Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
Bild, dass keiner wirklich sehen will.
Ich
kann nicht behaupten, dass ich sie heute abscheulich finde oder gar ein
Hassgefühl gegen sie hege. Doch Mitleid oder Zuneigung ist da auch nicht mehr.
Sie ist mir gleichgültig geworden und das Einzige, was mich im Moment noch an
ihr interessiert, ist ihr Verhalten selbst, nicht die Person dahinter. Würde
man mich heute fragen, welche Strafe für solche Menschen verhängt werden sollte,
ich würde für Zwangsunterbringung und -therapie plädieren, je nach Schwere- und
Gewaltgrad.
Daniela
mag nicht zur Sorte der Stalker gehören, die einem mit körperlicher Gewalt
gefährlich werden, obwohl ich meine Hand nicht dafür ins Feuer legen würde,
dass sie eines Tages auch fähig wäre, komplett auszurasten und z.B. zu einer
Waffe zu greifen. Aber es ist nicht ihr Ding, die Menschen, die sie jagt,
wegzuwischen. Sie will sie doch behalten, den Kontakt behalten, und ein
bisschen quälen, wenn sie ihre Verhaltensweisen ihr nicht anpassen oder sich im
verlangten Maß mit ihr auseinandersetzen.
Es
sind diese kleinen Details, die mir das Gefühl geben, dass neben all ihren
geistigen Unregelmäßigkeiten, die behandlungsbedürftig sind, auch eine große
Portion Willkür dahintersteckt.
Sie
muss niemanden terrorisieren, sie kann den Zwang bewältigen. Immer dann, wenn
sie die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten überschreitet oder – wie bei
Maik – sogar Angst haben muss, dass sie plötzlich weggesperrt wird.
Sie
will nicht wirklich therapiert werden und wahrscheinlich leidet sie tatsächlich
unter ihrer Art, doch es fehlt ihr an Bereitschaft, sich zu befreien und Hilfe
anzunehmen.
Dass
sie Hilfe will und sucht, schreit aus jeder ihrer Notizen. Und diese Hilfe hat
sie mehr als einmal angeboten bekommen und hätte nur zugreifen brauchen.
Fast
könnte ich glauben, sie liebt dieses Leiden und will ihr Schema überhaupt nicht
ändern, denn es hält sie am Leben. Sie macht sich selbst und anderen die Säcke
voll, die schon übergelaufen sind, und hat trotz einer durchschnittlichen
Intelligenz und dem mehrfachen Überschreiten vieler Grenzen immer noch nicht
den Ernst ihrer eigenen Lage begriffen.
Maik
war, was das Begreifen angeht, schneller als ich, als er sagte, er würde es ihr
jetzt zeigen, denn mit ihm würde so etwas keiner machen. Sein Ziel war es, sie
in den absoluten Ruin zu treiben. Eine Schlacht zu schlagen, die sie verliert
und mit Geld bezahlen soll – ihrer Achillesferse, dem einzigen, was sie bremsen
kann.
Doch
so gut, wie ich Daniela kenne, bin ich davon überzeugt, dass bis heute das
letzte Wort noch nicht gesprochen ist und sie irgendwann im Laufe der Zukunft,
selbst wenn Jahre vergehen, diese Sache wieder aufgreifen wird, wenn sie nicht
eines Tages reagiert.
Einem
Bekannten aus ihrer Glaubensgemeinschaft schreibt sie im fortgeschrittenen
„Maik-Stadium“ folgende Zeilen.
Lieber Jörn,
der gestrige Tag glich einem
einzigen Albtraum. Am Morgen bis zum frühen Mittag ging es mir ganz gut, aber
am Nachmittag kam dieser unbeschreibliche Druck wie eine Welle über mich.
Ich habe Maik etwa 70 Mal (!)
angerufen. Er hat aufgelegt oder geschimpft, den Hörer auf den Tisch gelegt und
auf "on" gelassen oder die Mailbox eingeschaltet. Das Ganze zog sich
über zwei Stunden!!! Ich war wie ferngesteuert. Ich bin so verzweifelt! Ich will
ihm das doch gar nicht antun ... ich heule mir über das, was ich ihm da
antue, fast die Augen aus! Er fängt an mich dafür zu hassen und ich verstehe
nichts mehr als das!
Heute Nacht habe ich eine SMS
von Eva bekommen. „Wenn du nicht aufhörst und Maik in Ruhe lässt, wird er böse.
Sehr böse! Ich sage, dir hör sofort auf damit, sonst ist bei uns beiden auch
Ende!“
Niemand glaubt mir, dass es
keine Absicht ist. Ich stehe kurz davor, mich selber anzuzeigen. Ich denke
ernsthaft darüber nach. Vielleicht schenkt mir meine Umwelt dann endlich Glauben, dass
ich hier keine Spiele spiele!
Dann bekomme ich vorgeworfen,
dass ich das ja wohl kaum mit meinem angeblichen Glauben vereinbaren könnte.
Das macht mich total fertig! Ich kann doch „weltlichen“ Menschen gar nichts entgegensetzen.
Und wenn ich sage, dann guckt doch selber mal in die Bibel und macht euch ein Bild
von dem, was Jesus zu mir sagt, klingt das wie eine Rechtfertigung dazu, mir
das Stalken zu erlauben. Damit würde ich Jesus in den Dreck ziehen! Ich kann
echt nicht mehr und ich verliere alles. Freunde und meine Glaubwürdigkeit.
Obwohl ich DIE
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