Der Erdbeerpfluecker
hatte das Erscheinen der Polizei sie einfach nervös gemacht. Das musste nichts heißen. Viele der Saisonarbeiter hatten das eine oder andere Geschäft laufen, das nicht ganz sauber war. Diese Dinge interessierten Bert nicht. Er wollte, er hätte ihnen das bei seinem ersten Besuch deutlich gemacht.
Er las erneut einige von Caros Gedichten. Ließ die Bilder auf sich wirken. Irgendwo hier war die Antwort, die er finden musste. Ganz sicher. Seufzend vergrub er die Hände im Haar und dachte nach.
Als er wieder zu sich kam, war die Weinflasche leer. Das Licht im Haus war gelöscht. Margot war anscheinend bereits zu Bett gegangen. Auch egal, dachte er und räumte die Sachen zusammen. Aber es war ihm nicht egal. Er hätte gern ein bisschen Nähe gespürt, wenn auch nur für eine halbe Stunde.
Nichts. Niemand außer Anita hatte Caro zusammen mit ihrem Freund gesehen. Es war wie verhext. Müde und frustriert fuhren Merle und ich nach Hause und sprachen auf der Heimfahrt kein Wort.
Die Katzen warteten auf uns. Sie bettelten um Futter. Das war ein gutes Zeichen. Sie hatten uns akzeptiert. Wir beschlossen, ab jetzt die Tür zum Bad offen zu lassen, damit sie in aller Ruhe die Wohnung erkunden konnten.
Wir stellten ihnen frisches Futter hin und machten uns noch einen Tee. Dann saßen wir in der Küche und bliesen Trübsal.
»Vielleicht hat der Kommissar Recht«, sagte Merle. »Vielleicht ist das alles eine Nummer zu groß für uns.«
»Quatsch. Es ist nur ein äußerst komplizierter Fall. Sonst wär die Polizei doch auch schon weiter. Sind sie aber nicht, oder?«
Was hatten wir? Caros Gedichte, ein schwarzes Tuch, getrocknete Blätter mit einer weißen Blüte und Anitas Beschreibung des Mannes, mit dem Caro zusammen gewesen war. Nicht gerade viel. Es war, als würde man sich auf etwas so Flüchtiges wie einen Duft stützen, ein Parfüm oder ein Aftershave, etwas, das im einen Moment noch da war und im nächsten bereits verflog.
»Ich weiß nicht«, Merle verzog den Mund, »mir ist ganz komisch zumute. Ich glaube, ich habe Angst.«
»Angst? Wovor?«
»Nicht vor was Bestimmtem. Es ist einfach so ein Gefühl von Bedrohung. Spürst du das nicht auch?«
»Ich spür nur, dass ich hundemüde bin. Da sieht man schon mal Gespenster. Ich jedenfalls gehe jetzt schlafen.«
»Gute Idee.« Merle stand auf und trug die Tassen zur Spüle. »Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.« Der Lieblingsspruch meiner Großmutter. Ich wusste gar nicht, dass Merle auch so was drauf hatte.
Ich fiel ins Bett und schaffte es gerade noch, das Licht auszumachen, da war ich schon eingeschlafen.
In der Nacht hörte ich ein paarmal Geräusche. Die Katzen, dachte ich und drehte mich auf die andere Seite. Wir mussten uns erst noch daran gewöhnen, dass wir jetzt zu viert waren.
Die Katzen hatten ihn erschreckt. Er war nicht auf sie gefasst gewesen. Zuerst hatte er gedacht, er hätte eines der Mädchen in der Küche gehört, doch dann war dieser kleine Schatten an ihm vorbeigehuscht und gleich darauf ein zweiter.
Gut, dass sie sich keinen Hund angeschafft hatten. Das wäre ins Auge gegangen.
Er wusste eigentlich überhaupt nicht, was ihn hierher getrieben hatte. Den Nachschlüssel hatte Caro ihm machen lassen. Sie hatte darauf bestanden, dass er ihn annahm. »Für alle Fälle«, hatte sie gesagt, ohne ihm zu erklären, was sie damit meinte.
Und nun war er hier.
Er blieb in der Küche stehen und ließ die Stimmung des Raums auf sich wirken, wie er das schon einmal getan hatte. Schwaches Licht von der Straßenbeleuchtung draußen erhellte das Zimmer so weit, dass er Umrisse erkennen konnte.
Was tat er hier? Das war Wahnsinn!
Geräuschlos durchquerte er die Diele und öffnete vorsichtig die Tür zu Caros Zimmer.
Anscheinend hatten sie alles gelassen, wie es war.
Er setzte sich auf das Bett und fuhr mit der Hand über das Laken.
Vielleicht war er gekommen, um Abschied zu nehmen. Endgültig.
Es war ihm noch nie so schwer gefallen.
Kapitel 16
Sie hatten den Schlosser wieder weggeschickt! Unverrichteter Dinge. Sie bräuchten kein neues Türschloss, hatten sie ihm gesagt. Es müsse sich um einen Irrtum handeln. Der Schlosser hatte es Imke lapidar mitgeteilt. Solange er die Anfahrt bezahlt bekam, regte er sich nicht auf.
Imke war fassungslos. So dumm konnten die beiden doch nicht sein, dass sie die Gefahr nicht erkannten. Oder forderten sie den Mörder etwa heraus? Wollten sie, dass er in die Wohnung
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