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Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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eigene Vermutung indes ging eher dahin, dass er die Prinzessin nicht unter seinem eigenen Dach hatte haben wollen und schlicht das einzige andere Haus, das für sie in Frage kam, bestimmt hatte; aber vielleicht hatten die Hofdamen ja doch Recht.
    Wachsoldaten in ihren prachtvollen Rüstungen erkannten sie und ließen sie passieren, Lakaien kündigten sie an und gingen mit ihrem jugendlichen Bediensteten fort, um Nüsse zu knacken und zu klatschen, was der Hauptzeitvertreib von Lakaien zu sein schien; und Hofdamen kamen, sie zu begrüßen, dankbar für jedes neue Gesicht und voller atemloser Neugier auf weitere Einzelheiten über die Expedition des Königs wider die Drachen. Nachdem sie das Geschnatter geduldig über sich hatte ergehen lassen, wurde sie endlich zu den Gemächern der Prinzessin vorgelassen.
    Bei ihren beiden vorausgegangenen Besuchen hatte man sie erst eine Weile im Vorzimmer warten lassen, bevor die verschleierten Damen sie in ein inneres Gemach geleitet hatten, den einzigen dunklen Raum in dem ganzen hellen Haus. Dort hatte die Prinzessin sie erwartet, auf dem Haupt ihren breitkrempigen Hut, umhüllt von ihrem bis zum Boden reichenden roten Schleier. Man hätte glauben können, sie sei dort auf immer verhaftet, gleichsam fest eingebaut, in der Tat so, als wäre sie ein aus Ziegeln gemauerter Schornstein, wie Lady Iyesa es so treffend formuliert hatte.
    Diesmal war es anders. Sobald sie das Vorzimmer betrat, erhob sich drinnen ein Gekreische, begleitet vom Fußgetrappel mehrerer in alle Richtungen davonstiebender Personen. Gleich darauf kam die Prinzessin zur Tür hereingeplatzt und flog Tenar mit einem wilden Schrei an den Hals. Tenar war zierlich, und die Prinzessin, eine hoch aufgeschossene, kräftige junge Frau voller brodelnden Gefühlsüberschwanges, rannte sie geradewegs über den Haufen, bewahrte sie jedoch im letzten Moment mit starken Armen vor dem Fall. »Ach, Lady Arha«, schrie sie, »rettet mich, rettet mich!«
    »Prinzessin! Was ist geschehen?«
    Die Prinzessin war in Tränen aufgelöst, ob solchen des Entsetzens oder der Erleichterung oder gar beider Gefühle gleichermaßen, vermochte Tenar nicht zu bestimmen. Das Einzige, was sie aus ihrem Wehklagen und Gezeter heraushören konnte, waren die Wörter »Drache« und »Opfer«.
    »Es gibt keine Drachen auf Havnor«, sagte sie streng, sich aus der Umarmung der Prinzessin lösend, »und niemand wird geopfert. Was soll das alles? Was hat man Euch erzählt?«
    »Die Frauen haben erzählt, die Drachen kämen, und sie würden eine Königstochter opfern und keine Ziege, weil sie Zauberer seien, und ich fürchte mich so.« Die Prinzessin wischte sich übers Gesicht, ballte die Fäuste und versuchte die Panik zu bezähmen, in die sie sich hineingesteigert hatte. Es war echte, unbändige Angst, und Tenar empfand Mitleid mit ihr, das sie freilich nicht zeigte. Das Mädchen musste lernen, Würde und Fassung zu bewahren.
    »Eure Weiber sind unwissend und können nicht genug Hardisch, um zu verstehen, was die Leute ihnen sagen. Und Ihr könnt überhaupt kein Hardisch. Wenn Ihr's könntet, wüsstet Ihr, dass Ihr nichts zu befürchten habt. Seht Ihr die Leute hier im Hause etwa weinend und schreiend umherrennen?«
    Die Prinzessin starrte sie an. Sie trug heute weder Hut noch Schleier und nur ein leichtes Frauenhemd, denn es war ein heißer Tag. Es war das erste Mal, dass Tenar sie nicht als eine vage Gestalt hinter einer Fülle roten Stoffs wahrnahm. Und wiewohl die Augen der Prinzessin vom Weinen geschwollen waren und ihr Gesicht gerötet, sah sie prachtvoll aus: braunes Haupthaar, braune Augen, runde Arme, volle Brüste und eine schlanke Taille, kurz, ein Weib voller Saft und Kraft, auf dem Höhepunkt seiner ersten, frisch erblühten Schönheit.
    »Aber von diesen Leuten wird ja auch niemand geopfert«, erwiderte sie schließlich.
    »Keiner wird geopfert.«
    »Und warum kommen dann die Drachen?«
    Tenar holte tief Luft. »Prinzessin«, sagte sie, »es gibt da viele Dinge, über die wir sprechen müssen. Wenn Ihr mich als Eure Freundin betrachten wollt...«
    »Das tue ich«, sagte die Prinzessin. Sie trat einen Schritt vor und packte Tenars rechten Arm. »Ihr seid meine Freundin. Ich habe keine andere Freundin. Ich werde mein Blut für Euch vergießen.«
    So lächerlich es klang, Tenar wusste, dass sie es ernst meinte.
    Sie erwiderte den Griff des Mädchens so gut sie konnte und sagte: »Ihr seid meine Freundin. Sagt mir Euren Namen.«
    Die Prinzessin

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