Der eiserne Skorpion - Roman
und nur vereinzelt ragten noch Wäldchen auf. Cormac entdeckte riesige Linien aus Sterilisatormaschinen, die sich bis zum Horizont erstreckten. Andere Apparate, die an bewegliche Ölbohrplattformen erinnerten, rumpelten im Schneckentempo durch die Landschaft. Gelegentlich tauchten zerstörte Städte oder Ortschaften auf, die Gebäude geschmolzen und eingestürzt. Dann erblickte er in der Ferne das Meer, bog in diese Richtung ab und flog eine lange Felsenküste entlang, an der sich Wellen brachen und dabei Wasserfahnen durch Felsspalten schleuderten. Gischt trieb in der niedrigen Schwerkraft wie Konfetti über ihnen. Cormacs Konsolenmonitor pingte und vergrößerte die Karte, bis er sah, dass Vogols Stein nur noch fünfzehn Kilometer voraus lag. Er näherte sich der Spitze der Halbinsel, beiderseits vom Meer gesäumt. Eine Reihe schroffer Gipfel ragte vor ihm auf und senkte sich ins Meer ab. Die Karte zeigte ihm jetzt Richtungspfeile und pingte ihn erneut an, sobald er über seinem Zielort war.
Vogols Stein musste der einzelne, schräge Monolith sein, der aus einem Plateau in der Flanke eines der Gipfel ragte, denn direkt daneben entdeckte Cormac eine vertraute stählerne Gestalt: die Erinnerung an einen Skorpion.
Die Waffenausstellung nahm das gesamte Stadtzentrum in Anspruch, wo man noch keine dauerhaften Gebäude errichtet hatte. Hier hatte man ein dreidimensionales Labyrinth von drei Kilometern Durchmesser aufgebaut, zusammengesetzt aus transportablen und doch soliden Plasmelröhren, verstärkt mit Tragbalken aus leichtem Blasenmetall. Eschereske Treppen waren durch all dies hindurchgewebt, ebenso Schwebeschächte und umschlossene Gänge. Der Eingang, dem sich Cormac näherte, war ein breiter Torbogen ohne menschliches Personal, aber dass die gesamte Ausstellung computerüberwacht war, das bedeutete, dass sich die Tür automatisch schloss, sobald eine optimale Anzahl Besucher eingetreten war, und sich aufs Neue öffnete, wenn die Zahl wieder sank. Die lange schlauchförmige Eingangshalle dahinter war voll von Menschen, aber nicht in unangenehmem Ausmaß. Hier wurden zahlreiche Stücke in Kettenglasvitrinen oder auf Sockeln ausgestellt oder hingen an den schlichten weißen Wänden. Als Cormac eintrat, empfing er eine Anfrage im Verstärker; er akzeptierte sie und studierte die Optionen auf den angebotenen Menüs. Er konnte jede Menge historische Führungen mitmachen, sowohl zu allgemeinen als auch besonderen Themen, insofern er die Wahl hatte, sich einen Überblick über die Waffengeschichte zu verschaffen oder die historische Entwicklung bestimmter Waffen zu verfolgen. Er konnte sich auch auf eine bestimmte Epoche konzentrieren – zum Beispiel sich der Führung durch die Waffen des Mittelalters anschließen und sich dabei an simulierten Schlachten zwischen gepanzerten Rittern ergötzen. Er konnte sich spezielle Schlachten aussuchen und jedes überlieferte Detail in Augenschein nehmen, konnte sich ansehen, wie die Waffen jener Zeit benutzt wurden, welche Wirkungen sie erzeugten, sich Expertenanalysen anhören, Taktik und Logistik studieren. Wie es schien, fand man hier etwas für jede Form von Kriegs- und Katastrophenjunkie.
Gleich hinter dem Eingang betrachtete Cormac eine riesige, sockelmontierte Schienenkanone, offenkundig aus Pradorfertigung, wandte sich um und sah sich ausgiebig ein großes Ölgemälde an. Es stellte das Gefecht zwischen dem Polis-Schlachtschiff My Mary Rose und einem großen Prador-Schlachtschiff dar, wobei die Distanz verkürzt war, damit beide Schiffe in den Rahmen passten. Dieses Ereignis war der erste Zweikampf zwischen solchen Schiffen gewesen, in denen die Polis-Einheit tatsächlich den Sieg davongetragen hatte, und als Kind hatte Cormac eine Videoaufnahme davon als Bildschirmschoner auf seinem P-top laufen gehabt. Ein Stück weiter betrachtete er eine Vitrine mit einer einzelnen Pradorklaue. Er wählte das Dauersignal der Vitrine an, lud Informationen herab und erfuhr, dass man die Klaue in der Nähe des Schauplatzes der auf dem Gemälde dargestellten Schlacht gefunden hatte. Zweifellos stammte die Schienenkanone auf der anderen Seite der Eingangshalle vom selben Schauplatz.
An der Verbindungsstelle von sechs schlauchförmigen Einheiten hinter der Eingangshalle eingetroffen musste Cormac eine Entscheidung treffen. Hier hatten die Aussteller offensichtlich den Ersten Weltkrieg als Startpunkt gewählt. Man konnte digital bearbeitete Filme aus jener Zeit entweder auf diversen
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