Der Erl�ser
I’ll freeze to death . «
Es hörte sich an wie eine Phrase, die er in einem Werbekurs aufgeschnappt hatte, eine kurze und wirksam vorgebrachte Botschaft, kombiniert mit seinem eigenen Namen, was dem Ganzen einenwirkungsvollen emotionalen Touch verlieh. Die Bitte wurde begleitet von einem breiten Lächeln.
Er schüttelte den Kopf und wollte gehen, doch der Bettler stellte sich ihm mit seinem Pappbecher in den Weg:
» Mister ? Waren Sie jemals gezwungen, draußen zu schlafen und derart zu frieren, dass Sie die ganze Nacht über geheult haben?«
» Yes, actually, I have. « Einen wilden Moment lang hatte er Lust, ihm zu erzählen, dass er einmal vier Tage lang in einem überschwemmten Unterschlupf ausgeharrt und auf einen serbischen Panzer gewartet hatte.
»Dann wissen Sie, wovon ich rede, Mister .«
Er nickte langsam als Antwort. Schob die Hand in die Tasche, nahm einen Schein heraus und reichte ihn Kristoffer, ohne darauf zu achten, wie viel es war. »Sie werden so oder so draußen schlafen, oder?«
Kristoffer beeilte sich, den Schein einzustecken, ehe er nickte und sich lächelnd entschuldigte: »Ich muss meiner Medizin wohl Priorität einräumen, Mister .«
»Und wo schlafen Sie dann?«
»Da unten.« Der Junkie streckte den Arm aus, und er folgte mit den Augen dem langen, schlanken Zeigefinger mit dem gepflegten Nagel. » Im Containerhafen. Im Sommer wollen sie da mit dem Bau der Oper anfangen.« Kristoffer lächelte wieder breit. »Und ich liebe die Oper.«
»Ist das nicht ein bisschen kalt da?«
»Heute Nacht wird es vielleicht die Heilsarmee. Im Obdachlosenheim gibt es immer einen Platz.«
»Wirklich?« Er musterte den Jungen. Er sah gepflegt aus, und seine ebenmäßigen Zähne leuchteten bei jedem Lächeln. Trotzdem roch er das Verderben. Und wenn er lauschte, glaubte er das Geräusch von tausend schmatzenden Kiefern zu hören, von Fleisch, das von innen her aufgefressen wurde.
KAPITEL 11
Donnerstag, 17. Dezember. Der Kroate
H alvorsen saß geduldig am Steuer und wartete hinter einem Wagen mit Bergener Kennzeichen, der vor ihnen mit durchdrehenden Reifen und durchgetretenem Gaspedal über das Eis schlidderte. Harry telefonierte mit Beate.
»Was meinst du?«, rief Harry in das Handy, um den Lärm des Bergeners zu übertönen.
»Dass es nicht so aussieht, als ob es auf beiden Bildern die gleiche Person wäre«, wiederholte Beate.
»Sie tragen die gleiche Mütze, die gleiche Regenjacke und das gleiche Halstuch. Das muss doch die gleiche Person sein, oder?« Sie antwortete nicht.
»Beate?«
»Die Gesichter sind undeutlich. Das Ganze ist ein bisschen merkwürdig, ich weiß auch nicht. Vielleicht ist es auch bloß das Licht.«
»Hm. Du glaubst also, wir sind auf einer falschen Fährte?«
»Ich weiß nicht. Seine Position unmittelbar vor Karlsen stimmt mit den Fakten überein, die wir am Tatort vorgefunden haben. Was macht denn da so einen Lärm?«
»Bambi auf dem Eis. Ich melde mich wieder.«
»Warte!«
Harry wartete.
»Noch eine Sache«, sagte Beate. »Ich habe mir auch die anderen Bilder angesehen, die vom Tag davor.«
»Ja? «
»Ich finde keine Gesichter, die denen vom anderen Tag gleichen. Aber es gibt da ein kleines Detail. Da ist so ein Mann in einem gelblichen Mantel, vielleicht Kamelhaar. Er trägt einen Schal «»Hm. Du meinst ein Halstuch?«
»Nein, es sieht eher aus wie ein ganz gewöhnlicher Wollschal. Aber der ist genauso geknotet wie das Halstuch bei dem anderen. Das rechte Ende ragt aus dem Knoten empor. Ist dir das aufgefallen?«
»Nein.«
»Ich habe noch niemand gesehen, der seinen Schal so knotet«, sagte Beate.
»Mail mir die Bilder, ich sehe sie mir mal an. «
Sowie Harry wieder in sein Büro kam, druckte er gleich als Erstes die Bilder von Beate aus.
Als er den Raum mit den Druckern betrat, stand Gunnar Hagen bereits dort.
Harry nickte ihm zu, und die zwei Männer blieben schweigend stehen und starrten auf die graue Maschine, die ein Blatt nach dem anderen ausspuckte.
»Gibt’s was Neues?«, fragte Hagen schließlich.
»Sowohl als auch«, sagte Harry.
»Die Presse setzt mich ganz schön unter Druck. Wäre gut, wenn wir denen bald etwas geben könnten.«
»Ach ja, das hätte ich fast vergessen, Chef. Ich habe ihnen den Tipp gegeben, dass wir nach diesem Mann Ausschau halten.« Harry fischte ein Blatt aus dem Stapel der gedruckten Seiten und deutete auf den Mann mit dem Halstuch.
»Sie haben was ?«, fragte Hagen.
»Ich habe der Presse
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