Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)
bezahlen.«
»Haben Sie schon alle Ihre neuen Scheine verjubelt? Sie wären nicht der Erste, nach allem, was man so hört.«
»Sie sollen nicht mit Deutscher Mark oder Pfund bezahlen. Sondern mit Ihren guten Verbindungen.«
»Wen werden Sie damit ärgern?
»Wenn es funktioniert: einen angesehenen Mitbürger. Wenn es nicht funktioniert: mich selbst. Und so oder so: ein paar amerikanische Beamte.«
»Wir ärgern Amerikaner? Ich hole Sie in zehn Minuten ab.«
Der Jeep springt in den Schlaglöchern, als sie Richtung St. Pauli fahren. Stave erklärt dem Lieutenant, wohin sie fahren und was sie dort tun werden. Dann blickt er zur Seite hinaus: noch immer Menschentrauben vor den Schaufenstern. Ein Motorrad mit Beiwagen, in dem ein Dutzend blankpolierte Töpfe glänzen. Zwei Männer, die ein Fahrrad schieben, an dessen Rahmen ein zusammengerollter Teppich festgebunden ist.
»Sieht so aus, als funktioniere die Währungsreform«, kommentiert MacDonald lächelnd.
»Der Katzenjammer wird noch kommen, spätestens, wenn die nächste Lohntüte ins Haus trudelt.«
»Katzenjammer quält einen auch nach zu viel Whiskey. Trotzdem hört deshalb niemand mit dem Trinken auf.«
»Ich werde mir einen neuen Bereich suchen. Das Chefamt S ist überflüssig geworden.«
»Wie die Kavallerie. Aber die Herren Offiziere dort sind auch untergekommen. Was werden Sie machen?«
»Bei Cuddel Breuer muss ich mich erst einmal wieder bewähren. Mal sehen, wohin er mich versetzt. Hängt auch davon ab, ob ich diesen Fall abschließe. Ist vielleicht der letzte des Chefamtes S.«
»Sie werden in die Kriminal-Annalen eingehen.«
Er biegt in die Lerchenstraße ein. »Sind Sie sicher, dass mir der Jeep hier nicht gestohlen wird?«, fragt der Lieutenant und beäugt skeptisch die zerstörten, heruntergekommenen Häuser und die ausgeweidete Höhle des Schillertheaters.
»Ich bin ziemlich sicher, dass er Ihnen nach Einbruch der Dunkelheit hier abhandenkäme. Aber nicht jetzt. Zu viele Zeugen.« Stave deutet auf einige Flüchtlingsfrauen, die die Unterbrechung zwischen zwei Regenschauern nutzen und vor dem Theater zerlumpte Wäsche an einer Leine aufhängen.
»Also beeilen wir uns.«
»Für Eile gibt es auch noch einen zweiten Grund: Atmen Sie flach, wenn Sie durch diese Tür treten.«
Paul Michel öffnet auf ihr Klopfen und reibt sich mit einem schmutzigen Tuch grüne Farbe von den Händen. »Sie schon wieder«, sagt er resigniert. »Sie hatten mir versprochen, mich nicht mehr zu behelligen.« Dann wirft er dem Lieutenant einen nervösen Blick zu. »Jetzt holen Sie auch noch alliierte Hilfe. Ich laufe Ihnen schon nicht davon.« Ein bitteres Lachen.
»Ich habe Arbeit für Sie«, erwidert Stave und drückt die Tür weiter auf. Ein Hauch von Fäkalien und Verwesung wabert ihm entgegen. »Heute ist es mal wieder ganz besonders schlimm«, erklärt Michel entschuldigend.
»Riecht ungefähr so wie in der Küche während meiner Ausbildungszeit«, sagt MacDonald nonchalant und tritt in die düstere Wohnung, als wäre er dort zu Hause.
»Ich bin kein Spitzel«, murmelt Michel, als er mit ihnen bis zum Küchentisch gehumpelt ist. »Dazu tauge ich nicht.« Er klopft auf seine Prothese.
»Ich will Sie als Künstler engagieren.«
»Und der Führer hat Ihnen Postkarten gemalt. Erzählen Sie mir keine Märchen.«
Da legt Stave die Fotos auf den Tisch, die Kienle vor etwas mehr als einer Stunde geschossen hat. »Ich will, dass Sie von diesem Gehstockgriff eine möglichst exakte Kopie anfertigen«, erklärt er und blickt den Künstler aufmerksam an. »Sie haben das letzte Mal behauptet, dass Sie so etwas können.«
Michel betrachtet die Fotos. »Ist das Silber? Das habe ich nicht«, antwortet er vorsichtig.
»Das Material ist mir gleichgültig. Es geht mir nur um die Form. Ich möchte eine Kopie haben, die genauso groß und genauso geformt ist wie dieser Griff. Von mir aus schnitzen Sie das aus Holz nach. Können Sie das?«
»Ton ist besser. Leichter zu formen. Ich müsste aber erst welchen besorgen. Und ich müsste das fertige Stück später im Ofen eines Freundes brennen.«
»Würden Sie das bis zum Ende dieser Woche hinbekommen?«
Michel nimmt die Fotos in die Hände. Sie zittern leicht. Hoffentlich bloß vor Aufregung, denkt Stave. Der Einbeinige studiert die Bilder eingehend, zuckt schließlich mit den Achseln. »In den Ufa-Studios habe ich ganz andere Dinge hingekriegt. Ich bin ein wenig aus der Übung, aber das sollte gehen.« Er fährt mit der
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