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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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des Prinzen von Savoyen für den nächsten Krieg auf dem Balkan.
    „Fangen wir an“, sagte der Prinz.

31
    In einem jener verborgenen Raumgefüge des Basars von Konstantinopel befand sich in Gestalt eines weißhaarigen Mannes die gesammelte Macht des Osmanischen Reiches. Mensch und Raum wurden von einer dem Todeverwandten, erregenden Lautlosigkeit beherrscht. Keine Falte in Beschirs weitem Gewande verschob sich. Seine herabgesunkene Rechte hielt noch Papiere, in denen er gelesen haben mochte. Jetzt saß er mit untergeschlagenen Beinen auf dem Diwan und starrte, ohne etwas zu sehen, in die aufsteigenden duftenden Dämpfe über dem Badebecken des geöffneten Nebenzimmers. Alles kam den Freuden der Körper entgegen und legte sich zugleich wie eine schützende Mauer um den Mann, der an vieles dachte, nur nicht daran, von all diesen betörenden Verlockungen Gebrauch zu machen. Wer hier auf welche Weise immer eindrang, würde ein Liebesnest finden und keinen Treffpunkt, um eine Machtkrise beizulegen.
    Beschir wartete. Julienne war wieder in Stambul.
    Die geheimen Abschriften der Manuskripte und die Kartenpausen des Kriegsplanes hatten sie bei ihrer Rückkehr nicht gefährdet. Die waren bereits vor ihr in der Türkei gewesen, als sie, ohne dieses Mal den Bischofspalast zu betreten, bei Belgrad nachts die Grenze überschritten hatte. Ganz unauffällig war das geschehen. Als auffällig hatte sich nur der große Sonderpaß erwiesen. Doch der war ein Geheimnis der österreichischen Grenzbehörden geblieben. Auf der andern Seite hatte ein gewöhnlicher Geleitschein des türkischen Schahbenders in Wien und die Fahrerlaubnis mit der kaiserlich osmanischen Post bis Stambul genügt. Zwei griechische Nonnen, Personen und keine Per-sönlichkeiten, hatten es eilig gehabt - das war alles gewesen. Wer ihnen nachgespürt hätte, würde vielleicht noch erfahren haben, daß wegen Erkrankung der einen das Paar in Nisch die Fahrt unterbrochen habe und nicht mehr gesehen worden sei.
    Die Art, auf die Julienne zum Kriegsplan gekommen war, hatte neben ihren Vorteilen auch den Nachteil, daß der Prinz niemals gegen seine Nichte Verdacht schöpfen durfte. Der Kriegsplan wäre keiner mehr gewesen, sobald Eugen einen Verrat auch nur für möglich gehalten hätte. Doch es war dafür gesorgt worden, daß der Prinz von Zeit zu Zeit treffliche geographische Studien mit Vermessungszahlen und allem, was dazu gehörte, zur Ergänzung seiner Arbeiten erhalten würde - von Julienne natürlich -, und auf diese Weise mußte Seine Hoheit sich die Nichte weit lieber auf dem Balkan als in Wien wünschen.
    Bonneval war über den Plan entzückt gewesen. Der Alte wiederhole sich, hatte er gemeint, und würde sehr erstaunt sein, zu erfahren, daß der künftige Waffengang sich nicht als Krieg der großen Schlachten, sondern als Krieg einzelner Gefechte in isolierten oder doch leicht abzuriegelnden Bergtälern erweisen würde. Jede Abteilung hätte ihren eigenen Kriegsschauplatz, und der sei im Vorteil, der sein Heer trotzdem nach einem einheitlichen Plan für die Fülle stets wechselnder Kombinationen straff in seiner Hand behalte.
    Juliennes Ausflug nach Wien sei demnach ein Sieg geworden, dachte Beschir. Aber wer habe ihn errungen? Er etwa? Oder Julienne? Oder sie alle beide?
    Oh, Julienne!
    Als erster Laut ließ sich ein Knistern vernehmen. Es waren die Papiere, die seine Rechte zerknüllte.
    Jetzt sei Julienne zu einem Halwet, einer Kaffeegesellschaft, bei der Walide. Aber was dort vor sich gehe... Er wünschte sich nichts so sehr und nichts so vergeblich, als nicht daran denken zu müssen. Schließlich suchte er sich zu überzeugen, daß er mit der Nachricht von Juliennes Rückkehr an die Kaisermutter genug getan habe. Nein, gewarnt habe er Julienne nicht, aber auch nicht beschwatzt. Von nun an würde er eben wieder mit der Macht allein sein — falls er sie
    behalten sollte. Was weiter? Auch wenn Julienne künftig im Serail residierte - und wie könnte es anders sein? wäre er allein. Gerade dann. Im Serail gebe es Augen, Ohren, Münder - doch keine Geheimnisse. Die Wiege und der feste Grund seiner Macht sei das Serail, das keinen freigebe, den es besitze.
    Beschir war kein Fatalist, wie es ein Rechtgläubiger hätte sein dürfen. Er stellte sein Schicksal nicht Allah anheim. Was andere von Gott erwarteten, tat er lieber selbst. Doch der feurigste Renner braucht Ruhepausen. Dies war seine, Beschirs, Pause, überbeschwert durch das Wissen um sein Alter und

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