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Der Fall des Lemming

Der Fall des Lemming

Titel: Der Fall des Lemming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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Huber.
    «Nichts weiter. Drei Zähne, das Nasenbein. Nichts, was einen harten Bullen umbringen kann, oder, Herr Kommissar?»
    «Gruppeninspektor», sagt Huber kleinlaut.
    «Der linke Hoden hat ihm ja wohl schon vorher gefehlt …» Der Lemming horcht auf.
    «Was? Du hast ihn da unten …»
    «Wenn ihr die Rettung schon aus dem Spiel lassen wollt, muss wenigstens ich meinen Job ordentlich machen. Woher soll ich denn wissen, was ihr noch alles mit dem Kerl angestellt habt? Und wenn Sie glauben, das hat mir Spaß gemacht, Herr Wallisch, dann …»
    Die blaue Ader auf Klaras Stirn. Sie stört den Lemming nicht. Was ihm einen Stich versetzt, ist das förmliche Sie, mit dem sie ihn anspricht.
    «Er ist jetzt ruhig gestellt, für die nächsten Stunden jedenfalls. Nach Ihnen, meine Herren … ich möchte hier raus …»
    Sie wartet, bis Huber und der Lemming das Behandlungszimmer verlassen haben, löscht das Licht und macht noch einmal kehrt. Sie tritt an den Operationstisch, auf dem Krotznig liegt, festgeschnallt wie Frankensteins Monster. Beugt sich über ihn. Spuckt. Dann schließt sie die Tür hinter sich.
    Eine knappe Stunde ist seit den Geschehnissen in Klara Breitners Schlafzimmer vergangen, eine knappe Stunde, in der sich so manches geklärt hat. Nachdem er mit Weinen fertig war, hat sich Huber aus der Umarmung des Lemming gelöst und mit gebrochener Stimme zu ihm gesagt: «Sie sind verhaftet … so Leid es mir tut … Und die Frau Breitner muss ich auch …» Danach hat er einen Blick auf den ohnmächtigen Krotznig geworfen. «Ihn eigentlich auch», hat er gemurmelt. Und schließlich, mit einer Geste äußerster Hilflosigkeit: «Mich selbst … vor allem mich selbst … Haben Sie Kopfwehtabletten im Haus?»
    Und dann ist Klara aus dem Bad zurückgekommen, bleich, stolz und zugeknöpft, und hat ihm welche aus ihrem Nachtkästchen gegeben.
    «Wann kommt die Rettung?», hat sie gefragt.
    «Ich … wir … haben noch nicht angerufen …»
    Mit versteinerter Miene ist Klara zum Telefon gegangen, um die Notrufnummer zu wählen. Aber Huber hat sie davon abgehalten.
    «Frau Breitner … könnten nicht … könnten nicht Sie ihn verarzten? Das wäre im Moment … für uns alle das Beste …»
    «Er hat Recht, Klara. Denk an Castro … Die würden ihn sofort …»
    Das war überzeugend. Hunde werden schon für weit geringere Vergehen liquidiert als für das Zerfleischen eines Kriminalinspektors. Bei Tieren ist man nicht so zimperlich mit der Todesstrafe und der Sterbehilfe.
    Also haben die beiden Männer Krotznig in die Ordination geschafft. Erst danach hat Huber zu berichten begonnen, stockend zunächst, dann hastig und atemlos: Gestern Abend sei er auf einen Brief gestoßen, und zwar in einem der Kartons mit Grinzingers sichergestellten Privatunterlagen. Poststempel: Triest, Absender: Janni Diodato, Unterschrift: David Neumann. Ein Brief, in dem Grinzinger zu seinem Tête-à-Tête mit dem Tod bestellt wurde. Krotznig habe ja schon vorher den Verdacht gehabt, dass Neumann noch am Leben sei; nun war der Beweis dafür gefunden. Und zugleich der Doppelmörder – in dieser Hinsicht habe zwischen ihm und Krotznig seltene Einigkeit geherrscht.
    «Der Fall ist also geklärt», hat Huber gemeint. «Heute Morgen habe ich in Triest angerufen und mit Neumanns Frau gesprochen. Sie schien ziemlich besorgt zu sein, und als ich ihr sagte, dass ich … na ja, dass ich ein alter Freund von Janni bin und ihm helfen möchte, da hat sie mir eine Telefonnummer verraten … eine Wiener Nummer, die er ihr für den Notfall gegeben hat … Klara Breitner, Roterdstraße fünf. Tja … ihr Bruder Max ist hier nicht als wohnhaft gemeldet, sonst wären wir schon früher aufgetaucht …»
    Hier hat Huber innegehalten, hat sich nachdenklich geräuspert, bevor er mit seinem Bericht fortgefahren ist. «Wir haben uns gleich auf den Weg gemacht, der Krotznig und ich. Er war schon vorher … also … Es ist noch etwas vorgefallen letzte Nacht, aber das hat jetzt nichts … egal. Die Tür war offen … Wir sind hinein, haben uns im Erdgeschoss umgesehen und haben sofort das Campingbett in der Ordination entdeckt. Frisch benutzt, aber leer. Daneben ein Seesack, Kleider und ein italienischer Reisepass … Diodato … Eines muss Ihnen klar sein, Wallisch, nämlich dass die Frau Breitner und Sie, also dass Sie sich beide mitschuldig machen … Beihilfe nennt man das …»
    «Mitschuldig kann man nur mit einem Schuldigen

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