Der Erl�ser
lachte jetzt laut, gab aber wie üblich keinen Kommentar ab.
»Und ihr zwei solltet euch lieber um Bankräuber im Rohypnolrausch kümmern«, murmelte Skarre, der damit andeuten wollte, dass Toril Li und Ola Li, die weder verheiratet noch verschwägert waren, eigentlich dem Raubdezernat unterstanden.
»Es ist nur so, dass sich Terroristen normalerweise zu ihren Taten bekennen«, sagte Halvorsen. »Bei den vier Fällen, die wir über Europol gemeldet bekamen, hieß es jedes Mal hit and Tun, gefolgt von totaler Stille. Und die Opfer waren in der Regel in irgendetwas verwickelt. Die beiden in Zagreb waren Serben, die wegen Kriegsverbrechen angeklagt waren, dann aber freigesprochen wurden, und der in München hat am Thron des dortigen Bosses einer Menschenschmugglerbande gerüttelt. Und schließlich der in Paris, das war ein zweifach vorbestrafter Pädophiler.«
Harry Hole kam in den Raum. Er hatte eine Tasse in der Hand. Skarre, Li und Li bekamen ihren Kaffee, setzten sich jedoch nicht, sondern verließen die Teeküche. Halvorsen war schon aufgefallen, dass Harry auf einige Kollegen diesen Effekt hatte. Der Hauptkommissar setzte sich, und Halvorsen registrierte die nachdenkliche Falte auf seiner Stirn.
»Bald vierundzwanzig Stunden«, sagte Halvorsen.
»Ja«, erwiderte Harry und starrte in seine noch immer leere Tasse.
»Stimmt etwas nicht?«
Harry zögerte. »Ich weiß nicht. Hab Bjarne Møller in Bergen angerufen. Um ein paar konstruktive Vorschläge von ihm zu bekommen.«
»Und, was hat er gesagt?«
»Eigentlich nichts. Er hörte sich «, Harry suchte nach den richtigen Worten, »... einsam an. «
»Wohnt denn nicht seine ganze Familie da oben?«
»Die wollten nachkommen.«
»Ärger?«
»Weiß nicht. Ich weiß nichts.«
»Und was quält dich dann?«
»Dass er betrunken war.«
Halvorsen stieß gegen seine Tasse, so dass der Kaffee herausschwappte. »Møller? Betrunken im Dienst! Du machst Witze!« Harry antwortete nicht.
»Vielleicht ist er krank oder so«, beeilte sich Halvorsen zu sagen. »Ich weiß, wie sich ein Betrunkener anhört, Halvorsen. Ich muss nach Bergen.«
»Jetzt? Du leitest hier eine Mordermittlung, Harry. «
»An einem Tag hin und zurück. Du hältst hier inzwischen die Stellung.«
Halvorsen lächelte. »Wirst du langsam alt, Harry? «
»Alt? Wieso?«
»Alt und menschlich. Das ist das erste Mal, dass dir die Lebenden wichtiger sind als die Toten.«
Halvorsen bereute seine Worte, als er Harrys Gesichtsausdruck sah. »Das habe ich nicht so «
»Ist schon in Ordnung«, sagte Harry und stand schnell auf. » Ich möchte, dass du mir die Passagierlisten aller Fluggesellschaften beschaffst, die in den letzten Tagen Flüge von und nach Kroatien angeboten haben. Erkundige dich beim Polizeiposten des Flughafens, ob du dafür einen Beschluss vom Staatsanwalt brauchst. Sollte das so sein, kümmere dich bitte gleich darum. Und wenn du die Listen hast, bittest du Alex, die Namen für uns zu überprüfen. Sag, dass es für mich ist. «
»Und du bist dir sicher, dass er uns helfen wird?«
Harry nickte nur. »Inzwischen reden Beate und ich mal mit Jon Karlsen. «
»Ach?«
»Bis jetzt haben wir nur die Schokoladenseiten von Robert Karlsen kennengelernt. Ich glaube, es gibt auch noch andere.«
»Und warum nimmst du nicht mich mit? «
»Weil Beate im Gegensatz zu dir erkennt, wenn jemand lügt.«
*
Er holte tief Luft, ehe er die Treppe zum Restaurant Biscuit hochging.
Im Gegensatz zum Abend vorher waren um diese Zeit kaum Menschen im Lokal. Aber am Türrahmen der Gaststube lehnte der gleiche Kellner. Der mit den Giorgi-Locken und den blauen Augen.
»Hello there« , sagte der Kellner. »Ich hätte Sie fast nicht erkannt.«
Er blinzelte zweimal, überrumpelt von der Tatsache, dass sich jemand an ihn erinnerte.
»Aber ich habe Ihren Mantel wiedererkannt«, sagte der Kellner. »Sehr geschmackvoll. Ist das Kamelhaar?«
»Das hoffe ich doch«, stammelte er lächelnd.
Der Kellner legte ihm lachend die Hand auf den Arm. Er sah nicht die Spur von Angst in den Augen des Kellners und schloss daraus, dass dieser keinen Verdacht hegte. Und hoffte, daraus schließen zu können, dass die Polizei noch nicht da gewesen war und die Waffe entdeckt hatte.
»Ich will nichts essen«, sagte er. »Wenn ich nur einmal Ihre Toilette benutzen dürfte?«
»Die Toilette?«
Die blauen Augen des Kellners suchten die seinen.
»Sie sind hierhergekommen, nur um unsere Toilette zu benutzen?
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