Der Fall der Feste
Erkennt eine Gefahr, die in der Möglichkeit liegt, dass die eine Sphäre erwacht und beide sich verbinden sollten. Und es greift zu.
Auric schrie.
Ein spaltender Schmerz ging durch seinen Geist, durch sein ganzes Wesen.
Weißglühende Raserei.
Er brüllt auf, während ein scharfer Blitz ihn zerreißt.
Es ergreift, was es gefunden hat, die Verletzungen, die Kratzer und Risse und Schnitte und Spalten, das tief Eingegrabene, nie Verheilte, die geheimen, bloßgelegten Punkte, die Wunden, die ewig schon eitern und schwären, die nie verheilten Narben, das wuchernde, gärende Übel an der Wurzel seines Seins, die untergründige faulige Bitterkeit, die der Geschmack einer Dunkelheit ist, die feinen Risse im Fundament.
Und es reißt und zerrt. Kinphaidranauk reißt und zerrt.
Ein verschlingendes, zermalmendes Grauen. Ein furchtbares Schreien, das von einem zermetzelten Haufen Fleisch kommt, den er so oft in Nächten in seinen Armen gehalten hat.
Ein Gesicht, ein ganzer Schädel, der nur noch eine einzige geschwollene, verfärbte Masse ist. Ihr letzter Blick aus den zugeschwollenen Schlitzen, zu denen ihre Augen geworden sind. „Mein Sohn darf kein Schlächter werden.“
Ein dumpfer Aufprall und der Kopf war über den Boden gerollt, ein totes Ding, das man mit ähnlichen toten, kalten Dingen stapeln konnte. „Was glotzt du mich an? Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?“ Das bleiche, blinde Vieh in seinem Innern drängt in Krämpfen nach oben, platscht in einem milchigen Klumpen vor seine Füße, feist wie eine zerplatzte, weiße Qualle.
Ein dumpfer Aufprall und ein Klirren. Die Kette des Valkaersrings ist von dem Hals geglitten, und er beugt sich herab, nimmt den übergroßen Ring mit Daumen und Zeigefinger auf und hält ihn hoch vor sein Gesicht.
Ein Mond steht am Himmel wie ein bleiches, aufgequollenes Meeresgetier. Doch als er genauer hinsieht, ist es kein Mond sondern das bleiche Gesicht von Kinphaidranauk, das ihn anstarrt. Ihre kalten, exquisiten Lippen bewegten sich.
„Wie außergewöhnlich“, sagte sie, und die gletscherblauen Augen bohren sich in ihn.
„Ich finde also noch tatsächlich einen von eurer Art. Den letzten, wenn die Überlieferungen nicht lügen. Neben den Horden, die wir geschaffen haben, finde ich den letzten, den wir geschaffen haben, die Horden zu führen. Und noch dazu trägst du etwas Außergewöhnliches in dir. Das Geschenk eines gebrochenen Lichten. Silchaurengespinste.“
Sie blickte zur Seite, für einen Moment abgelenkt vom plötzlich hochbrechenden Lärm des Kampfes, der immer noch in der Halle tobte, dann wandte sich ihr Gesicht ihm wieder zu. Ihren Mundwinkel narbte ein Lächeln, das keine Spur von Humor barg.
„Du hast keine Ahnung wovon ich rede, nicht wahr?“, sagte sie. Ihr Idirisch hatte nur die Spur eines seltsamen, spröden Akzents, der ihre Worte nur noch gestochener, überprononcierter klingen ließ. Das Lächeln verschwand wie ausgelöscht.
„Und du wirst mir nicht dienen?“ Es war mehr Feststellung als Frage. Hätte er etwas antworten wollen, wäre ihm etwas in seinen leeren, tauben, zerschundenen Sinn gekommen, was er ihr hätte antworten wollen, er hätte es nicht gekonnt. Sein Geist war von einem silbernen Riss wie von einem Brandzeichen ausgebrannt. Seine Kehle fühlte sich schwer und gequollen an.
„Nein, so wie du bist, wirst du mir nicht dienen.“ Was sollte er auch antworten? Sie war mit dem Wesen, das sie gerufen hatte, in seinem Geist gewesen.
„Dann kommen wir jetzt also zum Ende.“
„Damals hast du keine Ahnung gehabt, wovon sie redete“, hörte er Darachel sagen. „Ist dir heute klar geworden, was Kinphaidranauk mit ihren Worten meinte?“
Er wollte der Wahrheit auf den Grund gehen, sagte Auric sich, das war der Grund gewesen, warum er das alles erzählte. Wenn dem so war, dann musste er sich dem hier irgendwann stellen. Suchte er nach der Wahrheit oder versuchte er ihr zu entkommen?
Warum also nicht gleich?
„Im Kern weiß ich es. Aber ich kenne nicht die Einzelheiten. Alles ist begraben unter Legenden und Erzählungen, den abergläubischen Überlieferungen meines Volkes. Nachdem sich, entgegen meiner Überzeugung, der Valkaersring als eine Realität herausgestellt hat, weiß ich nicht mehr, was an diesen Überlieferungen Wahrheit und was nur Hirngespinst ist.“
„Du weißt, dass es nicht nur einen Valkaersring braucht, sondern auch etwas, was dahinter steht, einen Träger. Eine ganz besondere Art von
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