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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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vergesse ich. Ich muss Sie persönlich getroffen haben, verstehen Sie?«
    »Gehst du schon mal und holst das Auto?«, bat Harry Halvorsen. Als sein Kollege gegangen war, wandte Harry sich wieder dem Kommandeur zu.
    »Ich weiß nicht, aber Sie haben mir einmal geholfen«, sagte er. »Haben mich irgendwann im Winter von der Straße aufgelesen, als ich so betrunken war, dass ich mich nicht mehr zurechtfand. Der Soldat, der mich entdeckt hat, wollte zuerst die Polizei rufen, da er meinte, die sollte sich besser um mich kümmern. Aber ich konnte ihm erklären, dass ich selbst bei der Polizei arbeite und dass das meine Kündigung bedeuten würde. Also nahm er mich mit in irgend so ein Feldlager, in dem ich eine Spritze bekam und ausschlafen konnte. Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet.«
    David Eckhoff nickte. »Ich dachte mir schon so etwas, ja, ich wollte aber nichts sagen. Und was diesen Dank angeht, denke ich, das können wir erst einmal auf sich beruhen lassen. Sagen wir lieber, wir werden Ihnen zu Dank verpflichtet sein, wenn Sie Roberts Mörder finden. Gott segne Sie und Ihre Arbeit, Hole.«
    Harry nickte und trat ins Vorzimmer, wo er einen Augenblick stehen blieb und auf Eckhoffs geschlossene Tür starrte.
    »Sie sind sich ganz schön ähnlich«, sagte Harry.
    »Ach ja?«, erwiderte die tiefe Frauenstimme. »War er streng?« »Ich meine das Bild dort drinnen.«
    »Neun Jahre«, sagte Martine Eckhoff. »Nicht leicht, mich wiederzuerkennen. «
    Harry schüttelte den Kopf. »Ich hatte übrigens vor, mich noch einmal bei Ihnen zu melden. Ich wollte mit Ihnen reden.«
    »Ja?«
    Harry war bewusst, wie sich das anhören musste, und beeilte sich hinzuzufügen: »Wegen der Sache mit Per Holmen.«
    »Gibt es da noch was zu reden?« Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern, aber ihre Stimme war merklich kühler. »Sie machen Ihre Arbeit und ich meine.«
    »Mag sein. Aber ich … ja, ich wollte eigentlich nur sagen, es war nicht ganz so, wie es ausgesehen haben mag. «
    »Und wie hat es ausgesehen?«
    »Ich habe Ihnen gegenüber gesagt, dass mir die Sache mit Per Holmen nicht egal ist. Und das Ganze endete damit, dass ich auch noch das bisschen zerstört habe, was von seiner Familie übrig war. Es ist nur so, meine Arbeit bringt so etwas manchmal mit sich.«
    Sie wollte ihm etwas antworten, doch im gleichen Moment klingelte das Telefon. Sie nahm den Hörer ab und hielt ihn sich ans Ohr.
    »Vestre-Aker-Kirche «, antwortete sie. »Montag, der zwanzigste, um zwölf, ja. «
    Sie legte auf.
    »Alle wollen zur Beerdigung«, sagte sie, während sie in ein paar Papieren blätterte. »Politiker, Geistliche und Prominente. Alle wollen in der Stunde der Trauer ein Stückchen von uns. Gestern hat der Manager einer unserer neuen Sängerinnen angerufen und angeboten, dass sie auf der Beerdigung singt.«
    »Tja«, sagte Harry und fragte sich, was er als Nächstes sagen sollte. »Das ist «
    Aber da klingelte schon wieder das Telefon, so dass er es dabei bewenden ließ. Er begriff, dass die Zeit für den Abgang gekommen war, nickte und ging zur Tür.
    »Ich habe Ole für Donnerstag auf dem Egertorg eingeteilt«, hörte er hinter sich. »Ja, für Robert. Kannst du dann heute Abend mit mir den Suppenbus übernehmen?«
    Im Aufzug fluchte er leise und rieb sich mit den Händen übers Gesicht. Dann lachte er resigniert. Wie man über einen schlechten Clown lacht.
     
    *
     
    Roberts Büro wirkte an diesem Tag noch kleiner, wenn das überhaupt möglich war. Und ebenso chaotisch. Die Fahne der Heilsarmee thronte neben den Eisblumen am Fenster, und das Taschenmesser steckte neben einem Stapel Papiere und ungeöffneter Briefe in der Schreibtischplatte. Jon saß am Schreibtisch und ließ seinen Blick über die Wände gleiten. Er blieb an einem Foto von Robert und sich selbst hängen. Wann war das aufgenommen worden? Es war auf dem Østgård, das war klar, aber in welchem Sommer? Robert sah aus, als versuchte er, ernst zu bleiben, aber er musste doch grinsen. Jons eigenes Lächeln sah aufgesetzt aus, gezwungen.
    Er hatte heute die Zeitungen gelesen. Das Ganze war so unwirklich, auch wenn er jetzt alle Details kannte. Als ginge es um jemand anderen und nicht um Robert.
    Die Tür ging auf. Draußen stand eine große blonde Frau in einer khakifarbenen Pilotenjacke. Ihr Mund war schmal und blutleer, die Augen hart und neutral und das Gesicht ausdruckslos. Hinter ihr stand ein rothaariger, gedrungener Typ mit Mondgesicht und der Art von

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