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Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Westen. Und er machte sie dunkel. Und sie leben hier. Alle diese Leute hier - sie sind diejenigen, die sich einst für den Vedurnan entschieden. Sie leben, und sie können ihre verfluchten Zaubereien machen, aber sie können nicht sterben. Nur ihre Körper sterben. Der Rest von ihnen bleibt an einem dunklen Ort und wird nimmer wiedergeboren. Und sie sehen aus wie Vögel. Aber sie können nicht fliegen.«
    »Ja«, sagte Tenar leise.
    »Habt Ihr davon denn auf Atuan nichts erfahren?«
    »Nein«, sagte Tenar.
    Sie rief sich die Geschichte in Erinnerung, die das Weib von Kemay Ogion erzählt hatte: Zum Anbeginn der Zeit waren die Menschen und die Drachen eins gewesen, aber die Drachen hatten sich für Freiheit und Zügellosigkeit entschieden, während die Menschen sich für Wohlstand und Macht entschieden hatten. Eine Wahl, eine Trennung. War es die gleiche Geschichte wie die, welche die Prinzessin ihr da gerade erzählt hatte?
    Aber das Bild in Tenars Herz war das von Ged, wie er in einem steinernen Raum kauerte, mit einem kleinen, schwarzen, schnabelbewehrten Kopf ...
    »Der Vedurnan ist doch nicht etwa dieser Ring, von dem sie ständig geredet haben, dass ich ihn tragen soll?«
    Tenar versuchte, ihre Gedanken von dem Bemalten Raum und von ihrem nächtlichen Traum loszureißen und auf Seserakhs Frage zu richten.
    »Ring?«
    »Der Ring des Urthakby.«
    »Erreth-Akbe. Nein. Das ist der Ring des Friedens. Und den werdet Ihr nur tragen, wenn Ihr König Lebannens Königin werdet. Und das zu werden wäre ein großes Glück für Euch.«
    Seserakhs Gesichtsausdruck war neugierig. Er war nicht mürrisch oder zynisch. Er war hoffnungslos, halb komisch, geduldig, der Gesichtsausdruck einer Jahrzehnte älteren Frau. »Es liegt kein Glück darin, liebe Freundin Tenar«, sagte sie. »Ich muss ihn heiraten. Und so werde ich denn eine Verlorene werden.«
    »Warum, glaubt Ihr, seid Ihr verloren, wenn Ihr ihn heiratet?«
    »Wenn ich ihn heirate, muss ich ihm meinen Namen geben. Wenn er meinen Namen ausspricht, stiehlt er mir meine Seele. Das ist's, was die Verfluchten-Zauberer machen. Deshalb verbergen sie immer ihren Namen. Aber wenn er mir meine Seele stiehlt, kann ich nicht sterben. Ich werde für immer ohne meinen Körper leben müssen, wie ein Vogel, der nicht fliegen kann, und werde niemals wiedergeboren werden.«
    »Deshalb habt Ihr Euren Namen verhehlt?«
    »Euch habe ich ihn genannt, meine Freundin.«
    »Ich weiß dieses Geschenk zu schätzen, meine Freundin«, sagte Tenar mit Nachdruck. »Aber Ihr könnt hier jedem Euren Namen nennen, jedem, dem Ihr ihn nennen wollt. Sie können Euch damit nicht Eure Seele stehlen. Glaubt mir, Seserakh. Und Ihr könnt ihm vertrauen. Er tut Euch ... er wird Euch nichts Böses tun.«
    Ihr kurzes Stocken war der Prinzessin nicht entgangen. »Aber er wünschte, er könnte es«, sagte sie. »Tenar, meine Freundin, ich weiß, was ich hier bin. In der großen Stadt Awabath, wo mein Vater ist, war ich ein dummes, ungebildetes Wüstenweib. Eine Feyagat. Die Stadtfrauen kicherten und stießen sich an, wenn sie mich sahen, die nacktgesichtigen Huren. Und hier ist es noch schlimmer. Ich kann niemanden verstehen, und sie können mich nicht verstehen, und alles, alles ist anders hier! Ich weiß nicht einmal, was es ist, das mir da zum Essen vorgesetzt wird. Es ist Zaubererkost, es macht mich schwindeln. Ich weiß nicht, was tabu ist, es gibt keine Priester, die ich fragen könnte, nur Zauberer-Frauen, allesamt schwarz und nacktgesichtig. Und ich sah, wie er mich anschaute. Man kann nämlich sehr wohl durch den Feyag hindurchsehen, müsst Ihr wissen! Ich sah sein Antlitz. Er ist sehr schön, er sieht wie ein Krieger aus, aber er ist ein schwarzer Zauberer, und er hasst mich. Sagt nicht, dass er das nicht tut; ich weiß, dass es so ist. Und ich glaube, wenn er meinen Namen erfährt, wird er meine Seele für immer zu jenem Ort schicken.«
    Nach einer Weile, während der sie traurig auf die Zweige der Weiden gestarrt hatte, die über dem sanft dahinfließenden Wasser hingen, sagte Tenar müde: »Dann müsst Ihr halt lernen, Prinzessin, ihn Euch gewogen zu machen. Was könntet Ihr sonst tun?«
    Seserakh zuckte trübsinnig mit den Schultern.
    »Es würde helfen, wenn Ihr verstündet, was er gesagt hat.«
    »Bagabba-bagabba. Sie klingen alle so, alle gleich.«
    »Und wir klingen in ihren Ohren genauso. Kommt, Prinzessin, wie kann er Euch schlechterdings mögen, wenn das Einzige, was Ihr zu ihm sagen könnt,

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