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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Gericht lächerlich machen, wenn ich darauf meine Anklage aufbaue?«
    »Das kann ich nicht ausschließen.«
    »Sie haben mir schon bessere Geschichten erzählt. Bald also. Ich sehe mir Ihren angeblichen Beweis an und entscheide dann.«
    Ehrlich geleitet ihn bis zur Bürotür. »Wie geht es übrigens Frau von Veckinhausen?«, fragt er.
    »Sehr gut«, antwortet Stave rasch und hofft, dass ihm kein Blut ins Gesicht schießt.
    »Sie haben sie in den letzten Tagen gesehen?«
    »Frau von Veckinhausen und ich stehen uns recht nahe.«
    »Verstehe.« Ehrlich reicht ihm die Hand. »Grüßen Sie sie von mir.«
    Er macht früh Feierabend, denn im Moment bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu warten, bis Michel seine Arbeit erledigt hat. Er fährt einen Umweg bis nach Berne zur Schrebergartenkolonie. Mal sehen, ob Karl da ist. Stave hat Glück – sein Sohn öffnet und führt ihn in die Laube. Regale an allen Wänden. Bücher.
    »Hast du schon dein ganzes Geld ausgegeben?«, entfährt es ihm.
    Karl lacht. »Jetzt klingst du, wie ein echter Vater klingen soll. Ich habe ein paar neue Markscheine beim Buchhändler gelassen. Aber die meisten Bände habe ich eingetauscht gegen ein paar Kartons Schreberstolz.«
    »Ein gutes Geschäft. Die Läden sind wieder voll mit Tabak und Zigaretten. Die Blätter in deinem Garten werden bald die Arbeit nicht mehr wert sein.«
    »Außerdem habe ich jetzt eine andere Arbeit zu tun. Die Universität hält mich ganz schön auf Trab.«
    Stave nimmt einen dunkel eingebundenen Band heraus. Ronald Syme: »The Roman Revolution«. Er blättert die ersten Seiten auf: Oxford 1939.
    Karl lächelt. »Caesar und Augustus. Ein grundlegendes Werk zum Ende einer Republik und zur Errichtung einer Diktatur im Alten Rom. War in Deutschland lange nicht zu erhalten.«
    »Bücher von englischen Autoren über Diktatoren passten nicht zum Zeitgeist.«
    »Und schon gar nicht, wenn sie eine Woche nach Kriegsbeginn erschienen sind.«
    »Du kannst gut genug Englisch, um das zu lesen?«
    »Ich lerne es. Es hat seine Vorteile, in der Britischen Besatzungszone zu leben.«
    Stave stellt den Band zurück ins Regal. Dabei fallen ihm zwischen den Bücherrücken zwei vergilbte Blätter Papier auf, beschrieben mit Bleistift. Mit einer Handschrift, die er kennt – seiner. Der Brief, den er Karl letztes Jahr, am Ende komplizierter Mordermittlungen, geschrieben hat: über die braunen Jahre und Karls Mitgliedschaft in der Hitlerjugend. Über seinen eigenen Beruf bei der Polizei in der Zeit. Über Margarethe. Über die Jahre danach. Über Staves Hoffnung, dass nun endlich alles besser werden wird. Sein Sohn hat den Brief nie erwähnt.
    »Ich wollte dir immer darauf antworten«, sagt Karl verlegen und nimmt ihm das Schreiben ab. »Es ist bloß nicht so einfach, das alles zu Papier zu bringen.«
    »Wenn man miteinander reden kann, dann muss man ja nicht schreiben«, erwidert Stave. Plötzlich durchströmt ihn das warme Gefühl einer allumfassenden Erleichterung – jener Erleichterung, die man nur spürt, wenn man endlich eine wichtige Aufgabe vollendet hat.
    Abends kettet er sein Fahrrad vor dem Schauspielhaus an. Er hätte erwartet, mit seiner alten Gazelle deplatziert zu wirken inmitten von Männern im Frack und Frauen im Abendkleid, von Mercedes- und Opel-Limousinen. Doch er ist fast allein.
    Stave blickt sich verwundert um und entdeckt Anna. Er eilt zu ihr und küsst sie. Sie trägt ein bordeauxrotes Kleid und darüber einen leichten, hellen Sommermantel. Ihr offenes Haar. Ihr Duft.
    »Du siehst hinreißend aus«, flüstert er.
    »Wir werden im Theater auffallen«, antwortet sie lächelnd.
    »Fällt die Vorstellung aus?« »Des Teufels General« von Carl Zuckmayer. Seit der Deutschlandpremiere im November 1947 jeden Abend ausgebucht. Stave war stolz, überhaupt Karten zu ergattern, für drei Deutsche Mark, ein kleines Vermögen.
    »Das neue Geld«, meint Anna. »Niemand will anscheinend mehr Mark für Kunst ausgeben – jetzt, da sie wieder etwas wert ist. Töpfe sind wichtiger, Schuhe, Kaffee.«
    Tatsächlich verirren sich kaum zwei Dutzend Menschen in den prächtigen Zuschauerraum. Stave blickt sich verlegen um. Es ist ihm irgendwie peinlich, wenn Schauspieler vor einem derart gelichteten Publikum auftreten müssen. »Wenn die Leute ihre Deutsche Mark nicht für das Theater ausgeben, dann werden sie auch für Antiquitäten keinen Pfennigschein herausrücken«, mutmaßt er in der Pause.
    »Du hast Angst, dass mein Geschäft mir nichts

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