0407 - Spitzel mit eiskalten Tricks
Sie nannten ihn Flenner.
Sein richtiger Name war Jimmy Shendrick. In seinen Kreisen gab es nur wenige, die ihn nicht respektierten. Flenner hatte eine besondere Art, sich Respekt zu verschaffen.
Er war ein Mörder.
Als er mir auf Mr. Stanhopes Party begegnete, fielen mir vor Überraschung fast die Augen ins Cocktailglas. Jimmy Shendrick war der Letzte, den ich in dieser Gesellschaft vermutet hätte.
In Shendricks herabgezogenen Mundwinkeln hockte ein weinerlicher Ausdruck. Er starrte in seinen Martini, als bestände der Drink zu neunzig Prozent aus Tränen. Jimmy Shendrick war bekannt für zwei Dinge. Er litt an Depressionen, und er war jederzeit bereit, gegen entsprechende Bezahlung einen Menschen zu töten.
Ich ging auf ihn zu. »Hallo«, sagte ich.
Shendrick blinzelte beunruhigt, als er mich sah. Dazu hatte er guten Grund. Mir verdankte er seine erste Mordanklage - eine von insgesamt drei. Verurteilt worden war er nie. Die Zeugen waren stets im Verlauf der Prozesse auf rätselhafte Weise umgefallen.
Sie wollten sich auf einmal an nichts mehr erinnern. Ein Zeuge, der keine Lust verspürt hatte, sein Gedächtnis in Urlaub zu schicken, war eines Tages aus dem Harlem River gefischt worden. Flenners Alibi war okay gewesen.
»Hallo, Agent Cotton«, sagte er. Seine Stimme war so schwankend und verkratzt wie der Lautsprecher eines Transistorradios, das vergeblich auf einen Satz neuer Batterien hofft. »Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen!«
Zugegeben, ich bewegte mich mo mentan auf einem Parkett, das kci neswegs meiner gesellschaftlichen Rangordnung entsprach. Immerhin war ich ein geladener Gast, wenn auch mit besonderem Auftrag. Ich bildete mir sogar ein, in dem geliehenen Smoking eine leidlich gute Figur zu machen. Das war mehr, als Shendrick von sich behaupten konnte. Sein Dinner-Jackett war um zwei Nummern zu groß, und unterhalb des linken Revers befand sich ein Fleck, der deutlich zeigte, dass Flenners Essgewohnheiten ebenso reformbedürftig waren wie sein Reinlichkeitssinn.
Shendrick nippte an seinem Glas. »Ich gebe Ihnen einen kostenlosen Rat«, sagte er dann, ohne mich anzusehen. »Hauen Sie ab. Lassen Sie diese Leute und mich allein. Es könnte sonst Ärger geben.«
»Ärger«, bemerkte ich freundlich, »ist die Würze meiner Existenz.« Ich tippte mit einem Finger auf seine linke Achsel und spürte darunter einen harten metallischen Gegenstand. Ich wusste jetzt, warum Flenner ein so weites Jackett trug. »Die Bleischleuder hätten Sie in der Garderobe abgeben sollen«, sagte ich vorwurfsvoll. »Oder sind Sie gar nicht durch den Haupteingang gekommen?«
»Und ob!«-, sagte er stolz. »Ich habe sogar eine Einladung, ganz offiziell.« Er zeigte sie mir. Sie war echt. Ich fragte mich, was Stanhope veranlasst haben mochte, Flenner einzuladen. Ich fragte mich weiter, wie die anwesenden Millionäre, die Filmsternchen, die Börsenmakler und Finanzhaie, diese exklusiven, prominenten und reichen Leutchen wohl reagieren würden, wenn sie wüssten, dass sich auf der Party ein mehrfacher Mörder befand.
»Ich bin mit Mr. Flint gekommen«, erklärte Flenner. »Er ist mein Chef.«
Ich kannte Flint. Er besaß die Aktienmajorität der gleichnamigen Stahlwerke und war ungefähr so charmant wie ein Sack mit Knochenmehl. Gegenwärtig saß er im großen Salon - alt, ledern, vertrocknet und sehr allein, so undurchsichtig wie die Tür eines Banktresors und so abweisend wie der Portier eines Luxushotels gegenüber einem Penner. Shendricks Erklärung erstaunte mich nicht. In jeder großen Stadt gibt es ein paar Millionäre, die sich einbilden, dass ein Leibwächter aus der Unterwelt eine besonders gute, sichere Sache sei.
»Warum hat er Sie mitgenommen?«, fragte ich.
»Ich bin immer in seiner Nähe.«
»Armer Mr. Flint.«
»Arm? Wenn ich seine Bucks hätte, würde ich das FBI kaufen und nach Alaska versetzen lassen!« Flenners Mundwinkel zuckten. Er schaute sich vorsichtig um und flüsterte mir dann im Verschwörerton zu: »Auf dieser Party wird etwas geschehen. Ich weiß nicht genau was, aber Flint ist sicher, dass es eine schreckliche Geschichte sein wird. Er hat erklärt, dass kein Mensch jemals die Hintergründe und die Zusammenhänge des Verbrechens entdecken wird. Ich kenne Flint. Er behält immer recht. Gehen Sie nach Hause, Cotton. Sie werden das Verbrechen weder verhindern noch klären können. Wenn Sie bleiben, müssen Sie sich blamieren.«
»Sie machen mich neugierig, Flenner. Um was dreht es sich
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