Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
Haus
gelungert. Doch im Verhältnis zu den anderen Nachstellungsmethoden gehen diese „Einsätze“
fast unter, wenngleich sie durch den direkten Kontakt sicher beängstigender waren.
Daniela
hat es immer wieder geschafft, dass ich mich ihr gegenüber in diesen
verhängnisvollen Wochen des Jahres 2007 schlecht, ja regelrecht mies fühle und
an meinen eigenen freundschaftlichen Fähigkeiten zweifele. Bei hellem Licht
betrachtet und aus einer gewissen Distanz besehen, glaube ich heute, dass
dieses Gefühl ebenfalls durch ihre Manipulationen ausgelöst worden ist.
Und
die Monate und Jahre, in denen ich den Kontakt zu ihr auf Eis gelegt habe,
waren reine Schutzmaßnahmen, um nicht in ihrem Sumpf unterzugehen. Einen
Vorwurf dahingehend kann ich mir nicht machen. Sicher hätte es einiges gegeben,
das anders hätte laufen können. Vielleicht hätte ich ihr energischer den Kopf
waschen sollen … oder sie geduldiger begleiten mit etwas größerem Abstand – all
das nicht zu nahe an mich herankommen lassen.
Doch
ich nehme an, weder das eine noch das andere hätte auf Dauer funktioniert.
Danielas vereinnahmendes Wesen lässt keine Halbherzigkeiten zu. Grobe
Verhaltensweisen mögen sie eine Weile den Kopf einziehen lassen, aber mit
Dauerhärte ist hier nichts zu wollen, sowenig wie mit offenen Armen. Übel nehme
ich ihr jedoch, dass sie mir wirklich Lebenszeit geraubt hat mit ihren
unzähligen und doch immer gleichen Problemen.
Im
Endeffekt kann ich mich ihrer Mutter nur anschließen: Was man auch tut und wie
man sich auch verhält, es ist über lange Strecken gesehen nie das Richtige für
Daniela, wenn es nicht ihren eigenen Interessen dient.
Die
Menschen, auf die sie über all die Jahre bis heute noch zurückgreifen kann und
die – plump gesagt – immer für sie da sind, haben meiner Einschätzung nach ein
ähnlich gravierendes Problem mit den Themen Einsamkeit, Selbstbewusstsein und
Alleinsein. Die Zahl derer, die sie Freunde nennen kann, ist in den letzten
Jahren rapide geschrumpft, und diejenigen, die für sie da sind, sind entweder
kraftlos und haben nicht minder resigniert oder kennen sie noch nicht gut
genug.
Auch
wenn es nicht relevant sein mag, aber die Meinungen, die ich aus dem Kreis der
Menschen fische, die Daniela kennen, kannten oder irgendwann mit ihr oder ihrer
Familie zu tun hatten – die all die großen und kleinen Probleme ihrer Ehe mit
Tim, ihrem Verhalten Nena und anderen Verwandten und Freunden gegenüber mitbekommen
haben, zwangsläufig – sind alles andere als gut. Sie sind in den meisten Fällen
sogar sehr schlecht und ich beobachte grimmige Gesichter, abwinkende Handbewegungen
und abfällige Bemerkungen oder ein mitleidiges Lachen.
Daniela
ist nicht nur, wie sie ist, sie macht auch kein Geheimnis daraus und redet sich
um Kopf und Kragen, indem sich nicht nur vor Gott, sondern auch der Welt
erklärt und rechtfertigt. All das, was sie mir hier und da unter dem Deckmantel
des Schweigens erzählt hat, all die Dinge, die sie vor sich herträgt und mit
denen sie sich nackig gemacht hat … die erzählt sie einfach jedem, der zuhört. Sie
trägt ihre Defizite wie eine Flagge herum, die jeder sehen kann. Sie ist stolz
darauf, dass sie so „offen“ damit umgeht, und enttäuscht darüber, dass es so
wenige wirklich interessiert. Sie kehrt das Verhalten ihrer Umwelt um in
Desinteresse und merkt dabei nicht, dass sie sich und ihr Leben zum Mittelpunkt
kreiert und sich dabei immer wieder selbst neu erfinden will, obwohl sie sich
keinen Millimeter von der Stelle rührt oder irgendwas ändert. Sie wirft uns
allen Nicht-Verstehen-Wollen vor und dass wir zu oberflächlich wären, um hinter
die Kulissen zu schauen. Doch sie versteht einfach nicht, dass es ihr Leben
ganz alleine ist, um das es sich dreht, und dass jeder andere ein ganz eigenes
hat, das ihn auch ausfüllt. Dass sie kein Recht dazu hat, anderen ihr Leben aufzudrängen
und eine derart intensive Auseinandersetzung zu verlangen.
Wir
alle, die wir sie im Laufe der Jahre fangen wollten und fallen ließen, haben
immer wieder versucht, ihr aus ihrer Welt herauszuhelfen, ihr Mut zu machen,
ihr zugehört, geraten und versucht, was möglich war, um für sie da zu sein.
Doch Daniela hat uns allesamt vergrault mit ihrer heimtückisch-charmanten
Unschuldsart, hat uns im Regen stehen gelassen mit einem Klumpen im Magen, der
uns Bauchschmerzen bereitet hat.
Dieses
Puzzle zu legen und später mit einigen Schritten Abstand zu betrachten ergibt
ein
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