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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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wie meine eigene
    Nichte. Nehmen Sie das bitte als Tatsache, Herr von Talmann, und bemühen Sie sich nicht erst um den Stammbaum. Es genügt, daß wir ihn kennen.“
    Als sich alle nach des Prinzen Beispiel erhoben, machte das Scharren gerückter Stühle jedem weiteren Gespräch ein Ende. In diesem gedämpften Lärm versanken Theodora Maurocordato, Herr Bohn und Paulas Achsenbruch auf der Straße nach Neuhäusel. Außerdem wäre Herr von Talmann auch zu nidits anderem mehr fähig gewesen, als nur noch an das eine zu denken: des Prinzen Nichte! Etwas Ungeheuerliches sei ihm widerfahren, dachte er. Statt dem Prinzen einen entscheidenden Dienst zu leisten, habe er sich an einer nahen Verwandten Seiner Hoheit vergangen! Dieser eine Gedanke machte allen weiteren Anstrengungen Talmanns ein Ende. Und wäre die Widerlegung seines Verdachts noch schwächer gewesen - Talmann hätte nicht mehr gewagt, ihn aufrecht zu halten, geschweige denn, ihn noch einmal zu äußern. Die von Seiner Hoheit Höchstsie anerkannte Nichte!
    „Ich danke Ihnen, teure Freundin“, sagte der Prinz und küßte der Batthany die Hand. „Ich glaube, wir haben uns noch manches zu sagen, Baron“, wandte er sich dann an Andlaw. „ Iich hoffe sehr auf ein baldiges Widersehen. Vielleicht bei unserer lieben Gräfin? - Vielen Dank, meine Herrschaften, daß Sie kamen.“ Das galt den übrigen. „Sie, Julienne, begleiten midi vielleicht in die Bibliothek? Ich hätte Sie gern einiges gefragt, was mit meinen Arbeiten zusammenhängt. ..?“
    Mit dem Prinzen, der ihr den Vortritt ließ, entrauschte Julienne mit allen Ehren dem Gemach, das ihre Entlarvung hatte sehen sollen. Darin war sie freilich Siegerin geblieben; aber ihre Reise nach Wien war in der Hauptsache eine Enttäuschung gewesen. Bald würde sie ohne entscheidende Ergebnisse Wien ebenso wie dieses Zimmer verlassen.
    „Es hängt alles von Ihnen ab, Julienne“, bat der Prinz, als sie in der Bibliothek waren. „Ich selbst möchte Sie gern bei meinen Arbeiten verwenden. Mit Ihrer Einwilligung würden Sie mich erfreuen.“
    „Monseigneur brauchen Informationen?“ „Die braucht jeder Feldherr. Doch vor allem muß ich sicher sein, keine falschen zu erhalten. Die Herren Beamten haben eine leider nur allzu begründete Scheu davor, Unerwünschtes zu berichten, weil die Verstimmung wegen der Nachrichten sich leicht auch auf den Berichterstatter ausdehnen könnte. Sehen Sie sich Herrn von Talmann an, und der ist noch einer von den besseren. Aber wenn es an irgendeinem Ort zur Schlacht kommt, dann ist es auf einmal gar nicht mehr wichtig, ob sich einer dieser Leute vor Ungnade schützte, sondern ob der Schlachtplan auf richtigen Angaben beruht.“
    „Wenn man etwas nicht weiß, muß man hingehen und es sich an-sehen“, erklärte Julienne gelassen.
    „Einiges werden Sie schon wissen, und vermutlich mehr als die andern. Sie haben erstaunlich wenig Vorurteile, meine Liebe. Aber können Sie hingehen und sich etwas ansehen? Ihr Leben, wie Sie es jetzt führen, ist kein Dauerzustand, Julienne. Und wenn Ihr Eintritt ins Kloster für Ihre Angehörigen auch bequem sein mag, so bedaure ich ihn doch und nicht nur, weil es ein griechisches Kloster ist. Ich zweifle nicht, daß sich Ihre Gelübde bei Ihrem Übertritt zum römischen Glauben lösen ließen.“
    Julienne antwortete nicht direkt.
    „Für das erste hätte ich meine Dispense“, sagte sie, „und die Gelegenheit, Hoheit gefällig sein zu können, müßte ich schon im Interesse meines Klosterauftrages als Glück betrachten.“
    „Alles im Interesse des Klosters?“ wiederholte Eugen gleichsam seine Frage.
    „Oder des Staatsmannes“, sagte Julienne und dachte an Beschir, ohne es zu hindern, daß der Prinz ihre Antwort auf sich bezog.
    „Nun - versuchen wir es“, meinte er nach einer kleinen Pause. „Wenn eine Attacke mißlingt - darum ist die Schlacht noch nicht verloren.“ Hiermit wandte er sich den Büchern zu, und zwar der gleichen Reihe, bei der Jesche Oppenheimer auch sie schon betroffen hatte. Aber nicht den Büchern hatte sie damals Geheimnisse entreißen wollen, sondern der Hinterwand, die ihr solche zu bergen schien. Mit ihrer Hilfe legte der Prinz sie jetzt frei, und dann sah sie, daß der problematische Knopf nicht nach oben oder unten und auch nicht nach links oder rechts, sondern in einem Viertelkreis halbrechts geschoben werden mußte.
    Manuskripte und Rollen kamen aus dem Versteck, und als alles auf dem Tisch lag, war es der gesamte Plan

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