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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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einmal an ihn.
    Doch neuerdings dachte sie immer häufiger darüber nach, ob ihre Entscheidung richtig gewesen war. Als Buchhändlerin konnte sie nicht einfach in ihren Beruf zurückkehren. Sie müsste sich komplett neu einarbeiten und es würde lange dauern, bis sie wieder halbwegs auf dem Laufenden wäre.
    Sie wichen ernsthaften Unterhaltungen darüber aus. Seit die Kinder da waren, seit etwas mehr oder weniger als zehn Jahren also, kamen sie kaum noch dazu, Gespräche wie früher zu führen. Müdigkeit, Erschöpfung und Frust machten sie stumm. Oft schliefen sie über einem Buch oder vor dem Fernseher ein.
    »Also Salat«, sagte Margot. »Das geht schneller.«
    »Soll ich dir helfen?«, fragte Bert.
    »Nicht nötig. Aber du könntest mir von deinem neuen Fall erzählen. Dann hab ich ein bisschen Ablenkung.«
    Bert legte die Zeitung beiseite, ordnete seine Gedanken und begann zu berichten. Er besprach seine Fälle gern mit Margot und ergriff jede Gelegenheit dazu beim Schopf. Margot stellte die richtigen Fragen. Fragen, wie sie nur ein Mensch stellen kann, der nicht in die Sache verwickelt ist.
    Oft brachten ihre Fragen ihn aus dem Konzept, aber beinah ebenso oft erwies sich das als heilsam, weil er dadurch gezwungen war, seine Sichtweise zu überdenken, sich einem Problem von einer anderen Warte aus zu nähern. Und manchmal sah er nach einem solchen Gespräch klarer als vorher.
    Er erzählte von Simone Redleff und von den Mädchen aus Norddeutschland. Sah alles wieder vor sich. Die jungen toten Gesichter. Die Fundorte der Leichen. Aufnahmen der lebenden Mädchen, auf denen sie fröhlich waren und lachten. Alle Fotos hingen an der Pinnwand in seinem Büro.
    »Schrecklich«, sagte Margot immer wieder.
    Er wäre gern zu ihr gegangen, hätte sie in die Arme genommen und vergessen, dass es Menschen gab, die Menschen ermordeten. Hätte sie gern geküsst wie beim ersten Mal und geglaubt, die Welt hätte aufgehört, sich zu drehen. Stattdessen redete er weiter.
    »Kann es jemand sein, den sie gekannt hat?«, fragte Margot, nachdem er fertig war.
    »Kaum. Wir haben die Alibis aller in Frage kommenden Personen überprüft.«
    »Also gehst du von einem Fremden aus?«
    Er nickte.
    »Der auch für die Morde in Norddeutschland verantwortlich ist?«
    »So wie sich die Fälle gleichen - ja.«
    »Er wohnt bestimmt nicht in Norddeutschland und bestimmt nicht hier.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Das wäre doch viel zu gefährlich für ihn. Er wird sich hüten, einen Mord in seiner Nachbarschaft zu begehen.«
    »Wir sprechen von einem Serienmörder, Margot.«
    »Der von seinen Trieben beherrscht wird, ich weiߟ.« Sie fuchtelte mit einem Salatblatt in der linken und dem Schälmesser in der rechten Hand in der Luft herum. »Aber meinst du nicht, du machst einen Fehler, wenn du ihn unterschätzt?«
    »Ich unterschätze ihn nicht.« Serienmörder verfügten oftmals über eine geradezu phänomenale Intelligenz. Die Geschichte lieferte dafür genügend Beispiele. »Er könnte - bloߟ mal laut gedacht - mit einem Mord in der Nachbarschaft Spuren gelegt haben.«
    »Spuren?«
    »Um uns zu verwirren. Es liegt doch auf der Hand, zu vermuten, dass er keinen Mord in seiner Umgebung begehen würde. Und wenn er diese Vermutung...«
    »Du kannst nicht denken wie er, Bert.«
    »Das muss ich aber! Ich muss nicht nur denken, ich muss auch fühlen wie er. Denn ich kann mich nicht darauf verlassen, dass er einen Fehler macht und mir von selbst in die Falle geht.«
    »Du redest wie ein Wilderer in einer dieser Heimatschnulzen, die sie im Fernsehen andauernd wiederholen.«
    Er lachte. »Manchmal fühl ich mich auch so.« Er stand auf, ging zu ihr und nahm sie in die Arme. Sie war weich und warm und an ihrem Kinn klebte ein winziges Stück Karottenschale. Er zupfte es ab. »Kann ich dir nicht doch ein bisschen helfen?«
    Sie sah ihn an. Fast so wie früher. Fast. Denn statt ihn zu küssen oder sich küssen zu lassen, drückte sie ihm das Messer in die Hand und schob ihm die Karotten hin. »In schöne, kleine Stifte schneiden. Für den Salat. Kannst du das?«
    »Mach dich ruhig über mich lustig.« Er war froh, dass er sich beschäftigen konnte. Er hatte lange genug gegrübelt. Nach dem Essen würde er mit den Kindern spielen. Und dann versuchen, ein wenig zu lesen. Vielleicht gelang es ihm sogar, für eine Weile zu vergessen, dass er Polizeibeamter war.
     

Kapitel 5
    Beim Klingeln des Telefons verzog Imke Thalheim ärgerlich den Mund. Ein Gespräch

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