Der elektrische Mönch
Ferne, und in seinem Licht konnte man auch ein Stück über Exmoor hinaussehen, das sich südlich von ihnen erstreckte.
Reg seufzte.
»Ja, mag sein«, sagte er, »aber ich fürchte, er hat recht, verstehen Sie, es muß getan werden. Es war der einzig sichere Weg. Alle Anweisungen waren deutlich in dem Gedicht enthalten, wenn man mal wußte, wonach man suchte. Es muß getilgt werden. Der Geist wird immer in der Nähe sein. Eigentlich zwei inzwischen. Das heißt, vorausgesetzt, die Sache klappt. Armer Teufel. Dennoch meine ich, er ist selbst dran schuld.«
Richard riß gereizt ein paar Grashalme aus und rollte sie zwischen seinen Fingern.
Er hielt sie ins Mondlicht, drehte sie in verschiedene Winkel und beobachtete, wie das Licht auf ihnen spielte.
»Diese Musik«, sagte er. »Ich bin nicht fromm, aber wenn ich's wäre, würde ich sagen, sie war wie eine flüchtige Ahnung vom Geist Gottes. Vielleicht war sie's wirklich, und ich sollte fromm sein. Ich muß mir immer wieder sagen, daß sie die Musik nicht erschaffen haben, sie schufen nur das Instrument, das die Partitur lesen konnte. Und die Partitur war das Leben selbst. Und all das ist da oben.«
Er blickte in den Himmel. Unwillkürlich begann er zu zitieren:
»Könnt ich in nur erneuern
Das Harfenspiel, den Sang,
Solch tiefes Glück wird mich befeuern
Daß ich singend laut und lang
In Lüften schüfe den Palast,
Den Prachtbau! Das Gewölb aus Eis!«
»Hmmm«, murmelte Reg vor sich hin, »ich wüßte ja gern, ob er früh genug hingekommen ist.« »Was haben Sie gesagt?«
»Oh, nichts. Bloß ein Gedanke.«
»Du lieber Gott, er kann reden, was?« rief Richard plötzlich aus. »Jetzt ist er schon über eine Stunde drin. Ich frage mich, was da los ist.« Er stand auf und guckte über die Hecke auf das kleine Bauernhäuschen, das sich hinter ihnen im Mondlicht duckte. Ungefähr eine Stunde zuvor war Dirk mutig zur Haustür hinaufgegangen und hatte angeklopft.
Als die Tür ein bißchen zögernd aufgegangen und ein leicht verstörtes Gesicht zum Vorschein gekommen war, hatte Dirk seinen lächerlichen Hut gelüftet und mit lauter Stimme gefragt: »Mr. Samuel Coleridge?
Ich kam gerade auf dem Weg von Porlock hier vorbei, versteht Ihr, und dachte, ob ich Euch wohl bitten dürfte, mir ein interview zu gewähren. Es ist nur für ein kleines Gemeindeblättchen bestimmt, das ich herausgebe. Wird nicht viel von Eurer Zeit in Anspruch nehmen, das verspreche ich, ich weiß, Ihr habt gewiß zu tun, ein berühmter Dichter wie Ihr, aber ich bewundere Euer Werk dermaßen, und ...«
Der Rest war nicht mehr zu hören gewesen, weil Dirk sich inzwischen Eintritt verschafft und die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Würden Sie mich einen Moment entschuldigen?« fragte Reg.
»Wie? Aber natürlich«, sagte Richard, »ich geh mal eben nachsehen, was da los ist.«
Während Reg hinter einen Baum ging, stieß Richard die kleine Gartenpforte auf und wollte gerade den Weg hinaufschleichen, als er von drinnen Stimmen sich der Haustür nähern hörte.
Er flitzte eilig zurück, während die Haustür aufging.
»Also, wirklich vielen Dank, Mr. Coleridge«, sagte Dirk, als er, mit seinem Hut hantierend und sich verbeugend, herauskam, »Ihr wart sehr freundlich und sehr großzügig mit Eurer Zeit, und ich weiß das sehr zu schätzen, wie gewiß auch meine Leser. Ich bin sicher, es wird ein sehr hübscher kleiner Artikel daraus werden, von dem ich Euch, darauf könnt Ihr Euch verlassen, zum mußevollen Studium eine Kopie übersenden werde. Mit Freuden sehe ich natürlich Eurer Kritik entgegen, falls Ihr welche habt, irgendwelche Fragen des Stils, nicht wahr, Hinweise, Tips, dergleichen Dinge. Also, nochmals vielen Dank für Eure Zeit, ich hoffe doch, ich habe Euch von nichts Wichtigem abgehalten -«
Die Tür knallte hinter ihm laut zu.
Dirk drehte sich mit einem triumphierenden Strahlelächeln aus einer langen Reihe triumphierender Strahlelächeln um und eilte den Gartenweg hinab zu Richard.
»Na, das hat der Sache ein Ende gesetzt«, sagte er und schlug sich in die Hände. »Ich glaube, er wollte gerade mit der Niederschrift beginnen, aber er wird sich an kein Wort mehr erinnern können, das ist mal sicher. Wo ist der verehrte Professor? Ah, da sind Sie ja. Großer Gott, ich hatte keine Ahnung, daß ich so lange drin war. Ein sehr faszinierender und unterhaltsamer Bursche, unser Mr. Coleridge, zumindest wäre er das bestimmt
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