Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian
Du wirst von uns allen geliebt, und wir möchten dich nicht verlieren. Wenn es möglich ist, dich irgendwo in diesen unvorstellbaren Weiten von Zeit und Raum zu finden - dann werden wir dich finden.«
Diese Versicherung tröstete mich etwas. Aber die Worte ähnelten zu sehr einem Abschied, als daß ich mich besonders darüber hätte freuen können. Es war, als hätte Arjavh sich bereits damit abgefunden, daß ich gehen würde.
Ermizhad und ich verbrachten den Rest dieses Tages damit, Hand in Hand durch die Laubengänge des Palastgartens zu wandern. Wir sprachen wenig, aber hielten uns fest und wagten nur selten, uns anzusehen, aus Furcht vor dem Kummer in den Augen des anderen.
Aus verborgenen Säulenhallen ertönten die verschlungenen Melodien der großen Komponisten der Alten, gespielt von Musikern, die Prinz Arjavh ausgewählt hatte. Die Musik war süß, gewaltig und harmonisch. Bis zu einem gewissen Grad linderte sie die Furcht in meinen Gedanken.
Eine goldene Sonne, groß und warm, hing in einem blaßblauen Himmel. Ihre Strahlen breiteten sich über zartduftende Blumen in unzähligen verschiedenen Farben, über Ranken und Bäume, über die weißen Mauern des Gartens.
Wir erstiegen die Mauern und blickten über die sanften Hügel und Ebenen des Südkontinents. Ein Sprung Rehe wanderte grasend über die Wiesen. Vögel schwebten träge am Himmel.
Ich konnte all diese Schönheit nicht aufgeben, um in den Lärm und Schmutz der Welt zurückzukehren, die ich verlassen hatte, in das öde Leben eines John Daker.
Der Abend kam, und die Luft war erfüllt von Vogelgesang und dem schweren Duft der Blumen. Langsam gingen wir zum Palast zurück. Wir hielten uns fest bei den Händen.
Wie ein Verurteilter stieg ich die Treppe hinauf, die zu unseren Zimmern führte. Als ich mich auskleidete, fragte ich mich, ob ich jemals wieder solche Gewänder tragen würde. Auf dem Bett liegend, während Ermizhad den Schlaftrunk vorbereitete, betete ich, daß ich am nächsten Morgen nicht in der Wohnung, in der Stadt erwachen möge, wo John Daker gelebt hatte.
Ich starrte empor zu der geriffelten Decke des Zimmers, betrachtete die farbenfrohen Wandbehänge, die Vasen mit Blumen, die feingearbeiteten Möbel und versuchte alles in mein Bewußtsein zu prägen, wie ich mir schon Ermizhads Gesicht eingeprägt hatte.
Sie brachte mir den Becher. Ich blickte tief in ihren tränenerfüllten Augen und trank.
Es war ein Abschied. Ein Abschied, den wir nicht einzugestehen wagten.
Fast sofort sank ich in einen schweren Schlummer, und in diesem Moment glaubte ich, daß Ermizhad und Arjavh vielleicht recht gehabt hatten und die Stimme nur ein Ausdruck meiner Unruhe war.
Ich weiß nicht, um welche Stunde ich aus diesem tiefen Schlaf aufgestört wurde. Ich war kaum bei Bewußtsein. Mein Gehirn schien von einer dicken Schicht aus schwarzem Samt umhüllt zu sein, aber gedämpft und wie aus weiter Ferne, hörte ich wieder die Stimme.
Diesmal konnte ich die Worte nicht verstehen, und ich glaube, ich lächelte vor mich hin, erleichtert, daß die Droge mich vor dem schützte, das mich zu sich rufen wollte. Die Stimme wurde drängender, aber ich beachtete sie nicht. Ich drehte mich, tastete nach Ermizhad und legte einen Arm über ihren schlafenden Körper.
Immer noch rief die Stimme. Immer noch beachtete ich sie nicht. Ich hatte das Gefühl, wenn ich diese Nacht überstand, würde die Stimme ihren Versuch aufgeben, mich zu zwingen ihr zu folgen. Ich würde Gewißheit haben, daß ich nicht so leicht aus einer Welt gerissen werden konnte, wo ich Liebe und Frieden gefunden hatte.
Die Stimme verklang und ich schlief weiter, Ermizhad in meinen Armen und Hoffnung im Herzen.
Nach einer Zeit kehrte die Stimme zurück, aber immer noch konnte ich sie verdrängen.
Dann verstummte die Stimme anscheinend endgültig und ich sank wieder in meinen tiefen Schlummer.
Ich glaube, es muß ein oder zwei Stunden vor Sonnenaufgang gewesen sein, als ich ein Geräusch hörte, nicht in meinem Kopf, sondern im Zimmer. In dem Glauben, daß Ermizhad aufgestanden sei, öffnete ich die Augen. Es war dunkel. Ich sah nichts. Aber Ermizhad lag neben mir. Dann hörte ich das Geräusch erneut. Es war wie der Schlag eines Schwertes gegen ein gepanzertes Bein. Ich setzte mich auf. Meine Augen waren vom Schlaf verklebt, mein Kopf war schwer von den Einwirkungen des Schaftrunks. Halb benommen suchte ich das Zimmer ab.
Und dann entdeckte ich die Gestalt, die dort stand.
»Wer bist
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