Der Erl�ser
das durchrechnen und uns eine Empfehlung aussprechen«, sagte der Kommandeur, lächelte und reichteden Zettel weiter. An Jon Karlsen. Ragnhild bemerkte das Zucken in Rikard Nilsens Gesicht.
Sie schob Jon Karlsen über den Tisch eine Visitenkarte zu.
»Sollte noch etwas unklar sein, brauchen Sie mich nur anzurufen«, sagte sie und spürte seinen Blick beinahe wie eine Berührung.
»Danke für Ihren Besuch, Frau Gilstrup«, sagte Kommandeur Eckhoff und klatschte in die Hände. »Wir versprechen Ihnen, wir melden uns im Laufe von … Jon?«
»Bald!«
Der Kommandeur lächelte jovial. »Bald!«
Sie wurde von allen vieren zum Aufzug begleitet. Keiner sagte etwas, während sie auf den Fahrstuhl warteten. Als sich die Türen öffneten, beugte sie sich leicht zu Jon Karlsen hinüber und sagte leise:
»Jederzeit. Rufen Sie mich unter meiner Handynummer an. «
Sie versuchte, seinen Blick einzufangen, um noch einmal dieses Gefühl zu erleben, doch es gelang ihr nicht. Als sie allein im Aufzug nach unten fuhr, spürte Ragnhild Gilstrup ihr Blut in harten, schmerzhaften Stößen pulsieren und begann unkontrolliert zu zittern.
Es vergingen drei Tage, ehe er anrief und ihr Angebot ablehnte. Sie hätten es genau unter die Lupe genommen und seien zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht verkaufen wollten. Ragnhild diskutierte frenetisch über den Preis, sie wies auf die einseitige Exponierung der Heilsarmee auf dem Immobilienmarkt hin und darauf, dass die einzelnen Häuser nicht wirtschaftlich betrieben würden. Durch die niedrigen Abschreibungen in der Bilanz würde kaschiert, dass diese Häuser mit ihren geringen Mieten richtiggehende Verlustobjekte seien. Außerdem sollte die Heilsarmee ihre Investitionen breiter streuen.
»Danke«, antwortete er, als sie zum Ende gekommen war, »dass Sie sich so gründlich in die Sache eingearbeitet haben, Frau Gilstrup. Und als Betriebswirt bin ich mit vielem, was Sie sagen, einverstanden. Aber «
»Aber was? Die Kalkulation ist eindeutig « Sie hörte ihren eigenen, hitzigen Atem im Telefon fauchen.
»Aber es gibt noch einen menschlichen Aspekt.«
»Menschlich?«
»Die Mieter. Die Menschen. Alte Menschen, die ihr Leben lang dort gewohnt haben, pensionierte Heilsarmeesoldaten, Flüchtlinge, Menschen, die Sicherheit brauchen. An diese Menschen denke ich, wenn ich vom menschlichen Aspekt spreche. Sie werden sie vor die Tür setzen, um die Wohnungen zu sanieren und anschließend mit Gewinn zu vermieten oder zu verkaufen. Die Kalkulation ist – wie Sie schon gesagt haben – eindeutig. Das ist Ihr ökonomischer Ansatz, der alles andere überschattet und den ich akzeptieren kann. Aber können Sie auch meinen akzeptieren?«
Sie hielt den Atem an.
»Ich«, stotterte sie.
»Ich nehme Sie gerne einmal mit, damit Sie einige dieser Menschen kennenlernen können«, sagte er. »Dann werden Sie mich vielleicht besser verstehen.«
Sie schüttelte nur den Kopf.
»Ich möchte ein paar eventuelle Missverständnisse ausräumen, was unsere Intentionen angeht«, sagte sie. »Haben Sie Donnerstag gegen Abend Zeit?«
»Nein. Aber «
»Können wir uns um acht im Feinschmecker treffen?« »Was ist Feinschmecker?«
Nun musste sie doch lächeln. »Ein Restaurant im Stadtteil Frogner. Der Taxifahrer wird die Adresse sicher wissen.« »Wenn es in Frogner ist, komme ich mit dem Fahrrad.« »Gut, dann sehen wir uns dort.«
Sie rief Mads und ihren Schwiegervater zu einer Besprechung und informierte sie über den Ausgang der Sache.
»Hört sich an, als wäre dieser Berater da die Schlüsselfigur in der ganzen Sache«, stellte ihr Schwiegervater Albert Gilstrup fest. »Bekommen wir ihn auf unsere Seite, gehören die Immobilien uns.«
»Aber ich sage dir doch, es ist ihm egal, welchen Preis wir zahlen.«
»Ach nein, das glaube ich nicht«, sagte ihr Schwiegervater. »Doch!«
»Wenn es um das Geld geht, das wir an die Heilsarmee zahlen,dann vielleicht. Da mag er gerne seine moralische Fahne schwenken. Wir müssen an seine persönliche Gier appellieren.«
Ragnhild schüttelte den Kopf: »Nicht bei diesem Menschen. Der der wird darauf nicht eingehen.«
»Jeder hat seinen Preis«, sagte Albert Gilstrup mit bedauerndem Lächeln und bewegte seinen Zeigefinger wie ein Metronom vor ihren Augen hin und her. »Die Heilsarmee hat den Pietismus hinter sich gelassen, und der Pietismus war der Zugang der praktischen Menschen zur Religion. Deshalb war der Pietismus hier oben im kargen Norden so ein Erfolg: Erst das
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