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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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bist Du oder ist das Nichts, welches Du für sie bist und in welches sie zerfließen, ihre Wahrheit ist ihre Nichtigkeit.
    Erst als das Eigentum Meiner kommen die Geister, die Wahrheiten, zur Ruhe, und sie sind dann erst wirklich, wenn ihnen die leidige Existenz entzogen und sie zu einem Eigentum Meiner gemacht werden, wenn es nicht mehr heißt: die Wahrheit entwickelt sich, herrscht, macht sich geltend, die Geschichte (auch ein Begriff) siegt u. dergl. Niemals hat die Wahrheit gesiegt, sondern stets war sie mein Mittel zum Siege, ähnlich dem Schwerte (»das Schwert der Wahrheit«). Die Wahrheit ist tot, ein Buchstabe, ein Wort, ein Material, das Ich verbrauchen kann. Alle Wahrheit für sich ist tot, ein Leichnam; lebendig ist sie nur in derselben Weise, wie meine Lunge lebendig ist, nämlich in dem Maße meiner eigenen Lebendigkeit. Die Wahrheiten sind Material wie Kraut und Unkraut; ob Kraut oder Unkraut, darüber liegt die Entscheidung in Mir.
    Mir sind die Gegenstände nur Material, das Ich verbrauche. Wo Ich hingreife, fasse Ich eine Wahrheit, die Ich Mir zurichte. Die Wahrheit ist Mir gewiß, und Ich brauche sie nicht zu ersehnen. Der Wahrheit einen Dienst zu leisten, ist nirgends meine Absicht; sie ist Mir nur ein Nahrungsmittel für meinen denkenden Kopf, wie die Kartoffel für meinen verdauenden Magen, der Freund für mein geselliges Herz. Solange Ich Lust und Kraft zu denken habe, dient Mir jede Wahrheit nur dazu, sie nach meinem Vermögen zu verarbeiten. Wie für den Christen die Wirklichkeit oder Weltlichkeit, so ist für Mich die Wahrheit »eitel und nichtig«. Sie existiert gerade so gut, als die Dinge dieser Welt fortexistieren, obgleich der Christ ihre Nichtigkeit bewiesen hat; aber sie ist eitel, weil sie ihren Wert nicht in sich hat, sondern in Mir. Für sich ist sie wertlos. Die Wahrheit ist eine – Kreatur.
    Wie Ihr durch eure Tätigkeit unzählige Dinge herstellt, ja den Erdboden neu gestaltet und überall Menschenwerke errichtet, so mögt Ihr auch noch zahllose Wahrheiten durch euer Denken ermitteln, und Wir wollen Uns gerne daran erfreuen. Wie Ich Mich jedoch nicht dazu hergeben mag, eure neu entdeckten Maschinen maschinenmäßig zu bedienen, sondern sie nur zu meinem Nutzen in Gang setzen helfe, so will Ich auch eure Wahrheiten nur gebrauchen, ohne Mich für ihre Forderungen gebrauchen zu lassen.
    Alle Wahrheiten unter Mir sind Mir lieb; eine Wahrheit über Mir, eine Wahrheit, nach der Ich Mich richten müßte, kenne Ich nicht. Für Mich gibt es keine Wahrheit, denn über Mich geht nichts! Auch nicht mein Wesen, auch nicht das Wesen des Menschen geht über Mich! Und zwar über Mich, diesen »Tropfen am Eimer«, diesen »unbedeutenden Menschen«!
    Ihr glaubt das Äußerste getan zu haben, wenn Ihr kühn behauptet, es gebe, weil jede Zeit ihre eigene Wahrheit habe, keine »absolute Wahrheit«. Damit laßt Ihr ja dennoch jeder Zeit ihre Wahrheit, und erschafft so recht eigentlich eine »absolute Wahrheit«, eine Wahrheit, die keiner Zeit fehlt, weil jede Zeit, wie ihre Wahrheit auch immer sei, doch eine »Wahrheit« hat.
    Soll nur gesagt sein, daß man in jeder Zeit gedacht, mithin Gedanken oder Wahrheiten gehabt hat, und daß diese in der folgenden Zeit andere waren, als in der früheren? Nein, es soll heißen, daß jede Zeit ihre »Glaubenswahrheit« hatte; und in der Tat ist noch keine erschienen, worin nicht eine »höhere Wahrheit« anerkannt worden wäre, eine Wahrheit, der man als »Hoheit und Majestät« sich unterwerfen zu müssen glaubte. Jede Wahrheit einer Zeit ist die fixe Idee derselben, und wenn man später eine andere Wahrheit fand, so geschah dies immer nur, weil man eine andere suchte: man reformierte nur die Narrheit und zog ihr ein modernes Kleid an. Denn man wollte doch – wer durfte an der Berechtigung hierzu zweifeln? – man wollte von einer »Idee begeistert« sein. Man wollte von einem Gedanken beherrscht, – besessen sein! Der modernste Herrscher dieser Art ist »unser Wesen« oder »der Mensch«.
    Für alle freie Kritik war ein Gedanke das Kriterium, für die eigene Kritik bin Ich's, Ich, der Unsagbare, mithin nicht bloß Gedachte; denn das bloß Gedachte ist stets sagbar, weil Wort und Gedanke zusammenfallen. Wahr ist, was mein ist, unwahr das, dem Ich eigen bin; wahr z. B. der Verein, unwahr der Staat und die Gesellschaft. Die »freie und wahre« Kritik sorgt für die konsequente Herrschaft eines Gedankens, einer Idee, eines Geistes, die »eigene« für nichts

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