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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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sie eindringlich. »Lassen Sie mich gehen, ich kenn Sie doch gar nicht!«
    »Mächen!« flüsterte er. Plötzlich hatte sich sein lächelndes Gesicht verändert, er sah sie mit einem bösen, kalten Zorn an. »Mach mir keene Zicken! Seit vier Wochen loof ick Berlin ab nach dir, nu find ick dir endlich – denkste, ick laß dir nu wieder loofen?«
    Er sieht sie drohend an, und unter dieser Drohung erzittert sie und schweigt.
    »Denkste, ick hab dir die Sachen in deine dußlije Marchttasche gesteckt, von der det Bild an alle Litfaßsäulen klebt, damit du se behältst? Nee, Frollein, so doof sind wir nich … Det mußte mir allet fein wieder abliefern …«
    Er sah sie an, und sie, gegen ihren Willen, sie nickte …
    »Und wenn de abjeliefert hast, denn sind wir noch lange nich fertig miteinander! So eine wie dich ha’ick schon lange jesucht, frisch aus Mutters Mottenkiste, det erleichtert mir mein Jeschäft … Wat denkste, wie fein ick dir anlernen tu! Du wirst noch ’ne janz jroße Nummer – aufm Alex werden se sich dein Bild einrahmen: Det is nämlich die, die mit ’nem Juwelendiebstahl bei Wertheim anjefangen hat!«
    »Bitte nicht!« flehte sie. »Die Leute …«
    In ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft. Es mußte möglich sein, sich von ihm loszureißen und im Gedränge zu verschwinden … Sie wartete nur auf den Augenblick, wo der Druck seines Armes einmal nachließ …
    »Also, wie heißte denn?«
    »Eva …«, sagte sie schwach.
    »Na, und wie denn weiter, meine süße, kleene Eva?«
    »Schmidt!«
    »Na natürlich doch, Schmidt! Ha’ick doch jleich jedacht – Meier wäre mir auch zu jewöhnlich jewesen! – Und wo wohnste denn, Frollein Schmidt?«
    »In der Lützowstraße.«
    »Also in de Lützowstraße, feine Jejend, wie? Und wo haste denn die Dingerchen, die feinen, blanken, glitzrigen, du weeßt schon. Zu Hause, wat?«
    »Habe ich auch!« sagte sie kühn. Sie war jetzt fest entschlossen, ihm, sobald es paßte, mit der freien Hand in die Augen zu fahren, sie würde ihn kratzen, loskommen …
    »Also zu Hause«, wiederholte er höhnisch. »Auch ne jute Jejend, bei euch zu Hause, wat, wie? Und wo haste sie denn da? Wohl unterm Kopfkissen, wat?«
    »Nein«, sagte sie. »Im Gewicht von der Hängelampe.«
    »Im Jewicht von der Hängelampe«, wiederholte er nachdenklich. »Det is jar nich so schlecht, du hast ja Talente für deinen Beruf! Det Vasteck haste dir nich eben erst ausjedacht. Du hast also schon früher jeklaut, wat?«
    Sie antwortete nicht, wütend über ihren Fehler.
    Und wieder kommt bei ihm dieser plötzliche Übergang von lachendem, grinsendem Hohn zu brutaler, nackter Drohung. Sein dunkles Gesicht nahe ihrem weißen, flüstert er mit heiserer Stimme: »Un nu will ick dir ma erzählen, wat jespielt wird, mein Frollein Schmidt aus de Lützowstraße mit de Hängelampe! Kuschen wird jespielt, Parieren wird jespielt – wenn ick pfeife, kommste, vastanden?! Vastanden – du? Sieh mir an, du – Nutte!« Sie sieht ihn an, zitternd.
    »Du Nutte von einem Dieb, du!« sagt er zwischen den Zähnen. »Du feinet Frollein – Eva – Hackendahl!«
    Er sieht sie triumphierend an, er kostet mit Wonne ihr Entsetzen, als sie merkt, es gibt kein Entrinnen, er kennt ihren Namen. Es gibt keine Flucht …
    Er genießt seinen Triumph. Aber da er sie so vollständig unterworfen sieht, nur noch schneeweiß und zitternd, verliert sich sein Zorn. Der Sieger wird großmütig.
    »Ja, da staunste«, sagt er lachend. »Mußte dir eben keinen alten Herrn anschaffen, der deinen Namen über de halben Linden tutet! Siehste, ick bin ja nich so, ick tu nich, als könnt ick hexen. Det war doch dein Vater, der so rief …?«
    Sie nickt.
    »Wenn ick dir wat frage, haste zu antworten! Sag ja!«
    »Ja …«
    »Sag: ›Ja, Eugen!‹«
    »Ja – Eugen.«
    »Jut – und nu, wo wohnste wirklich? Aber mach mir nich noch mal Schwindel, ick versprech dir, für jedesmal, wo de mir anschwindelst, schlag ick dir alle Knochen kaputt! Und ick tu’s …«
    Sie ist überzeugt, daß er es tun wird, ihr Kopf sucht nach einem Ausweg und findet doch keinen …
    »Wo wohnt ihr?«
    »Frankfurter Allee.«
    »Wo da?«
    »Der Fuhrhof …«
    Er pfeift durch die Zähne. »Ach, der is det, der mit de Droschken? Den kenn ick doch, die janze Zeit grüble ick: Die Wachtmeisterfresse kennste doch! Aber da krieg ick ja ein feinet Frollein Braut, da krieg ick ja ein prima Vahältnis, det is ja jroßartig …« Er ist plötzlich sehr aufgeräumt. »Und nu paß uff,

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