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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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und jedesmal nur entweder für die eine oder für die andere sorgen, am Sonntage für die ewige, am Werkeltage für die zeitliche, im Gebet für jene, in der Arbeit für diese. Sie haben den Pfaffen in sich, darum werden sie ihn nicht los, und hören sich sonntäglich in ihrem Innern abgekanzelt.
    Wie haben die Menschen gerungen und gerechnet, um diese dualistischen Wesen zu ermitteln . Idee folgte auf Idee, Prinzip auf Prinzip, System auf System, und keines wußte den Widerspruch des »weltlichen« Menschen, des sogenannten »Egoisten« auf die Dauer niederzuhalten. Beweist dies nicht, daß alle jene Ideen zu ohnmächtig waren, Meinen ganzen Willen in sich aufzunehmen und ihm genugzutun? Sie waren und blieben Mir feindlich, wenn auch die Feindschaft längere Zeit verhüllt lag. Wird es mit der Eigenheit ebenso sein? Ist auch sie nur ein Vermittlungsversuch? Zu welchem Prinzipe Ich Mich wendete, wie etwa zu dem der Vernunft , Ich mußte mich immer wieder von ihm abwenden. Oder kann Ich immer vernünftig sein, in Allem Mein Leben nach der Vernunft einrichten? Nach der Vernünftigkeit streben kann Ich wohl, Ich kann sie lieben , wie eben Gott und jede andere Idee auch: Ich kann Philosoph sein, ein Liebhaber der Weisheit, wie Ich Gott lieb habe. Aber was Ich liebe, wonach Ich strebe, das ist nur in Meiner Idee, Meiner Vorstellung, Meinen Gedanken: es ist in Meinem Herzen, Meinem Kopfe, es ist in Mir wie das Herz, aber es ist nicht Ich, Ich bin es nicht.
    Zur Wirksamkeit pfäffischer Geister gehört besonders das, was man häufig » moralischen Einfluß « nennen hört.
    Der moralische Einfluß nimmt da seinen Anfang, wo die Demütigung beginnt, ja er ist nichts anderes, als diese Demütigung selbst, die Brechung und Beugung des Mutes zur Demut herab. Wenn Ich Jemand zurufe, bei Sprengung eines Felsens aus dessen Nähe zu gehen, so übe Ich keinen moralischen Einfluß durch diese Zumutung; wenn Ich dem Kinde sage, Du wirst hungern, willst Du nicht essen, was aufgetischt wird, so ist dies kein moralischer Einfluß. Sage Ich ihm aber: Du wirst beten, die Eltern ehren, das Kruzifix respektieren, die Wahrheit reden usw., denn dies gehört zum Menschen und ist der Beruf des Menschen, oder gar, dies ist Gottes Wille, so ist der moralische Einfluß fertig: ein Mensch soll sich da beugen vor dem Beruf des Menschen, soll folgsam sein, demütig werden, soll seinen Willen aufgeben gegen einen fremden, der als Regel und Gesetz aufgestellt wird; er soll sich erniedrigen vor einem Höheren : Selbsterniedrigung. »Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöhet werden.« Ja, ja, die Kinder müssen bei Zeiten zur Frömmigkeit, Gottseligkeit und Ehrbarkeit angehalten werden; ein Mensch von guter Erziehung ist Einer, dem »gute Grundsätze« beigebracht und eingeprägt , eingetrichtert, eingebläut und eingepredigt worden sind.
    Zuckt man hierüber die Achseln, gleich ringen die Guten verzweiflungsvoll die Hände und rufen: »Aber um's Himmels willen, wenn man den Kindern keine guten Lehren geben soll, so laufen sie ja gerades Weges der Sünde in den Rachen, und werden nichtsnutzige Rangen!« Gemach, Ihr Unheilspropheten. Nichtsnutzige in eurem Sinne werden sie allerdings werden; aber Euer Sinn ist eben ein sehr nichtsnutziger Sinn. Die frechen Buben werden sich von Euch nichts mehr einschwatzen und vorgreinen lassen und kein Mitgefühl für all die Torheiten haben, für welche Ihr seit Menschengedenken schwärmt und faselt: sie werden das Erbrecht aufheben, d. h. sie werden Eure Dummheiten nicht erben wollen, wie Ihr sie von den Vätern geerbt habt; sie vertilgen die Erbsünde . Wenn Ihr ihnen befehlt: Beuge Dich vor dem Höchsten – so werden sie antworten: Wenn er Uns beugen will, so komme er selbst und tue es; Wir wenigstens wollen Uns nicht von freien Stücken beugen. Und wenn Ihr ihnen mit seinem Zorn und seinen Strafen droht, so werden sie's nehmen, wie ein Drohen mit dem Wauwau. Glückt es Euch nicht mehr, ihnen Gespensterfurcht einzujagen, so ist die Herrschaft der Gespenster zu Ende, und die Ammenmärchen finden keinen – Glauben .
    Und sind es nicht gerade wieder die Liberalen, die auf eine gute Erziehung und Verbesserung des Erziehungswesens dringen? Denn wie könnte auch ihr Liberalismus, ihre »Freiheit in den Grenzen des Gesetzes« ohne Zucht zustande kommen? Erziehen sie auch nicht gerade zur Gottesfurcht, so fordern sie doch um so strenger Menschenfurcht , d. h. Furcht vor dem Menschen, und wecken durch Zucht die

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