Mythor - 054 - Vina, die Hexe
MYTHOR
Heft 54
Vina, die Hexe
Von
W. K. Giesa
Logghard, siebter Fixpunkt des Lichtboten und Ewige Stadt, hat auch am 250. Jahrestag der Belagerung allem standgehalten, was die Kräfte der Finsternis in einem wahren Massenangriff gegen die Bastion der Lichtwelt ins Feld führten. Somit haben die Streiter des Lichtes auf Gorgan, der nördlichen Hälfte der Welt, trotz des Debakels von Dhuannin und anderer Niederlagen gegen die vordringenden Heere der Caer eine gute Chance, sich auch weiterhin zu behaupten.
Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held nach seinem Vorstoß in die Schattenzone die nördliche Hälfte der Welt durch das Tor zum Anderswo verlassen.
Zahda, die Zaubermutter, nimmt sich des Bewußtlosen an, der durch das unheimliche Tor in den Ozean der Dämmerzone gespült wurde, die bereits zu Vanga gehört, der vom weiblichen Geschlecht beherrschten Südhälfte der Welt.
Doch was Zahda auch immer tut, sobald der Gorganer aus magischem Schlaf erwacht, ist er gezwungen, um sein Leben zu kämpfen.
Gegenwärtig fliegt Mythor einem Ungewissen Schicksal entgegen und einem Treffen mit einer bemerkenswerten Person. Diese Person ist VINA, DIE HEXE…
Die Hauptpersonen des Romans:
Vina - Eine Hexe als Kundschafterin in der Dämmerzone.
Gerrek - Vinas skurriler Begleiter
Mythos - Der Sohn des Kometen als Held der Tau.
Oniak - Mythors Schützling.
Ramoa - Feuergöttin der Tau.
1.
»Drachenhaut!« sagte Gerrek mit dem Ausdruck grimmiger Verachtung. »Es ist empörend! Frevelhaft! Abstoßend und ekelerregend!« Dabei zupfte er an der Bespannung der Gondel herum. Vina sah es mit Besorgnis; die scharfen Krallen des Mandalers waren in der Lage, die Drachenhaut-Bespannung aufzureißen.
»Was hast du denn jetzt wieder zu nörgeln, gelb geschecktes Ungeheuer?«
Gerrek schlug die krallenbewehrten Hände über seinen zerknitterten Ohren zusammen. »Ich bin kein Ungeheuer!« regte er sich auf. »Ganz im Gegenteil, ich bin der hübscheste, netteste, zuvorkommendste und lieblichste Beuteldrache der Welt!«
»Das ist in der Tat wahr«, spottete Vina, »aber höchstwahrscheinlich auch nur deshalb, weil du der einzige Beuteldrache auf der Welt bist.«
Gerrek, der Mandaler, rollte seine Glubschaugen und begann sich ausgiebig zu kratzen. »Trotzdem ist es empörend.« Er trat mit dem Fuß gegen die Drachenhaut und verhakte sich mit einer Zehenkralle in der Naht. »Hätte man nicht ein anderes Material nehmen können als ausgerechnet Drachenhaut? In meinen Augen grenzt das an Kannibalismus.«
»Du wirst es überleben«, stellte Vina fest.
Sie hatte sich auf ein weiches Kissen gesetzt und beobachtete die Versuche des Beuteldrachen, seine Zehenkralle aus der Naht zu lösen, was selbstverständlich nicht so einfach war. »Bei einem anderen Stoff würden die Nähte auch besser halten und dichter anliegen, und das hier wäre nicht passiert!« schimpfte Gerrek. »Ich hoffe, du wirst darauf Rücksicht nehmen, wenn du einmal ein anderes Luftschiff bauen läßt.«
Was hoffentlich nicht so schnell der Fall sein wird, dachte Vina. Der ständig nörgelnde Gerrek war eine äußerst eigentümliche Erscheinung. Einziger seiner Art, war der Beuteldrache fast acht Fuß groß, ging aufrecht auf zwei Beinen, und besaß eine lederartige, mit gelben Schecken versehene Pupurhaut. Überhaupt sah der Mandaler aus wie ein wandelnder Farbtopf; aus den Schecken wuchsen filzige und geringelte pechschwarze Haarbüschel hervor, die an der Bauchseite erheblich heller wurden, seine stets wirre Kopfhaarmähne und die zitterigen Barthaare - Gerrek besaß einen Kinnbart wie eine Ziege und den Schnurrbart wie eine Katze - dagegen waren blond. Die langen, spitzen Ohren sahen ständig zerknittert aus, und aus dem länglichen Maul lugten links und rechts traurig herabhängend gelbe Fangzähne hervor. Der lange Hals mündete in einen sich nach unten fast birnenförmig verbreiternden Körper mit kurzen Beinen und einem mannslangen rattenähnlichen Schwanz. Die dünnen, aber äußerst starken Arme endeten in Händen mit langen, knorrigen Fingern und Krallen; die langen Füße waren vierzehig und mit Fersenkrallen versehen. Gerrek war ein äußerst geschickter Kletterer, da er mit seinen Krallenzehen ausgezeichnet zu greifen verstand - wenn er sich nicht gerade mit den Krallen irgendwo verhedderte
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