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Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Schatten in menschlicher Gestalt.
    Als die Sonne untergegangen war, kehrte er zum Schiff zurück, und selbst dort, im roten Abendlicht und in der frischen abendlichen Brise, schien die Welt trübe und von dumpfer Lautlosigkeit zu sein.
    »Wohin gehen Sie, Herr Zauberer?«
    Die Worte wurden plötzlich von hinten an ihn gerichtet. Ged drehte sich um und sah einen graugekleideten Mann vor sich stehen, der einen Stab trug, aber es war kein Zauberstab. Das Gesicht des Fremden war gegen das rote Abendlicht von einer Kapuze bedeckt, aber Ged spürte, wie er in die unsichtbaren Augen des Fremden blickte. Er trat einen Schritt zurück und hob seinen Stab zwischen sich und dem Fremden hoch.
    Der Mann fragte gütig: »Wovor fürchten Sie sich?«
    »Vor dem, das mich verfolgt.«
    »O ja? Aber ich bin nicht Ihr Schatten.«
    Ged gab keine Antwort. Er wußte, daß dieser Mann bestimmt nicht das war, was er fürchtete. Er war weder ein Schatten noch ein Geist, noch ein Gebbethgeschöpf. Inmitten dieser Welt, die Ged lautlos und trübe umgab, hatte dieser Mann seine Stimme behalten, auch seine Gestalt schien feste Umrisse zu haben. Nun schlug er seine Kapuze zurück. Sein Haupt war seltsam kahl und zerfurcht, und sein Gesicht trug verwitterte Züge. Obgleich seine Stimme nicht alt geklungen hatte, sah er aus wie ein alter Mann.
    »Ich kenne Sie nicht«, sprach der Mann in Grau, »doch vielleicht ist es kein Zufall, der uns zusammenführt. Ich hörte einst vom Schicksal eines jungen Mannes mit vernarbtem Gesicht, der durch die Dunkelheit gehen mußte, um ein großes Reich zu gewinnen, hoch ist er gestiegen. Ob es Ihre Geschichte ist, das weiß ich nicht. Aber das will ich Ihnen sagen: Gehen Sie an den Hof von Terrenon, wenn Sie ein Schwert brauchen, mit dem Sie gegen Schatten kämpfen können. Ein Stab aus Eibenholz wird Ihnen wenig nützen.«
    Hoffnung und Mißtrauen kämpften in Geds Seele, als er den Worten lauschte. Ein Zauberer lernt bald, daß er nur selten Leute aus Zufall trifft. Ein gutes oder böses Geschick hat meist die Hand im Spiel dabei.
    »In welchem Land befindet sich der Hof von Terrenon?«
    »In Osskil.«
    Beim Klang dieses Namens sah Ged einen kurzen Augenblick lang vor seines Geistes Auge einen schwarzen Raben auf grünem Rasen hocken, der ihn aus blanken Augen von der Seite her ansah und zu ihm sprach. Die Worte jedoch konnte er nicht hören.
    »Dies Land hat einen unheilvollen Namen«, sagte Ged, und während er den Mann unverwandt im Auge behielt, versuchte er ihn abzuschätzen. Es umgab ihn etwas, das auf einen Zauberer, selbst auf einen stabtragenden Zauberer, schließen ließ. Er sprach mit sicherer, fester Stimme, und doch lag etwas Gedrücktes, Unbestimmtes in seinem Wesen, fast wie ein Kranker sah er aus, wie ein Gefangener oder Sklave.
    »Sie sind von Rok«, antwortete er. »Die Zauberer dort nennen alle Zaubereien unheilvoll, die nicht von ihnen kommen.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ein Reisender, ein Handelsvertreter aus Osskil. Ich bin geschäftlich hier«, sagte der Mann in Grau. Als Ged keine weiteren Fragen an ihn richtete, wünschte er ihm freundlich eine gute Nacht und stieg die Stufen der engen Gasse oberhalb der Piers hinauf.
    Ged wandte sich um, unentschlossen, ob er dem Ratschlag folgen solle oder nicht. Er blickte nach Norden. Das rote Licht auf den Bergen und über der windigen See war erloschen. Graue Dämmerung hüllte alles ein, und die Nacht folgte ihr auf den Fersen.
    Plötzlich entschlossen, lief Ged am Ufer entlang zu einem Fischer, der in seinem kleinen Boot stehend Netze zusammenlegte, und rief ihm zu: »Wissen Sie, ob hier im Hafen ein Schiff liegt, das nach Norden fährt – nach Semel oder in die Enladen?«
    »Das Langschiff dort drüben ist aus Osskil, vielleicht hält es irgendwo in den Enladen an.«
    Ged eilte weiter. Er rannte auf das Schiff zu, auf das der Fischer gezeigt hatte. Es war ein Langschiff mit sechzig Rudern und lang wie eine Schlange auf dem Wasser. Der hohe Bug war mit Schnitzereien und eingelegten Lotosmuscheln verziert; die Ruderluken waren rot gestrichen, und auf jeder war die Rune Sifl schwarz eingeritzt. Gefährlich und schnell sah es aus, abfahrbereit lag es am Kai, und die Mannschaft war schon an Bord. Ged suchte den Kapitän auf und fragte ihn, ob er nach Osskil mitfahren könne.
    »Haben Sie Geld?«
    »Ich bin im Wind- und Wettermachen bewandert.«
    »Ich bin selbst Wettermacher. Haben Sie nichts? Kein Geld?«
    Die Inselleute von Untertorning zahlten Ged, so

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