Der Engel Der Kurie
erfüllen sollte. Was hat dieser Mord zu bedeuten?«
»War es schlimm für Euch«, stellte Jakob eine Gegenfrage und machte dabei ein so unbefangenes Gesicht, als wüßte er nicht um die Bedeutung seiner Worte, »mit Moncada am Krankenbett des Kardinals zu stehen und feststellen zu müssen, daß er überlebt?«
Trippa erbleichte. »Wie meinst du das?«
»Anschließend seid Ihr allzu rasch davongelaufen.«
Der Monsignore schüttelte den Kopf und sprang ärgerlich auf. »Unsinn, blanker Unsinn, Ausgeburt eines kranken Kopfes«, ereiferte er sich und blickte Jakob haßerfüllt an.
»Ich werde es Euch beweisen«, erwiderte Jakob ruhig. »Und jetzt gehe ich nach Hause.«
Wider Erwarten ließ der Monsignore Jakob gehen.
Am frühen Morgen, während der Nebel die Kaiserforen geheimnisvoll einhüllte, plagten sich Luigi und seine Freunde auf und berieten, wie sie den Tag verbringen sollten. Ein Blick in Luigis Lederbeutel stimmte sie wenig vergnüglich; es fanden sich gerade noch sieben Quattrini in der Börse, was bedeutete, daß sie sich auf irgendeine Art Geld besorgen mußten. Massimiliano schlug vor, sie sollten sich an der Baustelle des Palazzo Farnese verdingen; für den Lohn von zwei erwachsenen Lastenträgern würden sie zu viert schuften, das könnte den Bauführer überzeugen.
Beim Gedanken an Bauarbeiten rümpfte Cesare die Nase und meinte, da ginge er lieber zu den Schiffen unten am Tiber und würde beim Entladen helfen. Luigi hingegen stand der Sinn überhaupt nicht nach körperlicher Arbeit.
»Wir könnten bei Peruzzi in der Werkstatt vorbeischauen, vielleicht kann man bei den Dekorationen helfen«, schlug er vor. »Ich habe gehört, Angelo del Bufalo plant eine Karnevalskomödie.«
Der Vorschlag begeisterte die Jungen. Also brachen sie nach der Porta del Popolo auf, in deren Nähe Peruzzi seine Werkstätte hatte. Zu ihrer Enttäuschung gab es jedoch nichts für sie zu tun, und unschlüssig, wie der Tag weitergehen sollte, setzten sie sich an Santa Maria del Popolo auf die Steintreppen. Cesare zog es zu Serena, doch wollte er nichts sagen, weil er befürchtete, von Luigi auf den Arm genommen zu werden. Filippo hielt eifrig Ausschau nach einem verirrten Pilger, dem man die Börse abnehmen konnte. Als die anderen Jungen von Pozzo bianco noch nicht bei der Miliz waren, hatten sie sich oft mit kleineren Diebstählen über Wasser gehalten: Zu dritt traten sie auf den Pilger zu und verstrickten ihn in ein Gespräch, während sich zwei weitere dem Pilger von hinten näherten; einer davon rempelte den Ahnungslosen an, die drei Freunde zeterten und schimpften, der Pilger war verwirrt, und der fünfte Junge zog ihm den Beutel aus der Tasche. Der Trick gelang nicht immer, und oft waren die Taschen der Pilger leer, aber es fanden sich immerhin genug, die ihr Geld sorglos herumtrugen, so daß sich davon leben ließ. Luigi allerdings mochte das Stehlen nicht. Er hielt auf seine vornehme Abstammung von einem Suppliken-Referendar, auch wenn ihn sein Vater nicht anerkannte, und Filippo wagte es erst gar nicht, ihn auf ein geeignetes Opfer aufmerksam zu machen. Plötzlich kam ihm Ennea wieder in den Sinn, daß sie eigentlich vorgehabt hatten, dem Hurenmörder auf den Fersen zu bleiben.
»Du hast recht«, erwiderte Cesare, »wir können nicht einfach so aufgeben; der Schlächter läuft frei herum und ist eine Gefahr für alle. Sollten wir unser Glück noch einmal versuchen und die Cassia hinausgehen? Vielleicht stoßen wir auf seine Spur. Wenn etwas Gras über die Sache gewachsen ist, kommt er womöglich zurück, und die Morde gehen weiter.«
»Eher finden wir ein Goldkorn im Tibersand als Ennea vor den Toren Roms«, belehrte Luigi seine Freunde. »Überall streifen die schwarzen Banden des Papstes und die Truppen der Colonna herum, im Süden stehen die Kaiserlichen bei Ceprano, und im Norden halten Deutsche und Spanier vermutlich auf Florenz zu. Es ist so viel Unruhe im Land, daß Ennea entweder bei Nacht und Nebel überall durchgeschlüpft ist, oder er hat sich ein unzugängliches Versteck gesucht, um keiner der Banden in die Hände zu fallen.«
Die drei anderen schauten betreten; was Luigi sagte, klang überzeugend. Was sollten sie auch ausrichten? Sie waren zu viert, hungrig und ohne ein größeres Geldstück in den Taschen. Beinahe gleichzeitig machten sie wegwerfende Handbewegungen, und Cesare stand auf, um Serena aufzusuchen.
Plötzlich sahen sie Bischof Frangipane auf einem schwarzen Hengst inmitten einer
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