Der ewige Krieg 02 - Am Ende des Krieges
eins
Die Ankunft der Winters auf diesem gottverlassenen Planeten zieht sich genauso endlos hin wie der Winter selbst. Ich beobachtete, wie ein plötzlicher Windstoß einen Streifen kalten Gekräusels über den grauen See trieb, und dachte an die Erde, nicht zum ersten Mal an diesem Tag. An die beiden warmen Winter, die ich als kleiner Junge in San Diego verbracht hatte. Sogar an die schlimmen Winter in Nebraska. Die waren zumindest kurz gewesen.
Vielleicht hatten wir zu schnell Nein gesagt, als die Zombies uns nach dem Krieg großmütig anboten, die Erde mit ihnen zu teilen. Es war uns nicht wirklich gelungen, sie abzuschütteln, indem wir an diesen Ort auswichen.
Die Fensterscheibe verbreitete einen Eishauch. Hinter mir räusperte sich Marygay. »Was ist denn?«, fragte sie.
»Da scheint sich ein Unwetter zusammenzubrauen. Jemand muss nach den Langleinen sehen.«
»In einer Stunde sind die Kinder daheim.«
»Besser ich gehe allein, so lange es noch trocken ist, als dass wir später alle im Regen draußen stehen«, meinte ich. »Oder im Schnee.«
»Wohl eher Schnee.« Sie zögerte und unterließ es dann, mir ihre Hilfe anzubieten. Nach zwanzig Jahren konnte sie genau abschätzen, wann mir nicht nach Gesellschaft zumute war. Ich griff nach Wollpullover und Wollmütze und ließ die Regenjacke am Haken.
Dann trat ich in den feuchten, böigen Wind hinaus.
Er roch nicht nach Schnee. Als ich meine Uhr befragte, verkündete sie neunzig Prozent Regen und eine Kaltfront, die gegen Abend überfrierende Nässe und Schnee bringen würde. Da kam Freude für die geplante Versammlung auf. Wir mussten die zwei Kilometer zum Treffpunkt und zurück zu Fuß bewältigen, damit die Zombies nicht anhand der Transportdaten herausfanden, dass wir Paranoiker uns allesamt zu einem bestimmten Haus begeben hatten.
Wir hatten acht Langleinen. Sie spannten sich vom Ende des Docks zu Pfosten, die ich zehn Meter weiter draußen im brusttiefen Wasser versenkt hatte. Zwei weitere Pfosten hatte ein Sturm umgerissen. Ich würde sie im kommenden Frühjahr ersetzen. In zwei Erdenjahren also.
Es war mehr ein Fischepflücken als ein Fischefangen. Schwarzflossen sind so dämlich, dass sie praktisch jeden Köder schlucken, und wenn sie dann am Haken hängen und um sich schlagen, weckt das die Neugier ihrer Artgenossen: »Mal sehen, was da los ist – he, guckt doch mal, wie hübsch! Ein Kopf an einem blinkenden Haken!«
Als ich das Dock erreichte, konnte ich im Osten die ersten dunklen Wolkentürme erkennen, und machte mich deshalb sofort an die Arbeit. Die Langleinen bestehen aus einem Tau, das über eine Rolle läuft, und einem Dutzend Hilfsleinen mit köderbesetzten Haken, die von Plastikschwimmern in etwa einen Meter Tiefe abgesenkt werden. Die Hälfte der Haken zog nach unten. An die fünfzig Fische also. Über den Daumen gepeilt hieß das, dass ich in etwa dann fertig sein würde, wenn Bill von der Schule heimkam. Aber das Unwetter wartete garantiert nicht so lange.
Ich nahm Arbeitshandschuhe und eine Schürze vom Haken neben dem Waschbecken und setzte die Winde in Bewegung, um das erste Tau nach oben zu holen. Ich öffnete die eingebaute Gefriertruhe – das Stasisfeld im Innern reflektierte den aufgewühlten Himmel wie ein Quecksilberteich –, nahm den ersten Fisch vom Haken, schlug ihm Kopf und Schwanz mit einem Beil ab, warf ihn in die Kühltruhe und befestigte den Kopf als neuen Köder. Dann kurbelte ich den nächsten Burschen herauf.
Drei der Fische waren die nutzlosen Mutanten, die seit einem Jahr immer wieder auftauchten. Sie sind rosa gestreift und schmecken widerlich nach Schwefelwasserstoff. Die Schwarzflossen lehnen sie als Köder ab und selbst als Dünger sind sie nicht zu gebrauchen; ebenso gut könnte ich Salz auf dem Ackerboden verteilen.
Etwa eine Stunde pro Tag – oder entsprechend weniger, wenn die Kinder mithalfen – und wir versorgten etwa ein Drittel des Dorfes mit Fisch. Ich selbst aß nicht allzu viel davon. Wir trieben außerdem je nach Jahreszeit Tauschhandel mit Mais, Bohnen und Spargel.
Bill stieg aus dem Bus, als ich gerade die letzte Leine in Arbeit hatte. Ich scheuchte ihn mit einer Handbewegung ins Haus. Es brachte wenig, wenn er sich auch noch mit Fischdärmen und Blut verkleisterte. Dann war ich fertig und drüben am anderen Ufer schlug der erste Blitz ein. Ich hängte die Schürze und die steifen Handschuhe auf und schaltete kurz das Stasisfeld aus, um den Fang zu begutachten.
Der Regen verfolgte
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