Der Fall von Thormain
da war auch Argur. Er wollte den Tumult zur Flucht nützen, aber da sprang Sadagar mit einem mächtigen Satz zu ihm, packte ihn von hinten und legte ihm die Schwertklinge an die Kehle. »Gebt auf, oder euer König der Meere ist um einen Kopf kürzer!« rief Sadagar über den Kampflärm.
»Haltet ein, Männer!« sagte Argur von Solth mit kläglicher Stimme. »Zieht euch zurück, bevor mich diese Kerle meucheln.«
Die Piraten zögerten, aber als sie sahen, dass ihr sogenannter König bei Sadagar in sicherem Gewahrsam war, trotteten sie davon. Zwei von ihnen standen nicht mehr auf. Nottr und O'Marn waren unverletzt. Der Ritter gab Sadagar ein Zeichen, Argur loszulassen, und sagte dann zu diesem: »Du wirst uns durch den Geheimgang ins Freie führen. Dafür schenken wir dir das Leben.«
»Das ist nicht nötig«, sagte Argur. »Ich wollte euch gerade freilassen und dafür bei den Caer um freies Geleit bitten.«
»Das wäre ein schlechter Handel für uns«, meinte O'Marn kühl. »Du solltest endlich begreifen, dass wir wirklich keine Spione der Caer sind. Wir haben nichts mit ihnen zu schaffen.«
»Aber.«, begann Argur, der offenbar nicht verstand, warum ein caerischer Ritter nichts mehr von seinem Volk wissen wollte.
»Der Geheimgang!« erinnerte O'Marn.
»Es gibt nur einen Fluchtweg«, sagte Argur kleinlaut. »Aber diesen wählt niemand, denn er führt geradewegs in die Unterwelt.«
»Dann sind wir richtig«, sagte der Ritter, ohne zu zögern. »Führe uns hin!«
»Ohne mich«, sagte da Nottr, und als der Ritter ihn erstaunt ansah, fügte er hinzu: »Ich gehe nicht ohne Kalathee und Mythor.« Er wandte sich Argur zu und fragte: »Wo sind sie?«
Der König der Meere beleckte sich die Lippen und sagte: »Das Mädchen befindet sich in meinem Schlafgemach, aber sein Milchbruder wurde in die Unterwelt gebracht. Und zwar lebend, das schwöre ich. Ihm wurde kein Haar gekrümmt.«
»Wenn das wahr ist, brauchen wir uns um Mythor keine Sorgen zu machen«, sagte Sadagar zuversichtlich. »Er wird sich schon durchschlagen und früher oder später zu unserem Waffenversteck kommen. Nur Kalathee.«
»Nottr!« gellte da eine verzweifelte Stimme durch den Gang.
»Kalathee!« entfuhr es dem Lorvaner, und er wollte davonstürmen. Aber er prallte dabei gegen O'Marn, der sich ihm in den Weg stellte.
»Ruhig Blut«, sagte der Ritter. »Wir werden Kalathee im Austausch gegen den Piratenführer bekommen. Ist es nicht so, Argur?«
»Gewiss«, versicherte Argur. »Meine Leute werden bestimmt darauf eingehen.«
Am anderen Ende des Ganges tauchte eine Schar Piraten auf. Der vorderste hielt Kalathee an den Haaren und hatte ihr die Spitze eines Dolches ans Herz gesetzt.
»Tut dem Mädchen nichts!« rief Argur seinen Leuten zu.
Die beiden Gruppen kamen einander langsam näher. O'Marn blieb stehen, als sie zu einem Seitengang kamen. Er schob Argur wie einen lebenden Schild vor sich her.
»Deine Vorsicht ist unbegründet«, sagte der König der Meere. »Aus diesem Gang führt eine Treppe zum Zugang in die Unterwelt. Dort lauert euch bestimmt niemand auf.«
O'Marn nickte zufrieden. Er hatte keinen Grund, Argurs Worte zu bezweifeln.
»Sage jetzt deinen Leuten, dass sie Kalathee schicken sollen«, verlangte der Ritter. »Erst wenn sie sich auf halbem Weg befindet, lasse ich dich frei.«
»Männer, lasst das Mädchen los!« rief Argur mit belegter Stimme. »Macht keine Dummheit, sonst bin ich verloren.«
Kalathee wurde losgelassen und kam zögernd näher.
»Lauf, Kalathee!« rief O'Marn, gleichzeitig gab er Argur einen Stoß, dass er nach vorne taumelte.
Kalathee erfasste die Situation sofort und lief Nottr in die Arme, der sie auffing und sofort in den Seitengang schob. Gleich darauf durchschnitten einige Wurfgeschosse pfeifend die Luft.
Während sie durch den Seitengang zu einer in die Tiefe führenden Treppe rannten, hörten sie hinter sich Argur zu seinen Piraten sagen: »Lasst sie ruhig ins Verderben laufen. Die Schrecklichen aus der Unterstadt werden uns die Arbeit abnehmen.«
»Vielleicht wäre es klüger, auch diesen Weg zu nehmen«, sagte daraufhin einer der Piraten. »Die Caer werden bald vor dem Nest stehen.« Die Stimmen hinter ihnen verstummten, als sie einen Treppenabsatz erreichten, der von einer Fackel erhellt wurde. Dahinter verlor sich die Treppe im Dunkeln.
Sadagar nahm die Fackel an sich, um damit den Weg zu beleuchten. Dabei dachte er an die namenlosen Schrecken der Stadt unter der Stadt und fragte sich, was
Weitere Kostenlose Bücher