Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)
Zunge über die Lippen. »Vorausgesetzt, die Bezahlung stimmt«, ergänzt er leise.
Da bedenkt ihn MacDonald mit seinem strahlendsten Lächeln. »Ich besorge Ihnen und Ihrer Familie ein amerikanisches Visum«, verkündet er.
Als sie wieder ins Freie treten, streicht der Lieutenant einmal über die nasse Motorhaube des Jeeps. »Gut, dass der Wagen noch da ist. Gott, so wie da drinnen muss es im vorletzten großen Krieg gewesen sein. Im Schützengraben, bei einem Gasangriff. Meine Beine wackeln. Ich wäre nicht mehr fähig, den Rückweg zu Fuß zu schaffen.«
»Ich habe Sie gewarnt«, brummt Stave.
»Warum waren Sie so großzügig? Der Mann ist so arm, er hätte den Griff auch für ein paar Pfund nachgeformt. Oder für ein paar Deutsche Mark. Warum gleich ein Visum für Amerika?«
»Weil er in Hollywood glücklicher sein wird als hier.«
»Wollen Sie in Zukunft jeden Polizeispitzel zu Douglas Fairbanks schicken?«
»Dieser Griff ist eine wichtige Spur in einem Mordfall.«
»Verstehe. Sie gehören nicht mehr zu diesem Team, aber sie wildern noch immer im Revier eines Kollegen.«
»Was nicht ans Licht kommen darf. Ist Paul Michel in Hollywood, wird er wohl kaum einem meiner Kollegen über den Weg laufen und unbedachte Worte ausplaudern.«
»Wenn ich versetzt werde, haben Sie einen Freund weniger in Hamburg«, erwidert MacDonald, ehrlich besorgt.
Stave lächelt dankbar. »Dieser Fall ist wichtig«, erklärt er. »Danach bin ich vorsichtiger, versprochen.«
»Sie klingen wie ein Mann mit einer Mission.«
»Ich bin dabei, als ein Mordopfer geborgen wird. Ich ahne, wer der Mörder ist. Niemand scheint sich dafür zu interessieren, außer Staatsanwalt Ehrlich. Soll ich nicht wenigstens versuchen, den Täter zu überführen? Dem Staatsanwalt etwas liefern, womit er eine Anklage begründen kann?«
»Mit einem nachgeformten Gehstockgriff?«
»Mit einem nachgeformten Gehstockgriff und etwas Glück und ein oder zwei halb-offiziellen Ermittlungen.«
»Ich habe mir deutsche Beamte immer ganz anders vorgestellt.«
»Ich hoffe, ich enttäusche Sie nicht.«
»Im Gegenteil, alter Junge!« MacDonald lacht und wirft den Motor an. »Ich setze Sie in der Zentrale ab. Danach habe ich einen Termin bei unserem amerikanischen Verbindungsoffizier.«
Später sitzt Stave beim Staatsanwalt in dessen unbequemem Besucherstuhl. Ehrlich mustert ihn durch seine lupenhafte Brille. »Das ist zu wenig«, verkündet er betrübt.
Der Oberinspektor seufzt. Er hat ihm soeben erklärt, dass er ein Kunstwerk aus dem Reimershof mehr oder weniger sicher bis zu Schramm zurückverfolgen kann.
»Das ist kein Verbrechen«, fährt der Staatsanwalt fort. »Schramm verzichtet auf die Besitzansprüche an der Bronzeskulptur. Vielleicht, weil er sie unter etwas dubiosen Umständen aus dem Fundus des Filmstudios – oder sollen wir sagen: dem des Propagandaministeriums – erworben hat. Das ist ihm heute peinlich. Aber selbst wenn Sie ihn überführen könnten – na und? Der Bankier hat ein Kunstwerk gerettet, das sonst von Goebbels’ Schergen eingeschmolzen worden wäre. Kein Richter würde ihn dafür verurteilen. Legen Sie den Fall zu den Akten. Die Objekte aus dem Reimershof kommen in die Kunsthalle und werden so Allgemeinbesitz. Nicht das Schlechteste, was einem Künstler widerfahren kann.«
»Aber einem Polizisten. Rolf Rosenthal lag auch zwischen den Trümmern. Der Prokurist. Ein Jude.«
»Die meisten Juden sind heute tot.«
»Und die meisten Täter laufen heute frei herum. Rosenthal ist aber nicht in einem Lager zu Asche verbrannt worden. Wir haben seinen Körper. Wir haben Spuren. Wir haben einen Verdacht.«
»Sie haben einen Verdacht, Stave, als einziger Beamter bei der Kripo. Aber Sie bearbeiten den Fall nicht einmal offiziell. Wir haben nur unsere kleine, private Abmachung. Und es liegt nichts bei der Staatsanwaltschaft vor, das eine Anklageerhebung rechtfertigen würde. Beweise? Hat ihr Kollege nicht. Haben Sie nicht.«
»Dönnecke will keine Beweise beibringen, weil er gar kein Verfahren haben will. Denn wenn ein toter Angestellter von Doktor Schramm Gegenstand eines Prozesses wird, dann rückt Schramm selbst ins Licht der Aufmerksamkeit. Und wenn Schramm durchleuchtet wird, könnte es wiederum für Dönnecke eng werden.«
Ehrlich zieht ein großes Taschentuch hervor und putzt umständlich seine Brille. »Und Sie? Haben Sie denn Beweise?«
»So etwas in der Art. In wenigen Tagen.«
»Etwas in der Art? Ich werde mich nicht vor
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