Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erpresste Erpresser

Der erpresste Erpresser

Titel: Der erpresste Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
abgab.
    Klößchen kehrte zurück mit einer Tüte.
    „Vier Hamburger“, meinte er.
„Notverpflegung. Falls ihr sehr hungrig seid — aber das seid ihr ja nicht — ,
lasse ich euch mal beißen.“
    Er futterte dann, während sie fuhren,
und blieb bei Laune.
    Von Tim und Karl konnte man das nicht
behaupten. Eine Enttäuschung reihte sich an die andere.
    Wo sie auch nachforschten — kein Markus
und kein Taxifahrer mit dickem rotem Kopf ; nicht am Fluß unten, nicht bei den
Brücken, nicht am Bahnhof, nicht im Sellner-Park, auch nicht hinterm
Güter-Bahnhof — was die Stadtstreicher betraf.
    Taxi-Standplätze gab’s zuhauf in der
Stadt: Einige waren leer, anderswo warteten die Mietdroschken; und die Fahrer
schlummerten am Lenkrad, lasen Zeitung oder schwatzten mit dem Kollegen.
    Der kurzgewachsene Typ mit dem dicken
roten Kopf war nirgends. Hatte er schon Schluß gemacht für heute? Oder benutzte
er sein Taxi nur kriminell, um das Falschgeld einzutauschen?
    „Es bringt nichts“, sagte Karl. „Wir
suchen die berühmte Nadel im Heuhaufen.“
    „Fahren wir noch durch die
Moritzen-Straße“, sagte Tim. „Vor dem Grand-Hotel stehen immer ein paar Taxis.“
    Die Moritzen-Straße, auch ,goldene
Meile’ genannt, ist breit und prachtvoll. Berühmte Geschäfte locken hier Kunden
an — nicht nur aus der Stadt, nein, aus aller Welt. Ein Schaufensterbummel wird
zum Augenschmaus. Es gibt wirklich alles, was kostbar und teuer ist: Juweliere,
Galerien, Herren-Ausstatter, Wohnspezialisten, Damen-Frisöre, Mode aus Rom und
Paris, erlesene Bars und eine Disko, die erst um Mitternacht öffnet.
    Mittendrin dann das Grand-Hotel. Mit
fünf Stockwerken, erleuchtetem Portal und einem Türsteher in roter Uniform.
    Bewundernd hatte Tim ihn schon mehrfach
beobachtet.
    Ein Akrobat, dieser Mann! Nur mit zwei
Händen ausgestattet wie andere Menschen auch. Trotzdem konnte er gleichzeitig
eine Taxi-Tür öffnen, grüßend die Mütze lüften und — fast unauffällig — die
Hand ausstrecken, um Trinkgeld entgegenzunehmen.
    Als Kampfsportler, dachte Tim, wäre der
unschlagbar. Aber sein Job ist ja nichts anderes.
    Fünf Taxis parkten vor dem Portal.
    Neben dem letzten stand sein Fahrer. Er
war nur wenig größer als der Wagen und hatte einen dicken, roten Kopf.
    „Wir haben ihn“, sagte Tim.
    „Ganz hinten der?“ fragte Karl.
    Die Frage war berechtigt, denn noch ein
anderer Fahrer — der des dritten Wagens in der Reihe — stand im Freien.
    „Der!“ nickte Tim.
    Gespannt sah er zum Nummernschild,
während sie langsam näherrückten.
    ...DR 444...
    Wahrscheinlich das echte Kennzeichen.
    „Tim!“ zischelte Klößchen, der ein paar
Radlängen zurücklag. „Heh, Tim! Guck doch mal! Da ist er!“
    „Donnerwetter!“ meinte der
TKKG-Häuptling. „Ich hätte ihn fast übersehen.“

11. Irgendwo im Verlies
     
    Die Türangel knarrte. Ein Lufthauch
strich durch das Kellergewölbe.
    Markus lag auf dem Feldbett — unter
Decken, die modrig rochen. Feucht die Wände. In einer der Ecken oben hatte eine
fette Spinne ihr Netz gewoben. Ein winziges Fenster, vergittert. Die schwere
Tür, die den Kerker verschloß, war nicht zu überwinden.
    Markus richtete sich auf.
    Sein blondes Haar war ungekämmt, in den
hellen Augen stand keine Angst, nur Zorn.
    Markus war etwas klein für sein Alter —
drei Zentimeter unter dem Durchschnitt — , aber kräftig. Er trug Jeans,
Leinenschuhe und Ringelsocken, deren rechter ausgeleiert war und ständig
rutschte. Das verschwitzte T-Shirt roch nicht gerade frisch — ebensowenig wie
der Pullover.
    Im schwachen Licht stand die Gestalt an
der Tür, der Kidnapper.
    Er trug eine Kutte, dunkelbraun, fast
schwarz, bodenlang. Darunter eine füllige Figur. Unter der Kapuze, die den Kopf
bedeckte, hatte der Verbrecher sich mit einer sackartigen Maske unkenntlich
gemacht. Nur Sehschlitze. Die Hände steckten in derben Handschuhen, wie
Hobby-Gärtner sie tragen, wenn sie im Boden herum wühlen, per Hand mit
Kuhfladen düngen oder Pferdemist unter die Humuserde kneten.
    Markus starrte in die Sehschlitze.
    Was für Augen waren dahinter? Blaue,
braune, graue?
    Auch die Stimme! Diese Stimme! Sie
klang, als käme sie aus einem Automaten: tonlos, blechern.
    Markus wußte, was ein Kehlkopf-Mikrofon
ist. Der Kidnapper benutzte es, hatte aber zusätzlich an der Technik
herumgemurkst, was die Stimme zum Mickey-Mouse-Schrillton verfremdete.
    „Habe mit deinem Vater telefoniert“,
sagte der Verbrecher.
    „Er ist nur mein

Weitere Kostenlose Bücher