Der Fall des Lemming
depperten Bordcomputer, welche Farbe der Wagen vom Söhnlein hat. Und wenn der nicht silbern ist und der von seinem Vater auch nicht, dann erkundigen Sie sich nach den Autos vom Kropil, vom Steinhauser und vom Sedlak, falls die überhaupt welche haben. Und wenn Sie jetzt noch lange weiterplaudern wollen, dann kochen wir uns einen Kaffee und warten in aller Ruhe, bis der Neumann wirklich noch zum Killer wird!»
Huber hat noch immer nichts begriffen. Trotzdem fügt er sich jetzt und hastet mit konsterniertem Kopfschütteln auf die Straße hinaus.
«Aber … warum?», fragt Klara Breitner.
Der Lemming antwortet nicht sofort. Er dreht Krotznigs Handy hin und her, knetet und quetscht, drückt nervös auf den Tasten herum.
«Freigabe … Freigabe … Kennst du dich … Kennen Sie sich aus mit dem Dreckszeug?»
«Gib her …»
«Der Mörder», sagt der Lemming, «hat dem David Neumann den Fußweg zu der Wiese beschrieben und dem Grinzinger ganz sicher auch. Er hat erwartet, dass die beiden vom Gipfel her anmarschieren, durch den Wald. Auf die Art hat er selbst freie Bahn gehabt. Er muss von unten gekommen sein, ist von Klosterneuburg aus den Berg hinaufgefahren und auf dem gleichen Weg wieder verschwunden. Der Grinzinger ist seinen Anweisungen brav gefolgt, mit mir im Schlepptau. Aber Ihr Bruder und der Neumann nicht. Damit konnte er nicht rechnen …»
«Dieser Beinahe-Unfall …», stößt Klara Breitner hervor, «natürlich! Der Max hat gesagt … Wie hat er den Wagen noch genannt?»
«Silbernes Protzmobil.»
«Jetzt geht’s …» Klara reicht dem Lemming das Handy.
«Aber wieso … der Söhnlein?», fragt sie dann.
«Er kann sich’s leisten. So ein Protzmobil, meine ich. Hat von seinem alten Mercedes erzählt, den man ihm versaut hat. Außerdem ist er mit dem Pribil in Kontakt gestanden, würstelmäßig. Sein Hotel hat das Fleisch da eingekauft …» Unbeholfen wählt der Lemming eine Nummer auf Krotznigs Handy.
«Seltsam … Der Max hat mich drauf gebracht … Sein Räuber-und-Gendarm-Zettel … Banzai! Das hat mich an die Bonsais vom Söhnlein erinnert …»
«Sie haben Recht, Wallisch!» Huber steht am Gartentor und winkt.
«BMW, Baujahr neunundneunzig, silber métallisé!»
«Bingo … Lassen S’ den Wagen an, Herr Inspek … Hallo? Hallo?»
Durch das Knistern und Knacken im Hörer lässt sich eine Frauenstimme vernehmen.
«Hallo … Hotel Kaiser, was kann ich für Sie tun?»
«Herrn Söhnlein, bitte. Junior! Es ist äußerst dringend!»
«Tut mir Leid, der Herr Direktor ist außer Haus. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?»
«Nein … ja … hat heute schon jemand nach ihm gefragt?» «Ich bin leider nicht befugt, Ihnen …»
«Ihre Befugnisse interessieren mich einen …»
Gerade noch kriegt sich der Lemming in den Griff. Schließt die Augen. Denkt nach. Spricht weiter.
«Passen Sie auf, junge Dame. Ich befuge Sie hiermit. Hauptkommissar Adolf Krotznig, Morddezernat Wien. Wollen Sie jetzt so freundlich sein?»
«Ja, ich weiß nicht … Die beiden Herren vorhin waren auch von der Polizei … obwohl …»
«Wer? Wann?»
«Ein Herr mit rotem Vollbart und …»
«Wo sind sie hin? Rasch, Fräulein, sagen Sie schon!»
«Ich … ich habe ihnen die Mobilnummer vom Herrn Direktor …»
»Wie lautet sie?»
«Aber … ich …»
«Jetzt sperren Sie einmal Ihre Ohren auf: Sie haben Ihren Chef gerade zwei gesuchten Entführern und Raubmördern ausgeliefert. Gnade Ihnen Gott, wenn ich nicht noch das Schlimmste verhindern kann! Ich lasse Sie in der Zelle schmoren, bis …»
Schon hat er Albert Söhnleins Nummer.
Er tippt sie hastig in die Tasten. Wartet mit angehaltenem Atem. Der Vogelgesang ist verstummt. Die Luft steht still. Der Lemming wartet. Lauscht in den Hörer. Freizeichen.
«Komm schon …», flüstert der Lemming.
«Ja. Wer spricht?»
Dem Himmel sei Dank. Es ist noch nicht zu spät.
«Hallo! Wer spricht? Sind Sie es wieder?»
Söhnleins Stimme klingt nervös. Im Hintergrund ertönt gedämpftes Hupen und Motorenbrummen.
«Ja», sagt der Lemming, «ich.»
«Hören Sie, ich weiß nicht, wer Sie sind, aber … ich bin Ihnen sehr dankbar, weil … das gute Stück hat großen Wert für mich … ideellen Wert, wenn Sie verstehen … Also … um zehn am Riesenrad. Wir können dann reden … über den Finderlohn … Und vergessen Sie die … das Erbstück nicht!»
«Lassen Sie sich Zeit, Herr Söhnlein. Sagen wir …»
Ein kurzer Blick
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