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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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lädt sie ein. Sie kommt mit dem leicht federnden Schritt eines Gecken, geht beiläufig durch die Bewegung und den Schwung ihres Schwertes, als ginge es nur darum, das Prinzip der Bewegung für einen Schüler anzudeuten, kommt ganz wie es seine Warte nahe legt und einfordert.
    Er erkennt die Gefahr einer Gegenfinte, schwingt sein Schwert rotierend, so, wie es sich ihm eröffnet hat, als die Lehren Karan Niomander Theakandes mit dem Fechtspeer seinen Horizont für die Möglichkeiten der Führung einer langen Klinge erweiterten.
    Doch die Kinphaurin ist nicht da.
    Ihre Klinge trifft von hinten seinen Schulterschutz und durchdringt ihn. Sie gleitet wieder von hinten in sein Blickfeld und kommt in einer abwartenden Kampfhaltung neben ihn, die linke Hand am Griff des Schwertes, die Klinge lässig führend auf den erhobenen rechten Unterarm gelehnt. Sein rechter Arm hängt nutzlos herab. Gerade konnte er noch das Schwert von beidhändig zu linksführend wechseln. Er hat seine linke Seite trainiert. Gut, dass er seine linke Seite trainiert hat.
    Er geht sofort in ihre unverschämt lässige Kampfhaltung hinein. Ihre Klingen sirren übereinander. Sie kommen sich erschreckend nahe, dass ihr Atem ihn streift, und er nimmt einen Hauch von Zimt darin wahr. Er spürt, wie sein linker Oberarm gepackt wird, fühlt ihn herumgewuchtet. Er kracht mit dem Gesicht in den Boden, hält dabei krampfhaft den Schwertgriff umklammert. Will sich mit dem rechten, schlimmen Arm hochstemmen, da kommt ein Stiefel herab, und seine rechte Hand wird von Schmerz zermalmt. Er brüllt, rappelt sich dennoch auf die Knie hoch. Sie wehrt es ihm nicht, stellt er fest.
    Sie ist stattdessen sogar etwas zurück getreten.  
    „Ungeschliffenes Material“, hört er sie sagen. „Zwar ein echter Vai-Ki‘ir, aber …“
    Er geht auf sie los, ein weiterer Schlagabtausch, und am Ende geht sie heraus, während ihm etwas wie ein Hammerschlag knapp unterhalb des Auges aufs Wangenbein drischt. Ihr gepanzerter Ellbogen hat ihn dort bei ihrem Herausgleiten aus dem Gefechtsgang hart getroffen. Ihm ist, als wäre dort alles zermalmt, und er spürt schon, wie sein Auge zugeht. Die neue Form, die mit ihm eins geworden ist, trägt ihn zwar, doch er fühlt sich schwer und dumpf.
    „Denk in allen zwölf Weiten der Blüte. Du unterschätzt noch immer den flachen Sonnenschwung in der Hohen Drei,“ hört er Karan Niomander Theakande sagen. Dieses Schwert ist leichter als sein eigenes, altes, längst verlorenes. Eine Kinphaurenklinge. Sie lässt sich leichter führen als er das von seinem alten Schwert gewohnt ist. Sie hat in der Führung nicht die gleiche gespenstische Mühelosigkeit wie ein Fechtspeer, aber verglichen mit seinem alten Schwert …
    Jetzt kommt Kinphaidranauk heran, schwingt ihr Schwert, deutet die Finte an, hält auf seine Blöße. Doch sein Schwert ist da, lenkt ihren Schlag ab, rotiert in einen Abwärtsschwung, rotiert zu einem aufwärts führenden Bogen und trifft sie mit Macht da, wo Rüstungsteile eine verwundbare Stelle lassen.  
    Bei jedem anderen, doch nicht bei ihr. Sein Schwert trifft harte unnachgiebige Rüstung, und der Aufprall lässt fast seinen Arm ertauben.
    „Gut“, sagt sie, und ihr Gesicht zeigt erst Schmerz, dann Erstaunen. „Mit etwas Übung … Man soll nie einen Linkshänder unterschätzen. Linkshänder sind gefährlich.“  
    Er sieht sie fast nur noch mit dem einen Auge. Das andere zeigt ihm nur noch die Welt in einem eng geschlitzten Schmier. Es ist fast ganz zugequollen. Die Wange darunter ist nur noch eine schmerzende Masse. Es fühlt sich an, als wäre da nur ein Brei von Blut und gedunsenem Fleisch. In dem Handschuh über seiner rechten Hand hängt irgendetwas da, wo es nicht hängen sollte. Er ist froh, dass er ihn trägt. Darin schlenkert alles schlaff und schmerzend herab.  
    Da beißt ihn Stahl in die Seite. Und noch mal. Und noch ein Mal. Er grunzt und knurrt und geht in die Hocke und hält sich die Seite. Scheiße, wie kommt es, dass ihre Klinge so leicht, als wäre es nichts, seine Panzerung durchdringt. Er kann nicht mehr. Wo ist seine Kraft? Aus den tiefen Schnitten läuft mit dem Blut seine ganze Kraft, seine ganze Stärke aus ihm heraus. Ich muss weitermachen. Los, hoch, wo ist sie? Bevor sie dich ganz in Stücke haut. Mit einem Aufschrei und einem Stöhnen kommt er hoch. Unerwarteter Schmerz zerreißt ihn. Irgendetwas unter Sehnen und Muskeln scheint getroffen.
    Sie steht da und erwartet ihn in Kampfhaltung.
    Mit

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