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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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ein Vorschuss auf etwas, dem er sich gerecht erweisen musste; es war eine letzte Probe.
    Ein Kinphaure traf sein Schwert mit seinem Stahl. Er fing ihn auf, wuchtete ihn beiseite, wich dem Hieb eines zweiten aus. Ein furchtbarer Schlag traf seine Schulterpanzerung. Er wirbelte mit einem Rückhandhieb herum, trat nach einem weiteren Gegner aus, setzte nach und stach zu. Er war von einer Wand von Feinden bedrängt, sie wollten kein Ende nehmen. Er landete einen tödlichen Stich, eine zweite Klinge traf ihn, er hieb in ihre Richtung.
    Da geschah es.
    Der Valkaersring lag kalt auf seiner Brust und ließ einen Strom durch ihn fahren, vereinigte sich mit etwas in seinem Inneren. Er spürte, wie es ihn ganz erfüllte, von ihm Besitz nahm und ihn veränderte.
    Es erfüllte ihn bis in jede Zelle mit einem Licht, das ihn vibrieren, erbeben ließ. Sein alter Körper fiel weg, als sei er nur Schlacke. Er führte ihn mit sich, doch darüber war etwas Neues, etwas Vollkommeres, das Gefühl eines neuen Körpers, so wie er immer hätte sein sollen, ganz und eins. Die Schmerzen, die Erschöpfung waren darunter, im alten Körper, und auch die ließ er mit ihm hinter sich. Da war eine Gestalt, die er ausfüllte, ein Zweiter, ein Anderer, der mit ihm war, mit jeder Bewegung, jedem Hieb und Stoß, mit dem er jetzt in Übereinstimmung gekommen war, etwas jenseits der Idee von Individualität und Persönlichkeit, ein Gefäß aus Licht in Gestalt eines Menschen.
    Er fühlte die Macht dieser Vereinigung in sich aufsteigen wie eine Welle von Kraft und Wut, die ihn schier bersten lassen wollte. Er sah die wimmelnden Massen von Armen, Beinen, Gesichtern, die seine Feinde waren, die Stahl und Kettenwerk und Drachenhaut zu ihrem Schutz auf ihrem Körper trugen, und er führte sein Schwert in sie hinein. Er ließ die Wut aus sich herausbrechen in einem Gewitter prasselnder Schläge seines Stahls, die seine Feinde wegfegten, ihre Körper brachen und zerteilten. Die Schneide seines Schwertes erlöste ihre Gesichter von den Zügen von Hass und Wut und Entsetzen, indem sie ihnen ein neues Mienenspiel einschrieb, neue Münder schnitt, die den Tod mit weit klaffendem Lachen begrüßten. Ihre Schreie waren die Choräle seiner Liturgie, die Wunden, die sie ihm schlugen, erwiesen ihm ihre Ehrerbietung. Die Kraft, die er erfuhr, das Licht, strahlte in diese Wunden hinein und nahm sich ihrer an.
    Er warf sich in die Übermacht, kämpfte mit erneuerter Kraft, ungeachtet der vielen Dornen, die ihn stachen. Es war der einzige Weg für ihn, es war sein Ort, selbst wenn es der Ort seines Todes war. Ja, und er spürte tatsächlich, wie das Neue in ihm sich bereits dieser Dornenstiche annahm.
    Und in diesem Moment hörte er ein Geschrei, das den Lärm der anstürmenden Kinphauren durchbrach. Ein Schrei, der nur einem Wahn entspringen konnte.  
    „Schickt die verfickten, dreckigen Spitzohren in die Hölle! Die Sechzehnte ist der Alptraum ihrer Feinde!“  
    Du bist fast tot , sagte eine Stimme in ihm, eine Stimme, die er selber war, eine Stimme, die ganz nah bei seinem Ohr war und die ihn sein Leben lang begleitet hatte. Du tauchst in eine Welt von Wahnvorstellungen und Trugbildern ein , sagte sie. Erst der Valkaersring, dann dieser Schrei. So ist es zu sterben.  
    Die Stimme, die den Schrei ausgestoßen hatte, bohrte sich durch den Lärm der angreifenden Kinphauren, das Brüllen, das den Schrei aufgriff, übertönte ihn noch. War das Jag, der da geschrien hatte? Nein, erinnerte er sich, Jag war ja tot.
    Er spürte, wie eine Bewegung in die Masse der gegen ihn anstürmenden Kinphauren kam. Ihr Angriff wankte, sie wurden zurückgedrängt. Der Druck auf Auric ließ nach. Die Hiebe seines Schwertes bekamen neuen Raum und Kraft.
    Wer griff dort die Kinphauren an? Wer von seinen Leuten hatte überlebt?
    Eine kleine zerlumpte, blut- und dreckbefleckte Truppe brach aus dem Gang hervor, durch den Aurics Kampf mit dem Kyprophraigen getobt hatte, drang in einem eisern geschlossenen Keil hart in die verstreute Menge der Kinphauren ein. Wie eine Ramme brach die Formation in das Gemenge der Kinphauren, deren Netz sich zum Kern des Angriffs auf Auric zusammenballte, sich aber zu den Rändern hin zerfaserte. Sie pflügten die verdutzten Nichtmenschen fort, trieben, bevor diese wussten, wie ihnen geschah, eine blutige Bresche in ihre Randbereiche und stießen unerbittlich gegen den Kern ihrer Zusammenballung vor. Bekleidung und Waffen dieser Truppe waren ein wild

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