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Der Fall von Katara

Der Fall von Katara

Titel: Der Fall von Katara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo L. Wuldt
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aufteilte und an überschaubaren Plätzen diskret Stellung bezog.
    „Fahren Sie auch nach Negidu?“, fragte Frau Alonis die Frauen, die in bunte Gewänder gehüllt waren und aus dem Malakka-Gebirge stammen mussten.
    „Nur ich fahre nach Negidu. Die anderen sind meine Freundinnen und verabschieden mich“, antwortete eine Frau aus der Gruppe.
    „Gut!“, sagte Frau Alonis und machte eine kurze Pause. Die anderen schauten sie etwas misstrauisch an.
    „Ich meinte, das ist gut so, weil der Bus meistens überfüllt ist und ab Kakargo keine Sitzplätze mehr vorhanden sind. Meine verflixten Bandscheiben bringen mich noch eines Tages um. Naja, vielleicht finde ich noch einen freien Platz“, fügte Frau Alonis hinzu.
    „Haben sie nicht reserviert?“
    „Nein, das ging alles ziemlich kurzfristig. Ich bin sehr spontan.“
    „Viel Glück!“, wünschten die Frauen höflich.
    „Danke, das kann ich jetzt gebrauchen“, sagte sie und drehte sich um. Bei diesen Leuten schöpfte sie auf jeden Fall keinen Verdacht. Sie betrachtete weiter die Umgebung und konnte nur die oberflächliche Normalität einer verpennten Kleinstadt ausmachen. Vereinsamte Zeitungskioske, zerstreute Passanten und lüsterne Blicke von Bahnhofsvoyeuren rundeten das Bild gänzlich ab. Frau Alonis steckte sich eine Gesundheitszigarette an, obwohl sie wusste, dass der Bus gleich kommen musste. Der Geschmack von Heideröschen, Gebirgspassnelken und Bananensirup verbreitete sich in ihrem Gehirn, während etliche Vitamine in Form von Rauch über ihre Lungenflügel aufgenommen wurden. Sie hatte heute wenig gegessen und fühlte sich etwas schwach auf den Beinen, doch nach ein paar tiefen Inhalationen fühlte sie sich wieder satt und gestärkt. Ein kleiner, buckliger Mann trottete mit einem Bauchladen voller Glückskekse über den Bahnsteig. Sie winkte ihn zu sich her, während sie aus ihrer Tasche einen Ein-Euro-Schein herausfummelte.
    „Feine Glückskekse die Dame haben will?“, krächzte er aufdringlich.
    „Geben Sie mir bitte eine Packung!“, antwortete sie ihm. Er gab ihr eine Tüte mit Glückskeksen, nahm das Geld entgegen und zog wieder weiter. Frau Alonis setzte sich auf eine Bank und steckte sich die brennende Gesundheitszigarette in den Mund. Sie versuchte, die Tüte zu öffnen, schaffte es aber nicht, den Knoten zu lösen. Der Rauch stieg in ihre Augen, während sie sich abmühte, an den Inhalt des Säckchens heranzukommen.
    Nachdem sie es endlich geschafft hatte, nahm sie sich einen Glückskeks heraus, legte die Tüte auf die Bank und zerbrach den Keks in ihrer Hand. Ein kleiner Zettel lugte aus den bröseligen Krümeln hervor. Sie nahm ihn und warf den Rest auf den Boden. Sie wischte sich die Hand an ihrer Hose sauber, während sie in die Ferne blickte. Es musste nur noch eine Frage von Sekunden sein, dass der Bus endlich eintraf. Sie faltete den Zettel auf und las den Text. „Glück ist, wenn du glaubst, dass gestern heute ist. Dann hast du einen Tag im Leben dazu gewonnen“, sprach sie leise vor sich hin, stand auf, zerknüllte den Zettel und warf ihn zu Boden. Plötzlich war eine Durchsage zu hören:
    „Der Hochgeschwindigkeitsreisebus aus Negidu trifft gleich auf Bahnsteig Nummer Eins ein!!! Bitte Vorsicht auf Bahnsteig Nummer Eins!!!“
    Sie wurde etwas nervös und schaute hektisch um sich. Ein paar Zetteltauben flogen gierig heran. Sie waren nahe Verwandten der Gehörsturztauben, die sich pfeilschnell auf ihre Beute stürzten, und waren auch entfernte Verwandten der Pakettauben, die damals von Terra-Eins mitgebracht worden waren. Frau Alonis sah, dass die Tauben sich um den Zettel stritten, den sie vorhin weggeworfen hatte, wobei aber die Keksbrösel links liegen gelassen wurden. Auf einmal vernahm sie ein summendes Alarmsignal, bevor der Bus am Horizont erschien. Sie sah die Front eines großen Vehikels näherkommen und suchte eine geeignete Stelle am Bahnsteig, wo sie einen guten Überblick hatte.
    Der Bus fuhr in die düstere Halle ein, während seine Bremsen einen schrillen Ton von sich gaben. Er stoppte in der Mitte der Parkbucht, die für ihn vorgesehen war. Die Scheiben des Busses waren verdunkelt, sodass man wenig erkennen konnte. Die vordere Tür öffnete sich, während die Hintertür geschlossen blieb. Acht Leute stiegen schwankend aus. Obwohl sie klein und wohlgenährt waren, scannte Frau Alonis mit ihrer TSB die Augen der aussteigenden Personen und schickte diese Bilder an die Zentrale der Denkfabrik. Sofort bekam sie eine

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