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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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Brot, dann das Gebet. Ich schlage zwei Millionen vor.«
    »Zwei Millionen?« Mads Gilstrup rang nach Luft, »Um … um eine Verkaufsempfehlung zu geben?«
    »Natürlich nur, wenn es auch wirklich zum Verkauf kommt. No cure, no pay . «
    »Das ist trotzdem eine abartige Summe«, protestierte der Sohn.
    Sein Vater antwortete, ohne ihn anzusehen: »Das einzig Abartige hier ist die Tatsache, dass es möglich war, das Familienvermögen in einer Zeit des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs derart zu dezimieren.«
    Wie ein Fisch im Aquarium öffnete Mads Gilstrup zweimal den Mund, ohne dass ein Ton herauskam.
    »Dieser Heilsarmee-Berater wird kaum den Mumm haben, über den Preis zu verhandeln, wenn unser erstes Angebot zu niedrig ist«, sagte Albert Gilstrup. »Wir müssen ihn gleich außer Gefecht setzen. Zwei Millionen. Was meinst du, Ragnhild? «
    Ragnhild nickte langsam und heftete ihren Blick auf einen Punkt vor dem Fenster. Sie wollte ihren Ehemann, der mit gesenktem Kopf außerhalb des Lichtkegels der Leselampe saß, nicht ansehen.
     
    Jon Karlsen wartete bereits am Tisch, als sie ankam. Er sah kleiner aus, als sie ihn in Erinnerung hatte, aber das lag vielleicht daran, dass er die Uniform gegen einen Sack von Anzug ausgetauscht hatte, der vermutlich aus dem Fretex stammte. Vielleicht fühlte er sich in dem modischen Szene-Restaurant aber auch einfach nur fehl am Platze. Er stieß die Vase um, als er sich erhob, um sie zu begrüßen, doch in einer gemeinsamen Rettungsaktion gelang es ihnen,die Blumen aufzufangen. Sie lachten beide. Dann redeten sie über dies und das. Als er nach Kindern fragte, schüttelte sie bloß den Kopf.
    Ob er Kinder habe? Nein. Aber vielleicht eine ...? Nein, auch das nicht.
    Das Gespräch kam auf das Thema Heilsarmee-Immobilien, aber sie bemerkte, dass sie ohne ihre übliche Begeisterung argumentierte. Er lächelte höflich und nippte an seinem Wein. Dann korrigierte sie ihr Angebot um zehn Prozent nach oben. Jon Karlsen schüttelte lächelnd den Kopf und machte ihr ein Kompliment für die Kette, die so gut zu ihrer Haut passte.
    »Ein Geschenk von meiner Mutter«, log sie unangestrengt und dachte, dass er ihr ja eigentlich in die Augen sah. Die mit der hellblauen Iris und der reinweißen Sclera.
    Zwischen Hauptgang und Dessert eröffnete sie ihm die Aussicht auf eine persönliche Belohnung in Höhe von zwei Millionen Kronen. In die Augen schauen musste sie ihm dabei nicht, denn er starrte plötzlich ganz blass und still auf sein Weinglas.
    Schließlich fragte er leise: »War das Ihre Idee?«
    »Meine und die meines Schwiegervaters.« Sie spürte, wie kurzatmig sie war.
    »Albert Gilstrups ? «
    »Ja. Abgesehen von uns zweien und meinem Mann wird nie jemand etwas davon erfahren. Wir haben genauso viel zu verlieren wie Sie, wenn das an die Öffentlichkeit kommt.«
    »Habe ich irgendetwas gesagt oder getan?«
    »Wie bitte?«
    »Was bringt Sie und Ihren Schwiegervater auf den Gedanken, ich könnte dieses Schmiergeld annehmen?«
    Er hob seinen Blick und sah sie direkt an. Ragnhild spürte, wie sich die Röte auf ihrem Gesicht ausbreitete. Sie konnte sich nicht daran erinnern, seit der Grundschule jemals rot geworden zu sein.
    »Sollen wir auf das Dessert verzichten?« Er nahm die Serviette von seinem Schoß und legte sie neben dem Gedeck auf den Tisch.
    »Nehmen Sie sich Zeit und denken Sie nach, ehe Sie antworten, Jon«, stotterte sie. »Um Ihrer selbst willen. Das könnte die Chance für Sie sein, sich ein paar Träume zu erfüllen.«
    Ihre Worte klangen selbst in ihren Ohren falsch und hässlich. Jon signalisierte dem Kellner, dass sie die Rechnung wollten.
    »Und was für Träume sollten das sein? Der Traum, ein korrupter Diener zu sein, ein jämmerlicher Deserteur? In einem dicken Auto herumzufahren, während all das, was man als Mensch zu sein versucht, ringsum in Ruinen liegt?«
    Die Wut ließ seine Stimme zittern. »Sind das Ihre Träume, Ragnhild Gilstrup? «
    Sie war unfähig, ihm eine Antwort zu geben.
    »Vielleicht bin ich blind«, sagte er. »Denn wissen Sie was? Als ich Sie das erste Mal sah, da dachte ich, dass Sie … ja, dass Sie ein ganz anderer Mensch sind.«
    »Sie haben mich gesehen, wie ich wirklich «, flüsterte sie und spürte, wie sie das gleiche Zittern überkam, das bereits im Fahrstuhl von ihr Besitz ergriffen hatte.
    »Was?«
    Sie räusperte sich. »Sie haben mich richtig gesehen. Und jetzt habe ich Sie beleidigt. Es tut mir so leid.«
    In der Stille, die

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