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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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unverwundbar machte. Meine Goldmarie, dachte Imke. Doch dann fiel ihr ein, dass auch Caro verliebt gewesen war. Dass die Liebe sie nicht geschützt, sondern vielleicht sogar getötet hatte.
    Es war nicht der junge Kameramann. Es war ein anderer. Jette wusste, wie sie sagte, noch nicht viel über ihn. Sie standen am Anfang. Alles war möglich, es gab keine Einschränkungen, nichts, was ihren Flug bremste.
    Er war keiner dieser Jungen, mit denen Jette bisher befreundet gewesen war, das irritierte Imke. Er war etwa zehn Jahre älter. Ein Mann. Dabei war Jette doch erst gestern noch ein Kind gewesen!
    Imke hatte im Zusammenleben mit ihrer Tochter vor allem eines gelernt: Wer versuchte, sie von irgendetwas abzubringen, erreichte ziemlich sicher das Gegenteil. Also hörte sie zu und hielt sich zurück.
    »Aber sei vorsichtig«, sagte sie, als sie nach zwei Stunden aufstand, um wieder zu gehen. »Gerade jetzt darfst du niemandem blind vertrauen, versprichst du mir das?«
    Jette nickte. Doch ihr Nicken hatte keinerlei Bedeutung. Ihr Lächeln erzählte die uralte Geschichte: girl meets boy. Jette hatte sich in diesen Mann verliebt und nichts würde ihre Gefühle aufhalten.
     
    »Mama, ich habe mich verliebt.«
    »Georg! Junge! Wo bist du?«
    Dass sie nie zuhören konnte!
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe, Mama?«
    Sie fing an zu weinen. Er hasste es, wenn sie weinte. Er war nicht bereit, in irgendeiner Form die Verantwortung für sie zu übernehmen. Bin ich der Hüter meiner Mutter?, dachte er.
    Die Groߟmutter hatte ihn gezwungen, die ganze verdammte Bibel auswendig zu lernen. Jetzt fiel ihm zu jeder Gelegenheit das passende Zitat ein. Und er liebte es, mit den Zitaten zu spielen, sie zu verfremden, aus später Rachsucht vielleicht.
    »Hörst du mir überhaupt zu, Mama? Ich habe mich verliebt.«
    Als wäre es von Bedeutung, ob sie ihm zuhörte oder nicht. Das hatte sie nie getan, nicht ein einziges Mal in seiner gesamten Kindheit, und die war teuflisch lang gewesen.
    »Wie oft du mir das erzählst, Georg.«
    Er konnte ihn nicht ausstehen, diesen wehleidigen Tonfall. Glaubte sie denn immer noch, es hätte einen Sinn, an sein Mitleid zu appellieren? Und diese ewigen Vorwürfe. Wie konnte sie es wagen, ihn immer und immer wieder zu kritisieren!
    »Georg? Georg! Sprich mit mir!«
    Er hängte ein und verstaute die Telefonkarte in seiner Brieftasche. Vor der Telefonzelle stand ein junges Mädchen und rauchte. Er sollte sich ein Handy zulegen. Das war praktisch. Und anonym. Niemand würde ihn mehr beim Telefonieren belauschen.
    Drauߟen versuchte er, seine Erregung in den Griff zu kriegen. Gespräche mit seiner Mutter wühlten ihn jedes Mal auf. Er hatte mit ihr noch nicht abgeschlossen, das war der Grund. Ein sauberer Strich unter diesen Teil seines Lebens, und er wäre frei.
    Während er durch den Ort spazierte, in dem er noch nie gewesen war, genoss er die Fremdheit der Häuser und der Menschen auf der Straߟe. Sie gab ihm ein Gefühl der Sicherheit.
    Er dachte an Caro und spürte erstaunt, dass kein Schmerz mit diesem Gedanken verbunden war. Sie war in den Hintergrund getreten. Zu einer Erinnerung geworden, die von Woche zu Woche, von Monat zu Monat mehr verblassen würde. So ähnlich war es immer gewesen.
    Obwohl er Caro wirklich geliebt hatte.
    Er lief kreuz und quer durch den schönen Ort mit den Bruchsteinhäusern, erkundete einen Park mit hohen alten Bäumen, studierte die Inschriften auf den schiefen Grabsteinen eines kleinen Friedhofs. Bis ihm die Füߟe wehtaten und er sich in ein Straߟencaffee setzte und sich einen Espresso bestellte.
    Er genoss diesen halben Tag, den er sich verordnet hatte, um sich zu erholen, sich einfach treiben zu lassen. Dann und wann brauchte er das. Die Schufterei machte einem früh genug die Knochen kaputt.
    Mädchen schlenderten vorbei, junge Frauen. Der Sommer leuchtete ihnen aus den Augen, verzauberte ihre Bewegungen und ihr Haar. Georg betrachtete sie und freute sich an ihnen, wie man sich an einem Bild erfreut.
    Er hatte keine Lust auf sie und das nahm ihm eine Last von der Seele. Entspannt lehnte er sich zurück und setzte die Sonnenbrille auf. Durch das getönte Glas sah alles noch friedlicher aus.
    Das Leben lag vor ihm. Ein wunderbares Leben. Genau so, wie er es sich immer erträumt hatte. Ein Leben mit einer Frau an seiner Seite, die alle anderen in den Schatten stellte.
    »Jette«, flüsterte er und lieߟ den Namen zärtlich auf der Zunge zergehen.
     
    Merle

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