Der erpresste Erpresser
„sie haben
auch den Kfz-Schein gefälscht.“
„Ihr sagt, es sei ein echtes Taxi
gewesen?“
„Ein weißer Mercedes“, bestätigte Tim.
„Mit dem Taxi-Aufsatz auf dem Dach. Und unter dem Armaturenbrett war ein
Taxameter, ein Fahrpreisanzeiger. Das habe ich gesehen.“
„Also eine echte Mietdroschke“, sagte
Glockner. „Dann ist der Dickschädelige vermutlich ein echter Fahrer. Aber einer
mit gefälschten Schildern im Kofferraum.“
„Das heißt“, fragte Tim, „die Fahndung
wird das Taxi vernachlässigen und sich auf die beiden Typen konzentrieren?“
Glockner nickte. „Womit wir bestimmt Erfolg haben werden. Eure Beschreibung ist
sehr genau.“
Eins nach dem andern, dachte Tim
wieder. Und jetzt zu dem andern. Nämlich zu Markus.
„Uns drückt was auf die Seele“, sagte
der TKKG-Häuptling. „Dazu brauchen wir Ihren Rat.“
Glockner hörte aufmerksam zu, als Tim
erzählte: von den beiden Burschen bei Brochmann — von dessen Lüge, von dem
Zweifel, ob der Mann diesmal die Wahrheit sage.
„Fest steht nur eins“, beendete Tim den
Bericht: „Markus ist verschwunden.“
Eine steile Falte hatte sich gebildet
auf Glockners Stirn. Tim wußte: Wenn es um Kinder ging und um Tiere, stieg der
Kommissar nicht nur mit kühlem Verstand ein, sondern war auch mit seinem ganzen
Empfinden voll bei der Sache.
Er stellte Fragen. Sie betrafen Markus’
Verhältnis zu seinem Stiefvater.
Alle antworteten jetzt. Vor allem Gaby war
mancherlei aufgefallen im Verhalten des Jungen — mancherlei, was Tim, Karl und
Klößchen nicht oder nur teilweise bemerkt hatten.
„Grundsätzlich“, sagte Glockner, „kann
Brochmann diese seltsame Vereinbarung mit Markus treffen. Der Mann ist
keineswegs verpflichtet, seinen Stiefsohn als vermißt zu melden — jedenfalls
nicht bis Sonntagabend. Dann freilich muß Brochmann handeln, denn Markus ist
minderjährig. Selbstverständlich darf er nicht sich selbst überlassen bleiben.“
Klößchen sagte: „Vielleicht hat der
Stiefvater dem Markus was angetan und erzählt jetzt Märchen, um Zeit zu
gewinnen.“
Glockner stand auf. „Am besten, ich
spreche mit Brochmann.“
„Wir dürfen doch mit?“ meinte Gaby.
„Kämen wir nicht mit, sähe es ja aus, als würden wir kneifen.“
Sie gingen hinunter auf den Hof — samt
Oskar — und quetschten sich in Glockners BMW.
Minuten später fuhren sie über die
Regenbogen-Brücke, und dort blitzte eine Idee auf in Tims Kopf.
„Vielleicht können wir feststellen“,
meinte der TKKG-Häuptling, „ob Markus sich tatsächlich abgesetzt hat — oder ob
Brochmann das vortäuscht. Mir ist nämlich eingefallen: Markus hat ein
Lieblings-Spielzeug, auf das er freiwillig nicht verzichtet. Auch wenn er auf
Trebe geht — das nimmt er mit. Ist doch logisch?“
„Und das ist?“ fragte Glockner.
„Ein Tränengas-Revolver. Damit kann er
auch Platzpatronen abschießen und Signal-Munition. Ich weiß, Herr Glockner:
Eigentlich dürfte er das Ding gar nicht haben. Aber er hat’s nun mal, und wenn
er nicht damit rumfuchtelt, liegt es unter seinem Kopfkissen.“
„Könnte ein Indiz ( Hinweis )
sein“, sagte Glockner.
*
Der Volvo, der dem Teilhaber Corneli
gehörte, war verschwunden.
Aber sonst hatte sich nichts verändert.
Unwillkürlich suchte Tims Blick nach der grauen Katze, als sie alle aus Glockners
Wagen stiegen.
Auch Oskar hatte den molligen
Haus-Panther nicht vergessen und schnupperte in mindestens fünf Richtungen.
Brochmann öffnete, nachdem Glockner geklingelt hatte. Markus’ Stiefvater roch
jetzt deutlich nach Bier, und das Gesicht war noch roter.
„Mein Name ist Glockner“, stellte Gabys
Vater sich vor. „Ich bin Kriminalkommissar. Meine Tochter und ihre Freunde
haben mich informiert über Markus. Um nichts auf die lange Bank zu schieben,
Herr Brochmann, möchte ich Ihnen meine Hilfe anbieten.“
Brochmann zerrte an seinem Schlips.
Aber der hing locker — einschnüren konnte er den Hals nicht.
„Hilfe? Wozu? Ich habe mit Markus
vereinbart, daß ich ihm diese Frist lasse — bis Sonntagabend. Jungs in dem
Alter rasten manchmal aus. Wollen weg von zu Hause, erträumen sich das große
Abenteuer in der weiten Welt. Mir ging das auch so. Ich erinnere mich, daß ich
mit dem Zirkus abhauen wollte. Dem Markus fehlt die Mutter. Hilfe? Nein,
danke!“
„Hoffentlich begehen Sie keinen Fehler.
Ein Dreizehnjähriger — jetzt vermutlich unter Obdachlosen, unter
Stadtstreichern und Trinkern! Das kann gefährlich
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