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Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
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Juliette im Theater verabredet und wollte anschließend mit ihr den Opernball besuchen. So war für ein Alibi gesorgt.
    Zwar beunruhigte ihn dann nach der Tat der Verlust seines Mantels; doch beschwichtigte er sich bald selbst mit der Überlegung, daß es unmöglich sei, ihn als den Besitzer eines solch unscheinbaren Kleidungsstücks zu ermitteln. Er brauchte sich nur in Geduld zu fassen und die weitere Entwicklung abzuwarten.
    Doch Madame Gerdys Verdacht, nachdem sie in der Zeitung über den Mord gelesen hatte, brachte seine Pläne durcheinander. In furchtbarer Erregung sagte sie ihm auf den Kopf zu, er sei der Mörder und sie wolle ihn anzeigen. Nur die tiefe Bewußtlosigkeit, in die sie fiel, hinderte sie daran, ihren Vorsatz in die Tat umzusetzen.
    Jetzt, in seiner Angst, verließ ihn die Selbstbeherrschung. Er setzte alles auf eine Karte, indem er die Polizei auf Alberts Spur brachte. Er wußte von Vater Tabarets Zusammenarbeit mit den Männern in der Rue de Jerusalem, und er nutzte dessen Besuch bei ihm dazu aus, den Stein ins Rollen zu bringen.
    Solange Madame Gerdy noch lebte, mußte er zwar noch Entdeckung befürchten, da nicht feststand, ob sie nicht doch noch einmal zu klarem Bewußtsein kommen und ihn dann als den Mörder bezeichnen würde; aber als sie dann gestorben war, glaubte er sich außer aller Gefahr.
    Er hatte gewonnen! Er war der Sohn des Grafen und der Erbe seines unermeßlichen Vermögens!
    Und jetzt war er auf der Flucht. Wie hatte es dazu kommen können, daß sein Geheimnis gelüftet worden war, das Geheimnis, das Madame Gerdy doch mit ins Grab genommen haben mußte?
    Die Kutsche hielt in der Rue de Provence.
    Vorsichtig ließ Noël vom Fenster aus seinen Blick über die Straße und die Häuser streifen. Nichts Verdächtiges fiel ihm auf.
    Er bezahlte den Kutscher, legte den Weg zur Haustür in einigen großen Sätzen zurück und rannte die Treppe hinauf.
    Die Zofe war sehr erleichtert, als sie ihn sah. »Gott sei Dank, daß Sie da sind! Madame erwartet Sie schon. Sie ist sehr besorgt um Sie.«
    Juliette war in Sorge? Was konnte das bedeuten? Umständliche Überlegungen waren jetzt nicht am Platz. Es ging um jede Sekunde.
    Â»Lassen Sie niemanden ein«, befahl er, »ganz gleich, wer es ist. Niemanden, verstehen Sie?«
    Juliette, die seine Stimme erkannt hatte und herbeieilte, stieß er in den Salon zurück. Er schloß die Tür hinter sich ab. Sein Blick irrte von einer Ecke des Zimmers in die andere.
    Â»Was ist mit dir?« fragte Juliette verängstigt.
    Â»Liebst du mich?« fragte er heiser und ergriff ihre Hand. »Juliette, sag mir die Wahrheit.«
    Obwohl sie spürte, daß etwas Furchtbares geschehen sein mußte, spielte sie ihre übliche Rolle, als könne sie dadurch das Unheil bannen.
    Â»Ach, du kleiner Schuft«, antwortete sie mit Schmollmund, »eigentlich verdienst du nicht ...«
    Â»Schluß mit der Komödie!« Noël stampfte mit dem Fuß auf. »Ich will Antwort!« Er hielt ihre Hand mit eisernem Griff. »Liebst du mich?«
    War das noch der Noël. mit dessen Gefühlen sie so oft gespielt hatte, voller Lust daran, seine Erregung und seine Unsicherheit immer mehr zu steigern, nur um den Genuß zu haben, ihn mit einem einzigen Wort wieder zu besänftigen? Es kam ihr so vor, als habe sie diesen Mann noch nie gesehen. Sie wußte, daß sie ihm in der Vergangenheit viel Unrecht angetan hatte, und so wagte sie es nicht, sich gegen ihn aufzulehnen.
    Â»Ich liebe dich«, sagte sie fast schüchtern.
    Er ließ ihre Hand los.
    Â»Dann beweis es mir«, sagte er. »Gib alles auf, folge mir. Sofort. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Â»Was ist geschehen?« fragte Juliette entsetzt.
    Â»Nur eine Kleinigkeit ist geschehen. Ich habe dich zu sehr geliebt, Juliette. Und dann hatte ich kein Geld mehr, um deine Ansprüche zu befriedigen. Das hat mich verrückt gemacht. Um Geld für dich zu beschaffen, habe ich ein Verbrechen begangen. Ja, sieh mich nicht so entsetzt an! Jetzt sind sie hinter mir her. Ich muß ins Ausland. Kommst du mit?«
    Â»Ein Verbrechen? Du?« stammelte Juliette mit weit aufgerissenen Augen.
    Â»Ja, ein Verbrechen. Einen Mord, wenn du’s ganz genau wissen willst. Aber ich habe ihn für dich begangen.«
    Juliette stand noch eine Weile unbeweglich da. Kein Wort kam über ihre Lippen, kein

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