Der erotische Fremde
leicht gelockt war. Ein Band aus goldenen Münzen wand sich um ihre Hüften, ein anderes um ihre Stirn. Außerdem schmückten zahllose Ketten und Reife ihren Hals und ihre Handgelenke.
Auch zwei Paar Zimbeln lagen bereit. Mariel nahm sie, hob die Arme über den Kopf und brachte sie zum Klingen.
„Oh, du weißt sogar, wie das geht!" rief Annie bewundernd.
Mariel lachte. „Ich habe eine Zeit lang Bauchtanzunterricht genommen. Es ist ein fantastisches Training."
„Ach, dann kannst du also richtig Bauchtanz?" sagte Angela und versuchte, begeistert zu klingen.
„Das ist ja toll. Ich wünschte, ich könnte das auch."
„Warum sind wir immer noch nicht am Mittelmeer, Ramiz? So groß ist Frankreich doch auch wieder nicht."
„Ich bin sicher, wir sind fast da. Vielleicht habe ich einmal die falsche Richtung genommen."
„Schon wieder?"
„Es ist schwierig hier in den Bergen."
„Wir haben uns von Cannes aus langsam vorgearbeitet, Ashraf. Nirgendwo gibt es auch nur das geringste Anzeichen, weder von ihm noch von dem Mädchen. Wir haben auch die ganze Gegend jenseits von Vienne abgesucht, aber da ist es das Gleiche. Sie sind gesehen worden, wie sie Vienne in südöstlicher Richtung am Samstagabend verlassen haben. Am Sonntagmorgen sind sie auf der Landstraße gesehen worden. Seitdem - nichts mehr."
Ashraf schwieg einen Moment lang.
„Ashraf, es gibt verdammt viele kleine Dörfer in dieser Gegend, sie können überall und nirgends sein. Irgendjemand hat etwas von einem fahrenden Zirkus gesagt. Wir werden uns danach umschauen.
Nichts ist unmöglich."
„Ja", erwiderte Ashraf, klang aber nicht sehr überzeugt. „Nun ja, macht weiter."
„Hai? - Bingo! Ein Mädchen mit grünem Haar hat gestern Nachmittag zwei Packungen mit Haarfärbemittel gekauft! Die Frau meinte, sie habe zu einer Gruppe Zigeuner gehört, die in einem bunt bemalten Bus nach Frejus unterwegs waren. Sie sagt, sie hätten in jedem kleinen Kaff angehalten, um zu betteln. Dann können sie uns ja nicht allzu weit voraus sein."
„Super", sagte Hai.
„Tut mir Leid, dass ich dich mitten in der Nacht wecke, aber du wolltest informiert werden, sobald ich etwas habe."
„Ja, natürlich."
„Also, das reicht! Ich werde Bauchtanzunterricht nehmen, sobald wir wieder zu Hause sind!"
verkündete Annie, als sie nach der dritten Vorstellung dieses Tages Pause machten. Das Publikum war sehr großzügig gewesen, und das an einem Montag.
Die Tausendundeine-Nacht-Nummer erwies sich als richtiger Kassenschlager. Die Leute waren hingerissen, wenn ihre Alltags routine von einem bunt bemalten Bus, aus dem wie durch Zauberei ein Sultan mit seinem Harem entstieg, unterbrochen wurde.
„Es liegt vor allem daran, dass Harry so toll ist als Sultan", sagte Angela immer wieder.
Und es stimmte. Harry sah nicht nur umwerfend gut aus in seinem schwarz-goldenen, orientalischen Gewand, sondern er hatte auch eine majestätische Aura, der sich niemand entziehen konnte,
„Sei fair", meldete Annie sich zu Wort. „Es liegt auch an Mariels Bauchtanz."
„Sieht ziemlich viel versprechend aus", bemerkte Brian, der am Lenkrad saß, und meinte damit die Kleinstadt, deren Zentrum sie gerade ansteuerten.
In der Mitte der nächsten Kreuzung befand sich eine kleine Grünanlage, eine Rasenfläche mit Blumenrabatten, eingerahmt von einer kleinen Ziegelmauer.
„Allerdings ist es eher eine Stadt als ein Dorf. Was meint ihr? Sollen wir es riskieren?"
Alle waren zu gut gelaunt, um jetzt vorsichtig zu sein.
„Na klar!"
„Ist doch super hier!"
Also fuhr Brian rechts heran und parkte.
Die Truppe ergoss sic h aus dem Bus und bewegte sich tanzend und Rad schlagend über die Straße zu dem kleinen Park. Harry saß in der Mitte auf einem großen Kissen, das von vier männlichen Sklaven getragen wurde, alle barfuss und bis zur Taille nackt. Er wurde in der Mitte der Rasenfläche abgesetzt und eine Wasserpfeife vor ihm aufgestellt. All die anderen um ihn herum waren nur zu seiner Unterhaltung da: die Affen, die Jongleurin, der Zauberer, die Saltospringer, die Sklaven. Und die Bauchtänzerin.
Aus dem Kassettendeck ertönte orientalische Musik, und die Mitglieder der Truppe führten nacheinander dem Sultan auf dessen hoheitsvollen Wink hin ihre Kunststücke vor, verbeugten sich danach und streckten ihm ihre Mützen und Hüte hin. Der Sultan brachte dann den Ball ins Rollen, indem er ihnen mit großmütiger Geste einen riesigen „Edelstein" zuwarf. Danach wandten sie sich an das
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