen, weil er Hunger hatte, und auch Durst. Das Mittagessen hatte vor lauter Hektik ausfallen müssen. (Erneut: Heimlicher Vorwurf an Flora. Und erneut das Wissen darum, dass das ungerecht und lächerlich war. Tut mir leid.) Stand da, starrte den Tisch an mit Speis und Trank darauf. Der Mann, dem sie serviert wurden, musste in einem ähnlichen Zustand sein wie Kopp selbst, denn wenige Sekunden, nachdem das Glas abgestellt worden war, war der Orangensaft bereits wieder verschwunden, das Glas bis auf einpaar gelbe Schlieren und ein wenig Schaum: leer. Der Anblick des leeren (benutzten!) Glases brachte Kopp endgültig wieder zu sich. Er griff zum Handy und rief im Weitergehen Juri an. Juri kündigte an, in 2 Stunden da zu sein. Wollen wir was beißen gehen?
2 Stunden, das wird man ja wohl aushalten können! Man muss sich nur etwas zusammenreißen. Kopp hörte auf zu spazieren, ging nun so schnell wie er konnte, zielbewusst. Das Bürohaus war schon zu sehen, er heftete seinen Blick darauf, das half.
Überspringen wir, dass er sich in der Etagenküche ein Glas Orangensaft eingoss, den er sofort hinunterstürzte. Ein zweites Glas nahm er mit ins Büro, stellte es aber gleich auf einer freien Ecke des Tisches ab und fischte den Geldkarton vom Stapel.
Er zählte zweimal. Beim ersten Mal waren es 40 000 (und der 50er, der überschüssig ist? Wer bringt schon 40 050?), beim zweiten Mal 39 850. Das brachte Kopp etwas aus dem Gleichgewicht: Warum muss es immer so sein?
Er beschloss, nicht noch einmal zu zählen. Er schob das Geld wieder (ungefähr) zu einem Brikett zusammen und stopfte es in den Karton zurück. Den Karton ließ er unter den Tisch gleiten. Nicht direkt neben den (vollen) Papierkorb, auf die andere Seite, trotzdem: Vorsicht! So geht es immer: Irritation - Zunahme der Unordnung. Ich bin nicht von alleine darauf gekommen. Flora hat es beobachtet. Danke. Auf diese Weise bin ich in der Lage, mich wenigstens ab und zu zeitnah korrigieren. So auch diesmal:
Er holte das Paket wieder unter dem Tisch hervor, zog das Geld heraus, ordnete die Scheine diesmal sorgfältiger, legte das Kopierpapier enger drum herum, schob das Brikett vorsichtig in den Karton und legte diesen wieder auf der Säule nahe dem Fenster ab. Dabei warf er einen Blick hinaus auf den Platz. Draußen tobte es unverändert, während er hier drin von Stille, Kühle, Dunkelheit umgeben war, mit dem Laptop als einziger Lichtquelle. Beides, wie die Welt draußen und wie die drinnen war, einzeln und in der Kombination, gefiel Darius Kopp, und
dieses Bejahen lud ihn mit neuer Energie auf. Während der Laptop hochfuhr, trank er das zweite Glas Orangensaft leer.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch 1 Stunde bis Juris angekündigtem Eintreffen. Er verbrachte diese im Internet. Er begann, wie immer, »zu Hause«.
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Irgendwelche News & Events im Hause? Wie im Vorschaufenster gut zu sehen, war die letzte Nachricht 2 Wochen alt, Kopp hatte sie also schon einige Male gelesen, er konnte trotzdem nicht anders, als auch diesmal draufzuklicken. (Als wäre es ein wahrhaftiges Fenster, das man öffnen, den Kopf durchstecken, und so wirklich mehr sehen könnte.) Im
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