Der Facebook-Killer
gekommen war. Strahlend und bester Laune hatte sie gewirkt, hatte gewandt Konversation gemacht und sich natürlich haarklein von allen neuen Entwicklungen im Fall des „Bibelmörders“, wie die DSCS ihre Zielperson in Anlehnung an Khalil Larbis Worte intern nannte, berichten lassen. Über Gezas Erzählung und Danielles kluge Nachfragen samt ebensolchen Randbemerkungen waren sie beim Dessert, frischen Feigen mit gratiniertem Ziegenkäse und erlesenem, zwölf Jahre altem weißem Portwein, angekommen.
Nun endlich konnte Geza die Frage loswerden, die ihren Hinterkopf während des gesamten Mahls beschäftigt hatte: „Du strahlst so, Dani. Hat das irgendeinen besonderen Grund?“
Die Psychologin zögerte einen Augenblick, ehe sie antwortete.
„Es gibt wieder einen Mann in meinem Leben.“
Danielle war eine geborene de Loras, Tochter eines Landadligen aus Nordfrankreich. Sie hatte gegen Ende ihres Studiums einen wesentlich älteren, schwerreichen Pariser Unternehmer, den jüdischen Baumagnaten Sebastien-Franck Kahn, geheiratet und war mit Mitte dreißig Witwe und Erbin eines mehr als beträchtlichen Vermögens gewesen. In den fast fünf Jahren seit Sebastiens Tod hatte sie quasi zölibatär gelebt, soweit Geza informiert war.
„Wer ist er? Wie ist er?“, sprudelte diese begeistert hervor. „Wo habt ihr euch kennengelernt und wie lange geht das nun schon? Oh, du musst mir alles haarklein erzählen!“
Doch Danielles Miene verfinsterte sich. „Es ist alles nicht so einfach, meine Liebe. Ich kenne Nicolas – so heißt er – schon eine ganze Weile. Aber er ist verheiratet.“
„Das ist doch heutzutage kein Problem mehr“, wandte Geza ein.
„Na ja – doch. Wie du weißt, verkehre ich in den sogenannten besseren Kreisen der Pariser Gesellschaft, und er eben auch.“
„Warte mal …“, sagte Geza. „Reden wir etwa von Nicolas de Ségur?“ Sie kannte den Finanzberater ihrer Freundin nicht persönlich, aber der Name war in der Vergangenheit häufig gefallen.
„Der und kein anderer“, gab Danielle zu, „und wo immer wir uns sehen, sei es ein Charity-Event oder irgendeine Operngala, immer ist seine Frau mit dabei. Er liebt sie nicht mehr, schon lange nicht, aber es ist eben so eine Zweckehe, die für beide Seiten nur Vorteile hat. Sie darf es auf gar keinen Fall erfahren … der Skandal wäre erstrangig.“ Danielle lachte traurig. „Ich kann dort nicht einmal anrufen, zumal er auch viel von zuhause aus arbeitet.“
„Wie kommuniziert ihr denn dann?“, fraget Geza, die aus der Zeit von Danielles Ehe noch sehr genau wusste, wie wichtig ihrer Freundin der nahezu ständige Austausch mit geliebten Menschen war.
Danielle grinste plötzlich. „Wenn es Facebook nicht gäbe, wären wir aufgeschmissen.“
„Facebook? Du hast einen Facebook-Account?“, fragte Geza entgeistert. Sie selbst sah sich als das, was die Marktforschung als „Early Adopters“ bezeichnete, Menschen, die bei technologischen oder sonstigen kulturellen Neuerungen immer die Nase vorn hatten und derlei weit vor der breiten Masse nutzten – aber ihre distinguierte, elegante und allem Anschein nach so wenig technikaffine Freundin …?
„Du etwa nicht?“, versetzte Danielle schnippisch.
„Doch, klar. Facebook wurde glaube ich im Februar 2006 gegründet, und im Spätherbst habe ich mich registriert. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du … aber ist ja auch egal. Ihr chattet also viel?“
„Ja“, sagte Danielle, und in ihre Augen schlich sich ein träumerischer Ausdruck. Dann riss sie sich zusammen: „Können wir im Übrigen gern auch mal tun. Ich schicke dir nachher, wenn ich die Spülmaschine eingeräumt habe, gleich mal eine Freundschaftsanfrage. Ich chatte gern und viel.“
„Ich glaube, diese Freundschaftsanfrage kann ich ausnahmsweise sogar ungeprüft bestätigen“, lächelte Geza verschmitzt. Dann hob sie ihr Glas, um der Freundin zuzuprosten, nur um festzustellen, dass es leer war. „Hmm … ist noch etwas Wein da?“
Danielle nahm die grüne Flasche zur Hand. Doch im letzten Augenblick legte Geza die Hand über die Öffnung ihres Glases.
„Andererseits … lass mal. Ich wollte noch bei Fronzac vorbeifahren, ein paar Akten einsehen, die er auf seinen Rechner zuhause gezogen hat, und nochmal durchsprechen, wo wir mit unserem Fall jetzt stehen.“
„Das ist mir ganz recht“, schmunzelte Danielle und stellte die Flasche wieder weg. Ich kriege nämlich heute noch Besuch …“
Die beiden kicherten wie ausgelassene
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