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Der Engelmacher

Der Engelmacher

Titel: Der Engelmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Brijs
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den Atem anhalten?«, bat der Doktor die junge Schwester.
    Unwillkürlich hielt auch die Äbtissin den Atem an. Jetzt werden wir bald Bescheid wissen, dachte sie.
    Der Doktor hörte konzentriert zu, runzelte erneut die Brauen, setzte das Stethoskop an einer anderen Stelle auf und horchte erneut. Sein Blick wanderte ein paar Mal zu dem Gesicht der Novizin, doch die hielt die Augen starr an die Decke gerichtet. »Würden Sie uns bitte kurz allein lassen?«, sagte er schließlich.
    Die Äbtissin sah ihm in die Augen, begriff, dass er es ernst meinte, und ging hinaus.
     
    Erleichtert ließ Schwester Marthe die Kutte wieder über ihren Bauch fallen und setzte sich auf den Rand des Bettes. Der Doktor hatte sich auf den Stuhl am Tisch gesetzt und die Bibel in die Hand genommen, die er jetzt nervös zwischen den Fingern hin und her wendete.
    »Ich möchte gern, dass Sie es erst selbst wissen, bevor ich es der Äbtissin erzähle«, sagte er. »Vielleicht brauchen Sie ein bisschen Zeit, um es zu verarbeiten. Ich verstehe selbst nicht …«
    »Ich weiß es schon, Herr Doktor«, unterbrach sie ihn. Sie wollte es ihm nicht unnötig schwer machen. »Die Bauchschmerzen hat Schwester Milgitha sich nur ausgedacht. Wenn ich überhaupt etwas gespürt habe, dann höchstens, wenn es getreten hat oder so. Es ist ziemlich … wie nennt man das? Lebhaft?«
    Der Doktor nickte kurz und spitzte die Lippen. Die Narbe über seinem rechten Mundwinkel zuckte leicht.
    »Wie lange ist es her? Wissen Sie das? Ungefähr?«, fragte er.
    »Vier Monate.«
    »Das habe ich mir schon so ungefähr gedacht. Sonst würden Sie es noch nicht treten fühlen.« Er warf einen kurzen Blick auf die Bibel und sah dann wieder sie an. »Wie alt sind Sie?«
    »Zwanzig.«
    Er nickte.
    »Zwanzigeinhalb«, fügte sie hinzu.
    »Und möchten Sie das Kind behalten?«
    Sie nickte. »Sehr gern, Herr Doktor.«
    »Sie wissen aber, dass Sie dann wahrscheinlich das Kloster verlassen müssen. Ich nehme an, dass Schwester Milgitha Sie dann hier nicht mehr dulden kann.«
    »Ich weiß. Könnten Sie vielleicht noch kurz in der Nähe bleiben, nachdem Sie es ihr erzählt haben? Ich weiß nicht, wie sie …«
    Er nickte verständnisvoll.
    »Ich werde es ihr in Ihrer Gegenwart sagen. Einverstanden?«
    »Ja, Herr Doktor. Vielen Dank.«
    Er legte die Bibel wieder auf den Tisch, fuhr kurz mit den Fingern über den Umschlag und stand auf.
    »Doktor Hoppe?«
    Er wandte sich ihr zu.
    »Sie sind doch der Vater von Victor, oder? Von Victor Hoppe. Sie … ich habe Sie ein paar Mal bei ihm gesehen.«
    Fast hätte sie gesagt, er sehe ihm sehr ähnlich, aber sie konnte die Bemerkung gerade noch rechtzeitig hinunterschlucken.
    »Das stimmt. Von Victor, ja.«
    Er mied ihren Blick und starrte unbestimmt in die Ferne.
    »Herr Doktor …«, sie zögerte kurz. »Herr Doktor, Victor ist nicht debil. Er ist bestimmt nicht debil.«
     
    Die Äbtissin hatte gefragt, ob er das Kind wegmachen würde, wenn Marthes Eltern es wünschten. Er hatte ihr Ansinnen zunächst überhört, weil er selbst von so vielen Fragen bedrängt wurde. Ob es der Wahrheit entsprach, was Schwester Marthe ihm erzählt hatte? Dass Victor sprechen konnte? Dass Victor lesen konnte?
    Auf dem Weg in das Dienstzimmer der Äbtissin, durch die hohlen Gänge des Klosters, fragte er sich, ob das Mädchen wohl die Wahrheit gesagt hatte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass sie keinen Grund hatte zu lügen, und jetzt erst recht nicht mehr, da sie kurz davor stand, aus dem Kloster hinausgeworfen zu werden.
    Er hatte sie gefragt, warum er selbst denn nie etwas an Victor bemerkt habe, und sie hatte erklärt, es sei schwierig, zu ihm vorzudringen. Es sei eine Frage des Vertrauens. Das hatte ihm einen Stich ins Herz versetzt.
    Als die Äbtissin ihr Ansinnen aber wiederholt hatte und die Bedeutung ihrer Worte ihm bewusst geworden war, hatte er sofort seiner Entrüstung Ausdruck verliehen.
    »Sie will das Kind behalten. Welche Folgen auch immer das nach sich ziehen wird.«
    »Sie ist zu jung, um das selbst zu entscheiden.«
    »Sie ist zwanzig!«, hatte er gerufen, lauter als beabsichtigt.
    »Sie ist noch eine Novizin, Herr Doktor. Ihre Eltern möchten gerne, dass sie Nonne wird. Deshalb frage ich Sie nochmals, ob Sie uns helfen können.«
    Er hatte den Kopf geschüttelt, erst leicht, dann immer heftiger. Ungefähr im selben Moment hatte er den Entschluss gefasst zu verschweigen, was Schwester Marthe ihm über seinen Sohn erzählt hatte.
    Vertrauen. Das Wort

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