Der Fall von Katara
Zardosch hier gewesen sein mussten. Keine Menschenseele sonst wagte sich in das finstere Reich von Ur-Gnomopolis. Es war ein unheimlicher Ort voller Ecken und Kanten.
Der Weg wurde nun etwas enger. Sie war sich sicher, dass am Ende der Höhle das Felsentor sein musste, obwohl es vom Supra-System nicht angezeigt wurde. Deshalb war es wahrscheinlich auch geheim. Es war der reinste Irrgarten im Zensurviertel. Doch sie ließ sich nicht verwirren. Sie kannte jedes Geheimnis von Poligäa, jeden verborgenen Winkel und jedes noch so kleine Rattenloch, weil sie die Großmeisterin des Ordens für Datenverarbeitung war und somit alles wusste, was sich im Universum abspielte. Sie war die personifizierte Sackgasse aller Datenströme. Man konnte sie auch als Festplatte-auf-zwei-Beinen oder als Datenschluckerin beschimpfen, aber man tat es nur hinter vorgehaltener Hand. Wer sich mit der Schwarzen Dame anlegte, musste schließlich mit lebenslanger Verfolgung rechnen.
Frau Alonis flog sachte um die vorletzte Kurve des Viva-Wutze-Weges und war jetzt besonders umsichtig, nicht dass sie wieder in einen Hinterhalt geriet. Sie bremste herunter, landete sanft auf dem Boden und klappte ihre Flügel ein. Sie nahm die Arme aus der Halterung, damit sie wieder frei beweglich waren. Dann ging sie ein paar Schritte und musterte jeden Stein. Hinter der letzten Kurve scharrte sie mit ihren Flügeln so dicht an der Wand entlang, wie es nur möglich war. Sie wagte einen kurzen Blick über die Kante eines Vorsprunges, weil sie ihren Mini-Späherdrohnen nicht traute. Sie sah, dass am Ende einer Höhle eine Vorrichtung eines Felsentores angebracht war.
Nun wusste sie, dass ihr Gespür sie nicht verlassen hatte. Sie hatte also den geheimen Ausgang gefunden. Sofort aktivierte sie fünf weitere kleine Flugdrohnen, die am Helm angebracht waren. Surrend schwirrten diese zum Felsentor und untersuchten jeden Winkel dieser rundlichen Höhlenkuppel. Da sie aber keine Infrarottechnik eingebaut hatten, konnten sie die Bombe, die sich getarnt in der Ecke verbarg, nicht entdecken. Frau Alonis wagte sich weiter vor und ging langsamen Schrittes in die Sackgasse hinein, wobei sie mit ihrer Kopfkamera jeden Winkel genau auf Sprengstoffspuren und Wärmequellen absuchte.
Als sie den Mechanismus des Felsentores betrachtete, stellte sie fest, dass er sich vor nicht allzu langer Zeit bewegt haben musste, da er noch eine leichte Wärme an die Umgebung abgab. Erek und Zardosch mussten folglich hier gewesen sein und diesen Ausgang benutzt haben, dachte sie sich. Kurz bevor die Schwarze Dame den Eingang der Höhlenkuppel erreicht hatte, blieb sie nochmal stehen, weil sie mit ihrer Infrarotkamera plötzlich eine sehr auffällige Wärmequelle in der Ecke wahrnahm. Die Umrisse waren nicht größer als ein Fußball. Die Statusanzeige gab sofort Alarm. „Scheiße!“, schrie Frau Alonis und rannte die Sackgasse zurück.
Die LSD-Cluster-Bombe hatte das Ziel aber schon erkannt und löste sich augenblicklich mit einem lauten Knall aus. Der Deckel klappte auf und gab zehn LSD-Clusterdrohnen frei, die in die Mitte des Raumes flogen und danach in alle Richtungen sausten, um sich auf jede Wärmequelle und auf jedes bewegte Ziel zu stürzen, das sie fanden. Frau Alonis rannte den Viva-Wutze-Weg zurück und versuchte währenddessen, mit ihren Armen wieder in die Halterung der Flügel hineinzuschlüpfen. Die Jägerin wurde plötzlich zur Gejagten. Es handelte sich zwar um alte, schlecht funktionierende LSD-Clusterdrohnen, die hinter ihr her waren, aber es waren viele. Zwei Drohnen zerstörten sich selbst, zwei andere knallten auf den Felsenmechanismus und eine weitere Drohne hatte eine Filzmaus entdeckt. Sie flog auf sie zu und zerplatzte vor ihr, sodass die Maus eine hohe Konzentration an LSD abbekam. Es hätte auch gut für zehntausend Mäuse gereicht. Sie piepste und quietschte um ihr Leben. Doch nach ein paar Sekunden hatte sie sich wieder beruhigt, kroch in ihr Loch und schlief ihren Rausch eine Woche lang aus.
So blieben noch fünf Drohnen übrig, die hartnäckig die Verfolgung aufnahmen. Frau Alonis hatte es endlich geschafft, in die Flügel zu schlüpfen und Gas zu geben. Sie düste wie ein Wirbelwind durch den Gang den Weg zurück, aber kam nicht weit. Nach der ersten Kurve, als sie die Geschwindigkeit zurücknehmen musste, war es schon passiert. Die leichten LSD-Drohnen waren schneller als sie und holten sie ein. Vier von ihnen zischten in je eine Antriebsdüse und
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