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Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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angerudert oder herbeigelaufen und standen und starrten, während sie ihm zuhörten. Er erzählte alles, genau wie es sich zugetragen hatte, und ein Mann meinte: »Aber wer kann uns denn bezeugen, daß dieses Wunder wirklich geschehen ist, daß Drachen wirklich getötet und ihre Pläne vereitelt wurden? Was tun wir, wenn …?«
    »Sei still!« befahl ihm der Stadtälteste barsch, denn er und die meisten Leute dort wußten, daß ein Zauberer zwar auf listige Art wahr sprechen und doch die Wahrheit für sich behalten kann. Wenn aber ein Zauberer etwas behauptet, so ist es immer wahr. Zauberer besitzen diese Fertigkeit. Die Leute standen und staunten, und allmählich begriffen sie, daß sie nichts mehr zu fürchten hatten, und eine große Freude erfüllte sie. Sie umringten ihren jungen Zauberer und wollten alles noch einmal hören. Immer mehr Inselleute kamen herbeigelaufen, und Ged mußte alles noch einmal wiederholen. Aber als es Abend wurde, mußte er seine Geschichte nicht mehr erzählen. Sie konnten das jetzt viel besser als er. Der alte Liedermacher sang bereits das Sperberlied zu einer altbekannten Melodie. Freudenfeuer erhellten die Nacht, nicht nur in Untertorning, sondern auch in den Städten östlich und südlich davon. Fischer riefen sich die Neuigkeit von Boot zu Boot zu, und von Insel zu Insel hörte man es schallen: Kein Unheil droht mehr, nie wieder werden die Drachen von Pendor kommen!
    Während dieser Nacht, dieser einzigen Nacht, war Ged glücklich. Kein Schatten würde es heute wagen, sich ihm zu nähern durch das Licht der hellen Dankesfeuer, die auf jedem Hügel und am Strand unten brannten, durch den Kreis der frohen und glücklichen Tänzer, die ihn umringten und sein Lob sangen und ihre Fackeln in der windigen Herbstnacht hin- und herschwangen, bis die Funken bündelweise aufstoben und vom Wind erfaßt kurz aufglühten.
    Am nächsten Tag traf er Peckvarry, der sagte: »Ich wußte nicht, mein Herr, daß Sie solch große Macht haben.« Furcht lag in diesen Worten, daß er, Peckvarry, es gewagt hatte, sich mit Ged zu befreunden, aber auch ein leiser Vorwurf war darin enthalten. Ged, der Drachen töten konnte, hatte nicht vermocht, ein kleines Kind vor dem Tod zu bewahren. Nach diesem Zusammentreffen fühlte Ged wieder das Unbehagen und die Ungeduld, die ihn nach Pendor getrieben hatten und die ihn jetzt von Untertorning wegdrängten. Am nächsten Morgen verließ er sein Haus auf dem Hügel, obwohl man ihn in Untertorning gern bis an sein Lebensende behalten hätte, um ihn zu loben und zu preisen, aber auch, um ein bißchen mit ihm zu prahlen. Sein Gepäck bestand nur aus seinen Büchern, seinem Stab und dem Otak, der auf seiner Schulter ritt.
    Einige junge Fischer von Untertorning rechneten es sich als Ehre an, seine Ruderer zu sein. Wo immer sie sich befanden, in den engen Kanälen im Osten der Neunzig Inseln, unter den Fenstern und Balkonen der Häuser, die über den Wasserstraßen fast zusammenstießen, entlang den Lagerhallen von Neschun, den stinkenden Ölschuppen von Gehath oder den regennassen Weiden von Dromgau, die Kunde seiner Tat eilte ihm voraus. Man pfiff das Sperberlied, als er vorbeikam, und man riß sich darum, ihn als Gast über Nacht zu behalten, damit er allen seine Drachengeschichte erzähle. Aber schließlich gelangten sie doch nach Serd, und Ged bat einen Kapitän dort, ihn nach Rok mitzunehmen. Der verbeugte sich vor ihm und antwortete: »Es ist mir ein Vergnügen, mein Herr Zauberer, Sie mitzunehmen, und meinem Schiff widerfährt eine große Ehre!«
    So geschah es, daß Ged den Neunzig Inseln den Rücken kehrte, aber bereits im Hafen von Serd, nachdem sie den Anker gelichtet und Segel gesetzt hatten, kam ein scharfer Ostwind auf und griff in die Takelung des Schiffes. Man war überrascht, denn der winterliche Himmel war klar, und die Wettervorhersage hatte auf ›mäßig warm mit leichtem Wind‹ gelautet. Man störte sich nicht weiter daran, denn die Strecke zwischen Serd und Rock betrug nur etwa dreißig Meilen. Auch als der Wind an Stärke zunahm, wurde die Fahrt nicht unterbrochen. Wie die meisten Schiffe im Innenmeer, so hatte auch dieses kleine Schiff ein Toppsegel, das den Gegenwind auffangen konnte, und sein Kapitän war ein erfahrener Seemann, stolz auf sein Können im Segeln. Man kreuzte hart am Wind und bewegte sich langsam, aber stetig in östlicher Richtung vorwärts. Bald fing es an zu regnen, und dunkle Wolken bedeckten den Himmel. Der Wind blies von der

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