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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Groߟmutter war eine leidenschaftliche Fahrerin, aber um kunstvolles Einparken oder Rückwärtsfahren drückte sie sich, wenn sie konnte.
    Ich parkte daneben und wurde beim Aussteigen von Edgar und Molly empfangen, die mir schnurrend um die Beine strichen. Beide folgten mir ins Haus, das mit seiner angenehmen Kühle auf mich wartete.
    Groߟmutter saߟ auf der Terrasse, im Schatten des grünen Sonnenschirms, der ihr Gesicht blasser wirken lieߟ. Trotzdem sah sie umwerfend aus. Die meisten Leute schätzten sie mit ihren fünfundsiebzig Jahren auf höchstens sechzig.
    Sie hielt mir die Wange hin. Ich küsste sie und spürte ihre weiche Haut unter den Lippen.
    »Setz dich und erzähl mir, wie es dir geht«, sagte sie und sah mir aufmerksam ins Gesicht.
    Man kann nichts vor ihr verbergen, also versuchte ich es gar nicht erst. »Bis auf die Tatsache, dass mein Zeugnis nicht gerade der Hit werden wird, ganz gut.«
    Ungeduldig winkte Groߟmutter ab. »Ich bin nicht an deinen Noten interessiert, sondern an deinem Leben, das solltest du allmählich wissen.«
    Ich verzichtete darauf, ihr zu erklären, dass Noten für eine Schülerin einen Groߟteil des Lebens ausmachten, und überlegte, was ich ihr erzählen könnte.
    »Was machen deine Mitbewohnerinnen?«, fragte sie.
    Groߟmutter hatte Caro und Merle bei unserer Einweihungsparty kennen gelernt und sie sofort unter ihre Fittiche genommen. Caro hatte sie zwei Stück ihres selbst gebackenen Butterkuchens aufgeschwatzt und Merle, die wegen ihres Jobs ständig müde ist, mehr Schlaf verordnet.
    »Wahnsinnsfrau«, hatte Merle später gesagt und Caro hatte mich gefragt, ob man sich als Zweitenkelin bei Groߟmutter bewerben könne.
    »Sie lassen dich grüߟen«, sagte ich.
    »Fügt Caro sich noch immer Verletzungen zu?«, fragte Groߟmutter mit zusammengekniffenen Augen. Manchmal hatte sie starke ߄hnlichkeit mit einem lauernden Krokodil.
    »Das hast du bemerkt?« Ich war wirklich verblüfft.
    Groߟmutter hob die Augenbrauen. »Ich bin zwar alt, mein Kind, aber nicht senil. Und ich kann zwei und zwei zusammenzählen. Also?«
    Ich nickte. »Obwohl sie sich frisch verliebt hat und einen richtig glücklichen Eindruck macht. Irgendwas hat sie wieder aus der Bahn geworfen. Aber sie redet nicht darüber, jedenfalls nicht mit uns.«
    »Ein tapferes Mädchen«, sagte Groߟmutter. »Bedauerlicherweise gibt es solche Menschen nur sehr selten.«
    Meine Mutter kam mit einem Tablett aus dem Haus. Sie hielt mir die Wange zum Kuss hin und begann den Tisch zu decken.
    »Wie kommst du mit dem Buch voran?«, fragte ich sie.
    »Ein Kapitel, seit du das letzte Mal hier warst.« Sie lächelte zufrieden. »Das ist nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass sich die ganze Welt gegen mich verschworen hatte. Es waren ja ständig Handwerker im Haus. Der Boiler in der Küche war kaputt, die Regenrinne musste repariert werden, die Pumpe in der Zisterne hat den Geist aufgegeben und dann hat auch noch ein Gärtner den kranken Ahorn gefällt.«
    »Ein guter Gärtner rettet kranke Bäume«, sagte Groߟmutter missbilligend. »Er bringt sie nicht um.«
    »Dieser war nicht mehr zu retten«, widersprach meine Mutter. Sie trug ein schlichtes schwarzes Leinenkleid und darüber eine cognacfarbene Bluse. Dazu eine Kette, die ich noch nie gesehen hatte, eine handtellergroߟe, hauchdünne Metallscheibe, die an geflochtenen Lederschnüren hing.
    »Goethe konnte nur schreiben, wenn es absolut ruhig war«, behauptete Groߟmutter. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass sie sich das wieder nur ausgedacht hatte, um meiner Mutter ihre Grenzen aufzuzeigen.
    »Der Arme.« Meine Mutter schnitt unbeeindruckt die Erdbeertorte an. »Und bevor du fragst«, sagte sie zu Groߟmutter, »der Boden ist nicht selbst gebacken, sondern gekauft. Goethe hatte seine Christiane, die für ihn kochte und backte. Ich habe leider nicht so ein Glück.«
    »Nun war Goethe ja auch ein Dichter«, sagte Groߟmutter.
    »Und ich schreibe bloߟ Krimis.« Meine Mutter legte Groߟmutter ein Stück Torte auf den Teller und lächelte sie liebenswürdig an.
    »Die ich sehr gern lese«, kam ich ihr zu Hilfe.
    »ßœber so einen Krimi werdet ihr aber beim Abitur bestimmt keine Klausur schreiben«, sagte Groߟmutter. »ßœber den 
Faust
 allerdings...«
    »Hör auf zu stänkern, Mutter. Iss deine Torte und genieߟe den schönen Tag.«
    »Erdbeeren.« Groߟmutter hob den Teller und begutachtete das Tortenstück. »Kauft ihr

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